Microtargeting: Datenschutz-Beschwerde gegen Parteien

Während des Wahlkampfs 2021 griffen deutsche Parteien auf Microtargeting bei Facebook zurück. Grundlage waren dabei die politischen Ansichten der Nutzer*innen. Die Datenschutz-Organisation noyb hält das für illegal und hat eine Beschwerde eingereicht.
Schild mit Aufschrift "private"
Beim Microtargeting werden persönliche Daten zur Werbeansprache genutzt. (© Unsplash/Tim Mossholder)

Die internationale Datenschutz-Organisation noyb hat im Namen von mehreren deutschen Staatsbürgern beim Berliner Landesdatenschutzbeauftragten Beschwerde gegen sechs Parteien eingereicht. Betroffen sind die CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AFD, Die Linke sowie die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). In den Beschwerden wird den Parteien vorgeworfen, die Betroffenen im Bundestagswahlkampf 2021 rechtswidrig mit personalisierten Wahlversprechen angesprochen zu haben.

Die Parteien sollen dabei das sogenannte Microtargeting auf Facebook verwendet haben, also das gezielte Ausspielen von Werbung an bestimmte Personengruppen. Facebook habe dabei im Hintergrund die politische Ansichten der Nutzerinnen und Nutzer ausgewertet. Damit hätten sowohl die Parteien, als auch das soziale Netzwerk gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen, erklärte Max Schrems. Der österreichische Jurist ist Gründer der europäischen Datenschutz-Organisation noyb („none of your business“).

Politische Meinungen nach Artikel 9 DSGVO besonders geschützt

Datenauswertungen von noyb hätten ergeben, dass bei der Bundestagswahl 2021 Facebook-User gezielt mit politischer Werbung adressiert wurden. Dies sei per se zwar nicht verboten. Allerdings seien politische Meinungen nach Artikel 9 der DSGVO besonders geschützt und dürften nicht Grundlage einer gezielten Werbeansprache sein.

„Die DSGVO schützt Daten zur politischen Einstellung von Personen besonders streng“, sagte Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei noyb. „Solche Daten sind nicht nur extrem sensible, sondern erlauben auch großflächige Manipulation von Wählern, wie Cambridge Analytica gezeigt hat.“

Cambridge Analytica machte Microtargeting bekannt

Cambridge Analytica war eine britische Datenanalysefirma, die persönlichen Daten von Millionen von Facebook-Nutzern ohne deren Zustimmung gesammelt hatte. Das Unternehmen verwendete diese Daten unter anderem im Umfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 und der britischen Brexit-Abstimmung, um psychografische Profile der betroffenen Nutzer zu erstellen und gezielte politische Werbung zu betreiben. Dies sorgte vielerorts für Debatten über Microtargeting. Nach Bekanntwerden der Geschäftspraktiken meldete das Unternehmen 2018 Insolvenz an.

In den Beschwerden beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit fordern die Betroffenen, dass ein Verstoß der Parteien gegen die DSGVO festgestellt wird. Außerdem sollen die politischen Akteure dazu verpflichtet werden, die personenbezogenen Daten der Beschwerdeführer nicht weiter zu verarbeiten. Außerdem verlangen die Betroffenen, dass die Behörde eine „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Geldbuße“ gegen die Parteien verhängen.

js/dpa