Marketingfehler schwächen Banken

Erst wenige erfolgreiche Spezialisten erkennen den Trend, Bankprodukte stärker nach den Gesetzen der Konsumgüterindustrie zu vermarkten, mahnen Berater von Booz Allen Hamilton. Weit über die Hälfte der deutschen Banken richteten ihr Marketing nicht strategisch aus.

Den meisten deutschen Playern im Finanzsektor fehle eine klare, mit der Produkt- und Marketingstrategie abgestimmte Positionierung – ein erheblicher Wettbewerbsnachteil im nationalen wie internationalen Wettbewerb. In ihrer aktuelle Studie untersuchen die Strategie- und Technologieexperten Marketingaktivitäten in verschiedener Branchen. Aus der europäischen Finanz- und Bankwirtschaft befragten sie über 1 200 Führungskräfte.

Laut Studie nutzen nur 38 Prozent der Finanzdienstleister in Europa Marketing als strategischen Hebel für Wachstum und
Wettbewerbsdifferenzierung. Damit liegen Banken im Vergleich zu anderen Industrien weit zurück. Der Durchschnittswert aller
untersuchten Branchen liegt bei 49 Prozent. Noch deutlicher klafft die Lücke zu besonders marketing- und vertriebsorientierten Branchen wie Konsumgüterherstellern. Hier betreiben 64 Prrozent strategisch überzeugendes Marketing.

Nur sieben Prozent der europäischen Banken schaffen es in die Spitzengruppe: Ihr Marketing bewerteten die Berater als exzellent. Der Gesamtdurchschnitt aller Branchen in dieser Top-Kategorie liegt bei 11 Prozent. „Unsere Studie belegt erheblichen Nachholbedarf der europäischen Finanzdienstleister in Sachen Marketing“, resümiert Dr. Johannes Bussmann, Partner und Geschäftsführer Financial Services und IT bei Booz Allen Hamilton. Bussmann: „Aufgrund drastisch abnehmender Kundenloyalität und scharfem, internationalen Wettbewerbsdruck sind die Positionierung der eigenen Marke, die Zielgruppendefinition sowie Ausgestaltung und Marketing für einzelne Produkte des Portfolios existenziell.“

Ein besonders alarmierendes Ergebnis beobachten die Consulter beim strategischen Einsatz: 60 Prozent der deutschen Bankinstitute nutzen Marketing ausschließlich als operatives Instrument. Zum Vergleich: Der Durchschnitt aller untersuchten Branchen liegt deutschlandweit bei 33 Prozent – der europäische Branchenschnitt sogar bei nur 18 Prozent. Die Studie konnte keiner einzigen deutschen Bank Marketing mit strategischer Qualität attestieren.

„Erst wenige erfolgreiche Spezialisten erkennen den Trend: Bankprodukte müssen viel stärker nach den Gesetzen der
Konsumgüterindustrie vermarktet werden“, konstatiert Bussmann. So habe sich mittlerweile der Vertrieb von Bankprodukten über den Einzelhandel erfolgreich etabliert. Tchibo offeriere eine fast komplette Angebotspalette im Retailbanking; Lidl starte Aktionen mit
dem Verkauf von Kreditkarten, und C&A biete seinen Kunden sogar ein eigenes Konsumentenprodukt an.

Einzelne Banken hätten diesen Paradigmenwechsel verstanden und erfolgreich umgesetzt. So habe die ING-DiBa durch Marketing- und Werbemaßnahmen, die durchgehend an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientiert sind, eine starke Dachmarke etabliert, im Markt konsequent positioniert als schlanke, preisgünstige Direktbank mit attraktiven Tagesgeldkonditionen.

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