Von Felix Buske
Insbesondere der in den Slogans verwendete Gamer-Duktus, der offensichtlich vor allem den Nerv junger Gamer treffen sollte, wurde auf dem sozialen Netzwerk Twitter kontrovers diskutiert. Der größte Vorwurf: Es würden die Grenzen zwischen Videospielen und realen Kriegsszenarien verwischt.
Die kontroversen Plakate und Slogans rechtfertigt ein Sprecher der Bundeswehr in Köln gegenüber asw folgendermaßen: “Die Kernfrage, die wir dabei stellen ist: ‘Krieg spielen oder für den Frieden kämpfen?’ Mit der Plakatierung wollen wir junge Erwachsene im Umfeld der Gamescom zum Nachdenken bringen, wofür sie ihre Zeit bzw. Zukunft einsetzen. Auf der Spiele-Messe soll damit ein ernstes Thema angesprochen werden. Die Kampagne bedient sich der Signale einer Spiele-Werbung und stellt dann die Sinnfrage: ‘Echte Kameradschaft statt Single-Player Modus?’ oder ‘An deine Grenzen gehen, statt in deinem Level festhängen?’ Die Headlines ‘Multiplayer at it´s best!’ und ‘Mehr Open World geht nicht!’ lesen sich dabei zunächst wie Rezensionen für ein neues Game. Auf den zweiten Blick erkennt man darin jedoch die Werte der Bundeswehr – Kameradschaft und der Einsatz für eine freie Welt.”
Auch Katharina Silberbach vom Deutschen Instituts für Marketing äußerte auf Anfrage keine moralischen Bedenken: “Die Bundeswehr verliert in der Gesellschaft immer mehr an Haftung, was durch die Abschaffung des Zivildienstes sicherlich noch gefördert wurde. Dass sich die Kommunikation der Bundeswehr nach außen dieser Entwicklung anpassen muss, ist daher nur ein logischer Schluss. Wir würden die Aktion als Werbemaßnahme zur Steigerung der Aufmerksamkeit verstehen, um Interessenten an den Stand zu führen und über das Thema aufzuklären.”
Beide Parteien beziehen sich in ihren Aussagen vor allem auf den Marketing-Nutzen, den die Ansprache bringen soll. Laut dem Blogger und Experten für Online-Marketing und Konsumentenpsychologie, Marcel Gabor, sind der moralische und der Marketing-Aspekt aber differenziert zu betrachten. So hält er die Aktion aus Marketing-Gesichtspunkten ebenfalls für gelungen. “Unabhängig von der moralischen Komponente wirken auf mich die gewählten Motive der Bundeswehr zielführend, insbesondere weil die visuelle Darstellung und Ansprache der Anmutung typischer Games aus diesem Genre nachempfunden ist. Dadurch passieren diese Motive leichter die Wahrnehmungsschwelle der Zielgruppe”, erläuterte Gabor, schränkte aber gleichzeitig ein: “Aus einem moralischen Blickwinkel halte ich die Motive hingegen für äußerst bedenklich, da hier die Perspektive eines spaßorientierten Spiels ohne Folgen auf die Realität übertragen wird und so zu einer Verharmlosung von Kriegssituationen führt. Insbesondere bei jungen Erwachsenen, die unter Umständen noch kein differenziertes Bild der Welt haben, kann diese Ansprache funktionieren und sie dadurch ungewollt in eine Situation ziehen, die sich in der Realität ganz anders darstellt, als sie sie kennen oder erwartet haben.”
Dass die Bundeswehr versucht, über ihre Marketing-Maßnahmen gezielt den Ton junger Leute zu treffen, ist nichts Neues. In Zusammenarbeit mit der Marketingagentur Castenow entwickelte sie unter anderem die Web-Serien “Mali” und “Die Springer”. Es ist allerdings auch nicht die erste Kontroverse, die die Bundeswehr durch ihre Werbemaßnahmen ausgelöst hat. Zuletzt machte sie bei der Digitalkonferenz re:publica von sich reden, als sie einen Stand vor dem Konferenzgelände aufbaute, wo sie mit dem Slogan “Zu bunt gehört auch grün” protestierten.