Mehr Freiraum für das Team

Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Im Team für den Arbeitgeber zu werben, könnte die Lösung sein. Ein Plädoyer für Recruiting-Strategien, die nicht nach der Vertragsunterzeichnung enden.
Janina Mütze, Gründerin von Civey
Janina Mütze, Gründerin von Civey: "Für viele ist der Aufbau von Corporate Influencern der richtige Weg." (© Civey (Montage: Olaf Heß))

In drei von vier Unternehmen gibt es Probleme, offene Stellen zu besetzen. Das geht aus einer exklusiven ­Civey-Studie unter privatwirtschaftlichen Entscheider*innen für dieses Heft hervor. Der Fachkräftemangel ist deutlich zu spüren. Welche Strategien helfen den Unternehmen, weiter zu wachsen?

Die Palette an Kanälen, über die Arbeitgeber ihre Stellenanzeigen bewerben, ist breit: Sie werden auf der eigenen Website, auf Stellenportalen sowie in Medien und Newslettern geteilt. Die Umfrage zeigt aber auch: Rein passiv werben reicht schon lange nicht mehr.

Recruiting als Teamaufgabe

Der erfolgversprechendste Kanal ist laut den Befragten das eigene Netzwerk. Es lohnt sich also, im eigenen Team dafür zu werben, offene Stellen zu posten, ­ansprechende Bildmaterialien für Social Media zu ­entwickeln oder sogar ein Bonussystem für Empfehlungen aufzubauen. So wird jedes Teammitglied zum Headhunter.

Für viele Unternehmen ist auch der Aufbau von Corporate Influencern der richtige Weg. Dabei posten Mitarbeitende aus ihrer Perspektive Geschichten rund um das Unternehmen und erzeugen auf diese Weise eine Win-win-­Situation: Unternehmen profitieren von authentischen Employer-Geschichten rund um ihre Marke und gewinnen einen Vertrauensbonus bei potenziellen neuen Mitarbeitenden. Mitarbeitende hingegen entwickeln auf ihren Plattformen einen Expertenstatus und können sich profilieren. Freiraum für Kreativität muss jedoch gegeben sein.

Wachstum von außen und von innen

Wachstum kann von außen kommen. Doch nachhaltig gelingt Wachstum nur, wenn gleichzeitig nach innen geschaut und in effizientere Strukturen und in die bestehenden Mitarbeitenden investiert wird. Umso mehr überrascht, dass jeder zweite Arbeitgeber in Deutschland kein Programm für die Nachwuchsförderung entwickelt hat. All die Investitionen in das Recruiting sind vertan, wenn nach der Einstellung keine persönlichen Wachstumschancen bestehen. So macht man es anderen Unternehmen leicht, das gerade eingearbeitete Personal wieder abzuwerben.

Natürlich gibt es nicht immer die Möglichkeit für neue Führungsaufgaben. Aber Coachings oder Weiterbil­dungen ermöglichen das „horizontale Wachstum“ oder Wachstum auf persönlicher Ebene – ein Punkt, der nicht unterschätzt werden sollte. Denn gerade die persönliche Weiterentwicklung und der Aufbau fachlicher Kenntnisse sind vielen Menschen wichtiger als verbesserte Karrierechancen.

Janina Mütze gehört zu unseren Marketing-Talenten 2021 und ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von Civey. Sie engagiert sich besonders für die Themen Gründung und Diversität. So ist sie Mitglied im Beirat für Gründungen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin und Board Member des Innovationslabs Futury, einer Tochter der Werte-Stiftung. Vor Gründung des Unternehmens hat die studierte Volkswirtin die Interessen der Venture Capital- und Private Equity-Investoren im politischen Berlin u.a. als Referentin der Geschäftsführung vertreten.

Janina Mütze ist Gründerin und Geschäftsführerin von Civey und schreibt in ihrer Kolumne über Markt- und Meinungsforschung. Die Kolumnistin gehörte zu den Marketing-Talenten 2021 der absatzwirtschaft.