Der Matratzenmarkt ist in Bewegung. Mindestens zwei Dutzend Matratzen-Start-ups drängten in den vergangenen Jahren auf den deutschen Markt. Der Vorreiter kommt unterdessen wieder einmal aus den USA: Casper Sleep Inc.
2014 wagten Philip Krim und Neil Parikh, T. Luke Sherwin, Jeff Chapin, Gabe Flateman die Geschäftsgründung in einer der vermeintlichen langweiligsten Branchen: dem Matratzen-Handel. Niemand geht schließlich gerne ins Möbelgeschäft, verbringt dort womöglich Stunden und legt sich in Straßenkleidung auf diverse Matratzen – in der vagen Hoffnung, mutmaßlich die passendste zu finden.
Erinnerung an Apple
Casper begegnet dem latenten Shopping-Verdruss der Millennials, die sie schnell online nach Entscheidungen suchen, mit einer denkbar zeitgemäßen Lösung: gekauft wird nur online – und zwar nur eine Matratze, die vermeintlich allen passt (one fits all).
Das Konzept kommt an, weil Casper quasi als Apple-Variante des Matratzen-Handels daherkommt: Der Onlineauftritt ist so geschmackvoll gestaltet wie die Matratzen designt sind, die eingerollt in stylischen Kartons geliefert werden – die Magie des Auspackens hat sich Philip Krim offenkundig von Steve Jobs abgeschaut.
Ob die Casper-Matratzen der Konkurrenz qualitativ tatsächlich voraus sind, müssen Kunden selbst entscheiden – maßgeblich für den Verkaufserfolg ist der Haben-wollen-Faktor, den die New Yorker fraglos bei immer mehr Käufern auslösen.
Schlafen ist der neue Luxus
Und mehr noch: Casper profitiert zudem vom neuen Achtsamkeitstrend Schlafen. Lange Zeit als lästiges Übel abgetan, hat sich inzwischen – Ariana Huffington & Co sei dank – die Erkenntnis im Zeitgeist verankert, wie wichtig Schlafen ist. Schlafen ist längst wieder cool – und tatsächlich so etwas wie der neue Luxus.
Die Botschaft trichtert Caspers Social Media-Team seinen willigen Followern tagein und vor allem tagaus in eingängigen Posts aufs Neue ein. Wie Netflix beherrscht das New Yorker Start-up das perfekte Spiel auf der Social Media-Klaviatur von Facebook, Instagram und Twitter.
Imagine a Twitter account run by a mattress.
Yeah, that’d be weird.
— Casper (@Casper) March 16, 2019
best bed i ever owned ?? @Casper pic.twitter.com/OwJ08g0N7J
— gal (@grumpygeorgiana) December 12, 2018
Nach der fünfjährigen Anlaufphase scheint die Zeit für die New Yorker nun reif, um das aktuell positive Börsenumfeld zum Exit an den Kapitelmärkten zu nutzen. Wie CNBC gestern berichtete, erwägt Casper in absehbarer Zeit einen Börsengang und hat dafür inzwischen Konsortialbanken beauftragt.
In sechs Finanzierungsrunden hatte Casper inzwischen 240 Millionen Dollar an Wagniskapital eingesammelt – u.a. sogar von Prominenten wie Leonardo DiCaprio und 50 Cent. Wie Bloomberg berichtet, kamen gestern weitere 100 Millionen Dollar auf Basis einer Bewertung von 1,1 Milliarden Dollar hinzu.
Bereits im ersten Monat des Bestehens soll Casper eine Million Dollar Umsatz mit seinen One fits all-Matratzen generiert haben. 2017 verbuchte das Start-up Erlöse von 300 Millionen Dollar, die im vergangenen Jahr auf 600 Millionen Dollar verdoppelt werden konnten. Casper wäre das erste Einzelhandelsunternehmen aus dem boomenden Direct-to-Consumer-Markt, das sich an die Börse wagt.