Herr Schnizer, welche Rolle spielt die Verpackung in der Markenkommunikation?
In Diskussionen über Werbemedien geht es aktuell so gut wie immer um den Wettbewerb zwischen klassischen Medien und den neuen sozialen Medien. Übersehen wird dabei allzu oft ein Medium, dass genau dann entscheidend ist, wenn die Kaufentscheidung tatsächlich getroffen wird: das Medium Verpackung.
Kann die Verpackung denn wirklich so viel leisten?
Markenname, Markenzeichen, Produkt und Verpackung sowie Kommunikation ergänzen sich in ihrer Wirkung. Erfolgreich wird diese Kombination dann, wenn diese Einzelteile harmonieren und sich ergänzen. Im Prozess des Brandings können vor allem im Bereich der Verpackung zahlreiche Potenziale entfaltet werden, die Produkte von Ihrer Konkurrenz unterscheidbar machen und in ihrer Attraktivität stärken. Unter den vier Elementen des Brandings ist die Verpackung das einzige, das man anfassen kann. Mit der Verpackung begegnet der Konsument der Marke, dem Produkt am POS und trifft seine Kaufentscheidung, also im „Moment of truth“. Hier muss sich die Marke beweisen und Orientierung, Aufmerksamkeit, Sicherheit und Vertrauen vermitteln. Verpackungsdesign spiegelt die Markenidentität wider und lässt die Marke leben. Vom optischen Auftritt über das Gefühle der Verpackung bis hin zu ihrer Funktion und Nachhaltigkeit.
Welche Fehler werden dabei immer wieder gemacht?
Nicht jedem Konsumenten sind alle Funktionen gleich wichtig. Deshalb sollte sich jeder Hersteller überlegen, wen er mit seinem Produkt und dessen Verpackung ansprechen möchte. Wenn man sich heute viele Verpackungen ansieht, findet man den Markennamen, das Markendesign, die Produktbeschreibung inklusive Gebrauchsanleitung und die gesetzlich notwendigen Texte. Was man nicht findet, ist die grundlegende Markenpositionierung bzw. Markendifferenzierung. So sehen sich viele Produkte, abgesehen vom Markennamen und Design, sehr ähnlich. Es fehlt oft der Mut zur Differenzierung und zur Innovation. Grundvoraussetzung der Differenzierung ist eine klare und eindeutige Markenpositionierung auf der Verpackung.
Wie ist sieht es in der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Verpackungshersteller aus?
Bei den meisten Neuentwicklungen könnte ein großer Teil der Entwicklungskosten eingespart werden, wenn Verpackungshersteller früher in den Entwicklungsprozess eingebunden wären. Die Verpackungshersteller können so frühzeitig technisches Know-How einbringen und optimale Produktionsweisen vorschlagen. So lassen sich Kosten in der Produktion einsparen oder bei gleichen Kosten lassen sich noch mehr Veredelungen auf der Verpackung einsetzen. Intelligente Entwicklungen schaffen erfolgreiche Verpackungen zu wirtschaftlichen Kosten.
Sind Verpackungen eigentlich international verwendbar? Welche Rolle spielen kulturelle Besonderheiten?
Während allgemeine Verpackungstrends offensichtlich sind und von vielen Markenartiklern berücksichtigt werden, entstehen bei der Ausweitung des Markenverkaufsgebietes oft große Probleme. Märkte und Konsumenten sind regional unterschiedlich und verändern sich. Um Konsumenten richtig und persönlich anzusprechen, ist es wichtig, Verpackungen auf die entsprechenden Märkte und Kulturkreise abzustimmen.
Wie kann das aussehen?
Nach Jahren der Überfrachtung von Verpackung und Kommunikation geht in Mitteleuropa zum Beispiel ein klarer Trend zu Einfachheit und Eleganz. Verpackungen mit klarer und reduzierter Gestaltung stehen für Authentizität und Wertigkeit. Der osteuropäische Markt wird von einer stetig wachsenden, besser verdienenden Oberschicht geprägt, die sich vor allem an teuren ausländischen Marken orientiert. Diese erwartet Luxus in Gestaltung und Markenauftritt. Ein sehr ähnliches Bild zeigt sich in China. Ganz im Gegensatz dazu zeigt sich der japanische Mark: Im traditionellen Land des Verpackungsdesigns gibt es hoch professionelle Packaging-Strategien. Steigende Wertigkeit geht dort einher mit Reduktion des Designs.
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