Herr Lutz, mit Pickup sprechen Sie eine junge Zielgruppe an, mutmaßlich eine der schwierigsten und kritischsten. Wie schaffen Sie es, Ihre Marke dort zu positionieren?
Dieter Lutz: Pickup war schon immer eine junge Marke. Mit dem vorherigen Claim „Der Picknicker von Leibniz“ war dies ebenfalls der Fall. Seit 2014 steht Pickup nun für „Anders macht mehr Spaß“. Mit diesem Claim wurde die Marke etwas mehr von Leibniz abgegrenzt und hat eine klare eigene Persönlichkeit entwickelt. Pickup nimmt eine selbstbewusste und humorvolle Haltung ein, die auch für mehr Aufmerksamkeit sorgt.
Wer hatte die Idee, Claims fremder Marken zu verfremden?
Die Idee entstand gemeinsam mit unserer Digitalagentur Elbdudler.
War Ihnen sofort klar, dass das so gemacht wird oder gab es Debatten unter Einmischung der Rechtsabteilung?
Die Idee fand großen Anklang im Unternehmen, da dies für Aufmerksamkeit sorgt und die Andersartigkeit von Pickup gut verkörpert. Unsere Unternehmenswerte Mut, Rückhalt und Neugier werden in dieser Art der Kommunikation stark gelebt. Natürlich stimmen wir uns ganz eng mit unserer Rechtsabteilung ab. Es gibt nur wenige Fälle, in denen wirklich ein Veto eingelegt wurde.
Haben Sie Unterlassungsklagen oder Rechtsstreitigkeiten in das Budget eingepreist?
Nein, und es war auch nie das Ziel, Krawall auf Teufel komm raus zu provozieren. Es ist ja eher der Humor mit dem nötigen Augenzwinkern, der sympathisch ist und für den wir stehen. Deswegen haben wir mögliche Rechtskosten nicht fest im Budget verankert. Wir nehmen vor jeder Veröffentlichung eine Risikoabwägung vor.
Welchen der Sprüche finden Sie selbst am lustigsten, welchen finden Sie inzwischen doof und würden ihn nicht wieder machen?
Besonders super funktioniert unser Battle mit Corny. Es ist bereits ein Running Gag, und wir ärgern uns immer wieder gegenseitig in Form von Postings, aber auch in den Kommentaren. Der aktuellste war zu Karneval. Hier haben wir „Cornfetti“ für die verstreut, die sowieso keinen Spaß an Karneval haben. Einen Post, den wir so nicht wieder posten würden, gibt es eigentlich nicht. Wir lernen immer viel aus den Reaktionen. Teilweise stellen uns die Ansätze vor kleine Herausforderungen, denn unsere Kernzielgruppe hat ihre eigene Art und Weise der Kommunikation, da ist es manchmal schwer nachzuvollziehen, ob die Themen wirklich so bekannt sind und genug Witz besitzen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Content-Marketing verlangt eine Strategie, Social-Media-Provokation verlangt Spontaneität. Wie kriegen Sie das organisatorisch unter einen Hut?
In unserer Digitalstrategie für Pickup sind klare Rahmen gesetzt, in denen wir uns bewegen. Allerdings haben wir keine festen Themencluster definiert, sondern eine Haltung. Wir haben die Art, wie Pickup kommuniziert und wer Pickup ist, in der Strategie verankert. Dabei spielen Spontaneität und Relevanz eine entscheidende Rolle. Unser Digitalteam und die Agentur informieren sich ständig über die neuesten tagesaktuellen Themen und sind sehr schnell und spontan in der Prüfung und Erarbeitung. Morgens werden die News im Rahmen eines Daily News Desk gesichtet. Manches wird sofort in Content innerhalb von zwei bis drei Stunden umgesetzt. Dabei hilft auch mal die eigens dafür eingerichtete Whatsapp-Gruppe. Hier profitieren wir sehr davon, ein mittelständisches Familienunternehmen zu sein, das kurze Wege hat.
Müssen Sie die Mitarbeiter manchmal einfangen, damit sie nicht zu progressiv werden, oder eher antreiben, radikaler zu sein?
Weder noch. Das Team findet immer einen guten Mittelweg zwischen markenadäquater Kommunikation und dem, was witzig ist und provokant.
Bahlsen hat sehr ehrgeizige Expansionspläne bis 2025 vorgegeben, und Pickup spielt eine zentrale Rolle. Können Sie eine ähnliche Marketingpositionierung in anderen Ländern erreichen, und lässt sich das zentral steuern?
Wir haben in den unterschiedlichen Länderregionen separate Marketingteams, die sich mit den lokalen Gegebenheiten auskennen und für die Märkte verantwortlich sind. In den anderen Ländern ist Pickup noch nicht so lange im Markt. Daher steht man dort erst einmal vor der Herausforderung, Pickup zu etablieren. Der Fokus der Arbeit ist hier noch ein anderer.
Letztes Jahr gab es eine Chili-Variante mit der Kennzeichnung „ab 16“. Werden Sie das wiederholen oder war es ein einmaliges Ereignis?
Wir haben in den vergangenen Jahren immer eine Special Edition gelauncht, die für zwei bis drei Monate am Markt war. Dies sorgt für Aufmerksamkeit und bringt neue Käufer an das Regal. Im vergangenen Jahr haben wir mit Pickup-Mutprobe das erste Mal eine scharfe Sorte in den Markt gebracht, was für sehr viel Furore sorgte. In diesem Jahr werden wir passend zur WM den Pickup-Schlaaand einführen, der optisch unserer Deutschlandflagge ähnelt. Diesmal allerdings fruchtig-süß und sehr lecker.