Der geplante Zusammenschluss der Autokonzerne PSA und FCA (Fiat Chrysler Automobiles) ist eines der markentechnisch aufregendsten und herausforderndsten Vorhaben, die es in der Automobilindustrie bislang gab. Der neu entstehende Megakonzern wäre ein Sammelsurium aus den Marken Peugeot, Citroën, Opel, Vauxhall, DS, Fiat, Alfa Romeo, Maserati, Lancia, Abarth, Chrysler, Dodge, Ram und Jeep.
Neben den für die gesamte Branche geltenden Veränderungen – Antriebstechnologie, autonomes Fahren, neue Mobilitäts-Geschäftsmodelle – haben die betroffenen Konzerne und 14 Marken die immense Aufgabe, die erwarteten Synergie- und Skaleneffekte zu realisieren. Ist es schon schwer genug, nur eine Marke profiliert und begehrlich zu halten, potenziert sich diese Komplexität durch das Zusammenspiel und die Abhängigkeit vieler Marken eines gemeinsamen Portfolios. Größe und bessere Kostenstrukturen alleine werden dabei nicht zum Erfolg führen. Und der Produktionsstandort Deutschland fragt sich: Wie sieht die Zukunft von Opel aus?
Vertrauen und Werte-Fit: Weiche Faktoren als versteckte Erfolgskiller
Fusionen und M&A-Projekte funktionieren immer dann besonders gut, wenn es viele Überschneidungen im Wertesystem der jeweiligen Unternehmen und Marken gab. Im Integrationsprozess wird transparent, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede liegen und wie beides genutzt werden kann, um effizient zusammen zu arbeiten und am Markt die gewünschten Effekte zu erzielen.
Allerdings unterschätzen nach wie vor viele Top-Manager die Bedeutung des Kultur- und Wertefits. Insidern zufolge ist die einst große Daimler-Chrysler Fusion genau deshalb gescheitert. Die Barriere der passenden Werte ist so bedeutend und immer noch so unterschätzt. Bei Fiat und Chrysler scheint dies besser zu funktionieren. Es bleibt abzuwarten, wie das nun in einer Konstellation zweier Konzerne mit einem Markenportfolio von 14 Automobilmarken funktioniert, in der es untereinander starken Wettbewerb gibt.
Moderne Netzwerke bauen auf Kooperation statt auf Besserwisserei
Wie wird die Kultur des zentralistisch geprägten, französischen Konzerns auf das geplante Erfolgsnetzwerk mit italienischen und amerikanischen Knotenpunkten wirken? Moderne Plattformen und Netzwerke starker Marken basieren vor allem darauf, zu wissen, was die Marken jeweils nicht können und wieso der Zusammenschluss mit anderen Anbietern notwendig und wertstiftend ist. Dies trifft auf eine diametral andere Grundhaltung, als sie in der Automobilbranche vorherrscht: Wir haben die besten Produkte und gehen den richtigen Weg!
Doch die zukünftige Arbeit der Ingenieure und vor allem der Marketingverantwortlichen muss sich mit diesen Fragen beschäftigen: In welchem Markt, gegenüber welchen Wertegemeinschaften, in welchen Preisklassen und Fahrzeugmodellen und vor allem in welchen Geschäftsmodellen hat welche Marke mehr Talent als die andere? Wo macht es mehr Sinn, eine Marke ins Rennen zu schicken als eine andere, auf welche Marke kann man aus Kostengründen verzichten? Welche Marke wird unbedingt benötigt, um das avisierte Wachstum zu erzielen?
Adidas kann mit der Übernahme von Reebok ein Lied davon singen. Nur wenn klar ist, welche der Marken wofür besser geeignet ist und passend eingesetzt und kommuniziert wird, stellt sich der gewünschte Markterfolg ein. Denn Marken lassen sich nicht in Muster von Integrations- oder Kooperationsplänen zwingen, sondern sind im Kopf der Kunden verankert und müssen mit Bedacht auf Märkte, Segmente und Fahrzeugtypen, Zielgruppen und Geschäftsmodelle angewendet werden.
Was ist die Bedeutung von Marke in einem auf
Effizienz getriebenen Unternehmen?
Es ist zu befürchten, dass das Markenmanagement dem Sparstift zum Opfer fallen wird. Das wäre fatal, denn die Marke muss als Invest gesehen werden. Denn sie schafft Begehrlichkeit bei Mitarbeitern und Kunden, grenzt gegenüber dem Wettbewerb ab und hilft dabei, die eigenen Spitzenleistungen wertvoll vermarkten zu können. Darüber hinaus ist die Marke ein wertvoller Vertrauensanker, um Mitarbeiter in eine neue Zeit führen zu können.
Sehr geschickt haben sich asiatische Unternehmen bei der Übernahme westlicher Automobilmarken verhalten. Egal ob Volvo, Land Rover oder Jaguar – in die Entwicklung der Marke wurde investiert, und die Markenführung wurde in deren Ursprungsländern angesiedelt. Gleichzeitig wurden Entwicklung und Produktion nach asiatischer Manier auf Effizienz getrimmt. Beides schließt sich also nicht aus.
Was heißt das für Opel? Opel hat jetzt nicht nur einen stärkeren Wettbewerb am Markt, sondern auch konzernintern zu bestehen. Nur wenn die Marke eine glaubwürdige, begehrliche und differenzierende Positionierung inklusive dazu passender Spitzenleistungen in Form von Produkten, Services und neuen Mobilitätsangeboten hat, wird Opel den Zusammenschluss überleben.