Es etabliere sich ein neues On-Demand-Informationsverhalten der Internetnutzer. Dies gestalte sich anhand folgender aktueller Entwicklungen (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2008):
- Auf der Jagd nach dem günstigsten Produkt nutzen 98 Prozent der privaten Internetnutzen zwischen 14 bis 64 Jahren das Internet.
- Davon sind für 48 Proznet Kommentare von anderen Nutzern in beispielsweise in Diskussionsforen wichtig. Im Vergleich: Nur 53 Prozent nutzen die Herstellerseiten der Anbieter.
- Die Nutzung von Informationen erfolgt zunehmend anlass- und ereignisgetrieben, der habituelle Griff zu Printmedien und damit zu Werbeträgern ist passé.
- Die Nutzer reagieren auf die Informationsfülle mit einer Verengung ihres Interessenspektrums. Es wird immer gezielter nach einem Produkt/ Dienstleistung gesucht. Entsprechen die Suchergebnisse nicht dem aktuellen Informationsbedürfnis, wird das Angebot bereits nach kurzer Zeit verlassen.
- Die Nutzer konzentrieren sich immer stärker auf Informationen, die ihnen persönlich etwas nützen. Der Blick über den Tellerrand, den ein Printmedium wie eine Tageszeitung liefert, entfällt!
Der Idealtyp des aufgeklärten Medienkonsumenten „scannt“ alle zur Verfügung stehenden Medien und holt sich daraus die für ihn relevanten Informationen, um seinen individuellen Nutzen zu maximieren. Haben Marketingverantwortliche die Zeichen der Zeit bewusst verstanden?
Obwohl der Texteinstieg in diese Kolumne zugegebenermaßen provoziert, sprechen die Erhebungen über das Mediennutzerverhalten im Internet eine deutliche Sprache. Die Bedeutung von Digitalen Medien ist in den letzten fünf bis sieben Jahren enorm gestiegen. Auch wenn sie im Verhältnis zu TV, Radio und Print noch zurück liegen, müssen die Wachstumszahlen aufwecken.
Im Fokus der digitalen Medien stehen insbesondere Mobile-, Suchmaschinen- und E-Mail-Marketing. Digitale Medien als Kommunikations-/Informationskanal, aber auch als Absatz-, Preis- und gar produktpolitischer Kanal werden zu einem integralen Bestandteil des Marketings im B2C-Bereich.
Die Zielgruppen legen ein noch weitgehend unerforschtes Verhalten bezüglich ihrer Kaufabsichten an den Tag. Die Inhalte ändern sich (vor allem durch die zunehmende Digitalisierung der Produkte). Sie profitieren von einem wachsend qualitativen Informationsangebot. Sie vertrauen den Kommentaren anderer Nutzer und Konsumenten mehr als den Produzenteninfos. Ihr Kaufverhalten ist immer schwieriger zu kalkulieren. Eine bedeutende Anzahl von Konsumenten scheinen sich zum homo oeconomicus zurück zu entwickeln, einem rein rational handelnden Wirtschaftsubjekt mit vollständiger Informationen.
Welcher Marketingverantwortliche schlägt da nicht die Hände vor die Augen und möchte Sie am liebsten dort belassen? Wie sollen Sie diesen Widerspruch organisieren? Rationalität steht Unplanbarkeit gegenüber.
Wie immer auch die Lösung im Einzelfall aussehen mag. Der Konsument war nie „König“ und er wird auch nie „König“ werden. Doch er gewinnt Autonomie und mehr Selbstverantwortung. Er wird intelligenter, wird sein eigener „Wissensmanager“, der Produktinformationen sammelt, strukturiert und auswertet.
Die Lösung des Umgangs mit der wachsenden Autonomie und Selbstverantwortung von Konsumenten liegt meines Erachtens in integrierten Marketingkonzepten, die die Augen weit aufmachen und als Empfehlung einen Multi-Channel-Ansatz entwickeln, um die wachsende Anzahl von Wechselkäufern konstruktiv zu nutzen. Und: Wir können gespannt sein auf die neue Acta 2009, die am 21. Oktober erscheint.
Über den Autor: Prof. Dr. Gerald Lembke ist Lehrstuhlinhaber für Digitale Medien, Medienmanagement & Kommunikation an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Mannheim