Amerika hat gewählt, Donald Trump wird erneut Präsident. Was das für Klima, Umwelt und den – mit hohen Subventionen unterstützten – grünen Umbau der amerikanischen Wirtschaft bedeutet, ist bisher kaum absehbar. Im hochemotionalen Wahlkampf spielten Themen wie diese kaum eine Rolle. Wer sich, wie das Umweltmagazin “Atmo”, einen Überblick über einzelne Positionen verschaffen wollte, musste Aussagen oft mühsam zusammentragen. Die “New York Times” erwartet einen konsequenten Abbau von Regulierungen, insbesondere beim Klimaschutz. Da hilft wohl nur eine Weisheit des Schriftstellers Alfred Polgar: „Die Zukunft kommt in Raten, das ist das Erträgliche an ihr.“
Kurzfristig etwas tun könnte sich hingegen auf einem konkreten, für internationale Marken hochrelevanten Feld.
Grüne Produktwerbung auch in den USA reguliert
Die Rede ist von den „Green Guides“, einem verbindlichen Leitfaden für die amerikanische Werbewirtschaft, mit dem Ziel Greenwashing zu verhindern. Ähnlich wie die Europäische Kommission mit der Green Claims Richtlinie, legt die zuständige Federal Trade Commission (FTC) damit fest, welche Aussagen zur Umweltverträglichkeit von Produkten zulässig sind und welche nicht (eine Zusammenfassung der gegenwärtigen Richtlinien hier, das ausführliche Regelwerk unter diesem Link).
Eine Aktualisierung der Regelungen gilt als überfällig, denn das letzte Update stammt von 2012. Das sah wohl auch die Behörde so und wollte dieses Jahr neue Guidelines veröffentlichen, nachdem die Frist zur öffentlichen Stellungnahme schon im April 2023 ausgelaufen war. Die New Yorker Beratungsfirma Third Partners hat aufgeschrieben, in welche Richtung es gehen könnte. Aber Genaueres weiß man nicht, wie stets, wenn es um die Zukunft geht. Ob die FTC davor zurückscheuen wird, das neue Regelwerk noch vor der Amtseinführung Trumps zu veröffentlichen? Oder kommt es gerade wegen des Präsidentenwechsels jetzt ganz schnell?
Ressourcen sparen bei der Produktentwicklung
Wären Prognosen doch so einfach wie bei Fruchtgummi. Ja, Sie haben richtig gelesen. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV entwickelt derzeit ein „Vorhersagemodell für Verbraucherakzeptanz auf Basis analytischer Daten“. Als „Modelllebensmittel“ wählten die Forscher*innen Fruchtgummi, nicht zuletzt wegen großer Nachfrage nach nachhaltigen Varianten, und tauften das Projekt „CandyCrunch“ – die Wissenschaft macht ja auch Fortschritte im Marketing. Ziel ist ein digitales Prognosetool, das Unternehmen hilft, Ressourcen zu sparen, indem sie die Innovationspipeline früh auf vielversprechende Entwicklungen konzentrieren.
Wer jetzt meint, das interessiere nur eine kleine Minderheit, möge zur Kenntnis nehmen, dass es sich keineswegs um Nischenforschung handelt: „Eine Übertragbarkeit besteht hinsichtlich jeder Branche, die verpackte Konsumgüter mit deklarierten Werbeversprechen anbietet, deren sensorische Wahrnehmung (Geruch, Geschmack, Farbe, Haptik oder Textur) maßgeblich für das Produkterlebnis ausschlaggebend ist“, heißt es in der Projektbeschreibung. Noch Fragen?
Grüner Strukturwandel „historisch einmalig“
Fähige Marketer gibt es auch unter Ökonomen. Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, ist das Kunststück gelungen, ein knackiges Synonym für die Transformation zur klimaneutralen Volkswirtschaft zu finden, die in Deutschland bis 2045 erreicht sein soll. Das Schlagwort lautet „Strukturwandel auf Termin“.
Hüther präsentierte den Begriff bei einer Diskussion des Frankfurter „Fair Finance Network“, um zu verdeutlichen, wie ambitioniert das Zukunftsprojekt sei („historisch einmalig“) – üblicherweise unterliege Strukturwandel einer Eigendynamik. Aus seiner Sicht um so wichtiger, dass der Staat verlässlich und entschieden agiert, Geld für den Aufbau einer grünen Infrastruktur in die Hand nimmt und als Anreiz für Großinvestitionen von Unternehmen Leitmärkte schafft, etwa für Wasserstoff oder grünen Stahl. Nimm das, Ampel!
Wie es mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung weitergeht
Beim Stichwort Zukunft noch ein Hinweis auf die – kostenfreie – Online-Veranstaltung „Audit goes green”, die das Institut der Wirtschaftsprüfer am 20. November ausrichtet. Beleuchtet werden, kurz vor der Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Deutschland, der Status Quo und die Perspektiven der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Für immer größere Teile der Wirtschaft ein hochrelevantes, wenn auch meist ungeliebtes Thema, aber nach Sympathie fragt der Gesetzgeber ja nicht. Reinhören könnte sich lohnen, zumal neben Expert*innen der Europäischen Kommission auch Praktiker*innen aus Unternehmen zu Wort kommen sollen, etwa von der Lufthansa.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!