Unter der nie geschriebenen Schlagzeile „Das Universum schlägt zurück“ lieferte das Jahresende 2008 eine verblüffende Nachricht: Eine Media-Agentur erweitert ihren Service auf Creation und übernimmt die Führung in der Betreuung werbetreibender Unternehmen!! Wow. Kündigt sich hier eine Revolution an? Oder wird der vermeintliche Tiger dann doch eines Tages als Bettvorleger enden?
Die Meldung der Fachpresse: Ein ehemaliger Creativ-Geschäftsführer der BBDO wechselt die Front. Er gründet eine Agentur mit dem rätselhaft-vielversprechenden Namen Arthur Schlovsky – als Tochtergesellschaft der renommierten Media:edge CIA. Links-Brainer und Rechts-Brainer unter einem Hut? Die ideale Verbindung zwischen Präzision und Fantasie? Was versteckt sicher dahinter? Wie erfolgversprechend ist dieses Business Modell?
Zunächst muss man 20 Jahre zurück gehen. Alexander Schmidt-Vogel, Chef der MediaCom, kündigt als Vision der damals noch jungen Mediaagentur-Branche an: Media-Beratung wird die Königsdisziplin in der Kommunikation. Sie wird die Leitwährung für alle nachgeordneten Disziplinen wie Creation, Direkt Marketing, Verkaufsförderung und wie sie alle heißen. Er ging von der These aus, dass die filigrane Definition der Zielgruppe und die intelligente Budget-Allokation auf die effizientesten Medien zwei Drittel der Werbewirkung bestimmen – gerne unterstützt durch geniale, creative Kommunikation im restlichen Drittel.
Jetzt ist sie da. Die erste Creativ-Media-Agentur. Und alle fragen sich: wedelt hier der Schwanz mit dem Hund? Oder ist es tatsächlich der neue Weg, der in schwierigen Zeiten mehr Sicherheit und weniger Risiko für die werbetreibende Industrie bietet? Logisches Denken und fantasievolle Darstellung unter einem Dach klingt schon verlockend. Und wenn die alte Rivalität zwischen den vermeintlichen Zahlen-Menschen und den begeisterten Bilder-Stürmern endlich begraben wird, mag das eine schlagkräftige Kombination sein. Sie erinnert an „back to basics“: die Full Service Agentur der guten alten Tage, die diese enge Verzahnung ja immer schon angeboten hat. Aber dieses Mal ist der Initiator eben die Media- und nicht die Werbe-Agentur.
Aber lassen wir das und kehren wir zur wirklich wichtigen Frage zurück: Was nützt eine solche Kombination dem Kunden mehr als das, was er bisher im Markt vorgefunden hat? Hat die Trennung von Werbe-Agentur und Media-Agentur in zwei spezialisierte Agenturtypen in den letzten zwanzig Jahren die Qualität des Outputs erhöht? Hat die Focussierung zu mehr Wissen und wirksameren Methoden geführt? Und hat das den Kunden mehr Erfolg im Markt gebracht? Oder führten beide Disziplinen zuletzt zuviel Eigenleben, um effizient synchronisiert wirken zu können? Einer mag die neue Entwicklung begrüßen: Unser Freund Marketing Controller mit seinem ROI-Denken, weil ihm die Dominanz der Zahl immer schon näher stand. Ob die Legion der Brand Manager darin ebenfalls einen Mehrwert erkennt, muss sich erst noch zeigen.
Ich sehe schon die nächste Schlagzeile: Werbeagentur xy gründet mit einem hochkarätigen Media-Geschäftsführer die Agentur „Arthur Shlovsky reloaded“. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass es eigentlich egal ist, wer mit wem welche Agentur neu gründet. Der Erfolg entsteht nur aus dem Talent und der Persönlichkeit der handelnden Personen. Egal, wo sie sich organisatorisch einordnen. Eines bleibt unverändert: Die Idee – egal wo sie her kommt – ist immer und immer wieder wichtiger als jede Prozesskette oder Organisationsform. Wie schön.
Bleibt zu resümieren: Die Welt dreht sich im Kreis. Alles war irgendwie schon mal da. Aber warum nicht alles noch mal neu probieren? Wie sagt Franz Beckenbauer so schön: Schaun mer mal.
Über den Autor: Bernd M. Michael ist Präsident des Deutschen Marketing-Verband und Inhaber des BMM Büro für Markenarchitektur.