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Evan Spiegel und Mark Zuckerberg: Man kann sie ziemlich beste Feinde nennen. Inzwischen fünf Jahre ist es her, dass der Facebook-Chef an den jungen Snapchat-Gründer eine vergiftete SMS schickte. „Hey Evan, ich bin ein großer Fan davon, was Du mit Snapchat anstellst. Ich würde mich sehr freuen, Dich einmal kennenzulernen und Deine Vision zu hören“, lautete Mark Zuckerbergs erste SMS an Evan Spiegel. 2012 war das.
Der höflich formulierte Kontaktversuch hatte freilich ein klares Ziel: Die boomende Foto-App, die damals noch als beliebtestes Kommunikationsmittel des Sexting-Trends für Schlagzeilen sorgte, zu übernehmen. Drei Milliarden Dollar bot der Facebook-Chef den Snapchat-Gründern Evan Spiegel und Bobby Murphy seinerzeit – und blitzte bekanntlich ab. Seitdem hatte es sich Zuckerberg offenbar in den Kopf gesetzt, den Emporkömmling auf keinen Fall zu groß werden zu lassen.
Zuckerbergs späte Rache an Spiegel
Snapchat zu klonen, bis es keine Relevanz mehr besitzt, wurde offenkundig zur Chefsache bei Zuckerberg. Mit fast manischem Eifer ahmte das weltgrößte Social Network die boomende Messenger-App mit dem Geisterlogo nach: zunächst bei den Töchtern Instagram und WhatsApp, dann auch beim Messenger.
Der Erfolg gibt Zuckerberg recht: Snapchat ist heute weitaus weniger eine Bedrohung für Facebook, als es noch vor einem Jahr der Fall war. Der Boom von Instagram Stories vermasselte Snap fraglos den Börsenstart und grenzte das Nutzerwachstum in sehr übersichtliche Dimensionen ein. Auf der letzten Analystenkonferenz musste Evan Spiegel gar eingestehen, dass die Snapchat-App für viele Nutzer nach wie vor zu schwer zu verstehen bzw. umständlich zu benutzen sei. Die Folge: ein großes Redesign!
Das konkretisierte Spiegel nun in einem Gastbeitrag beim Techportal Axios. „Snapchat trennt Social von Media“, kündigte der 27-Jährige an. Gemeint ist damit eine klarere Unterteilung zwischen Beiträgen von Freunden und Medien-Unternehmen. Wie Spiegel in seinem Op Ed-Beitrag und einem zusätzlichen 60-Sekunden Video erklärt, hätten Nutzer zunehmend die Vermischung von Snaps von Freunden und Medien-Anbietern beklagt.
Künftig finden Nutzer nun nach dem Öffnen der App links von der Kamera eine Übersicht ihrer Freunde in einem eigenen Segment, in den sowohl Chats als auch Stories enthalten sind. Das Discover-Feature, in dem Medien wie Bild, Spiegel Online, Vice, Sky und seit Montag auch Bunte.de ihre Stories verbreiten, ist nun rechts von Kamera zu finden. Das Update soll am 4. Dezember an alle Nutzer ausgerollt werden.
Generalabrechnung mit Facebook
Spiegel nutzte die Gelegenheit zur Generalabrechnung mit Facebook, ohne den Erzfeind beim Namen zu erwähnen. „Der personalisierte News Feed hat die Art, wie Leute die Inhalte konsumieren und teilen, revolutioniert. Aber lasst uns ehrlich sein: Das ist auf Kosten von Fakten, unseres Verstands und der gesamten Medienindustrie passiert“, legt Spiegel den Finger in die intensiv geführte Diskussion um Fake News und psychische Gesundheit.
Das Social Media-Problem sei dringend zu lösen, weil die Vorteile, die das Wachstum von sozialen Netzwerken antreiben würden – „mehr Freunde! Mehr Likes! Mehr kostenlose Inhalte! – genau die Dinge seien, die die Dienste auf lange Sicht unterminieren würden, glaubt Spiegel. Social Media würde schließlich Fake News befeuern, weil „Inhalte, die dafür gemacht sind, mit Freunden geteilt zu werden, nicht unbedingt die Inhalte sind, die auch akkurate Informationen vermitteln, findet der Snap-Chef. „Mal ehrlich, wie oft habt Ihr schon etwas geteilt, ohne es gelesen zu haben?“ attackiert Spiegel Facebooks vermeintliche Achillesferse.