Marketingeffektivität: Welche Werbung lohnt sich denn eigentlich?

Während sich die Marketing-Branche in diesem Jahr auf vielen Events endlich wieder live versammeln darf, um über die Trends der Zukunft zu diskutieren, zeigt eine neue Studie: Es hakt bereits in der Gegenwart an einer entscheidenden Stelle ganz gewaltig.
Bevor sich die Unternehmen der vielversprechenden Zukunft der Werbung im Detail widmen, sollten sie mit der konsequenten Messung der Marketingeffektivität eine Basis im Hier und Jetzt schaffen. (© Unsplash/Kina)

An Inspiration und Input mangelt es den deutschen Werbetreibenden im Jahr 2022 ganz bestimmt nicht. Gerade erst haben sich die Türen der Dmexco – der führenden Fachmesse für digitales Marketing und Werbung – geschlossen, da öffnen sich am 27. September auch schon wieder die des Horizont Werbewirkungsgipfels in Frankfurt am Main.

Ziel dieser und vieler weiterer Events: die Branche auf die Trends der Zukunft vorbereiten. Dazu zählen Social Media und das Metaverse genauso wie die Neurowissenschaft und künstliche Intelligenz (KI). Allesamt mehr oder weniger neue Technologien, die wiederum neue Kanäle und Formate generieren, über die Kund*innen Werbung erhalten, Informationen sammeln und Käufe tätigen können.

Sind deutsche Werbetreibende überhaupt vorbereitet?

Genauso stellen diese Trends jedoch auch neue Herausforderungen dar, wenn es darum geht, die Effektivität von Marketingaktivitäten und einzelner Marketinginstrumenten präzise zu bemessen und zu bewerten. Und hierfür scheinen die deutschen Werbetreibenden nicht gewappnet zu sein.

So bewerten rund 47 Prozent der deutschen B2C-Unternehmen ihre Marketingeffektivitätsmessung als nicht ausreichend – obwohl vielfach umfangreiche Daten vorliegen. Zu diesem Schluss kommt die Schwerpunktstudie 2022 der IFH Förderer „Marketingeffektivität messen und verstehen“.

Die Studie zeigt: Die Effektivität der eingesetzten Marketingmaßnahmen zu monitoren ist eine wichtige, aber kaum adressierte Maßnahme in Marketingabteilungen. So sehen 58 Prozent der Befragten die korrekte Bewertung der Effektivität als einen der größten „Pain Points“ im Unternehmen.


Die Relevanz der Effektivitätsmessung ist den Unternehmen bewusst. Doch: Wer soll sie umsetzen? ©IFH Köln

Obwohl in der Bemessung der Marketingeffektivität offensichtlich ein großer Nachholbedarf besteht, geben nur 14 Prozent der Unternehmen an, künftig stark in den Ausbau der Effektivitätsmessung investieren zu wollen. Dabei liegt die durchschnittliche Ausgabenerhöhung lediglich bei 11 Prozent.

„Die Bemessung ist nicht Kür, sondern Pflicht“

„Eine korrekte Bemessung der Marketingeffektivität ist nicht Kür, sondern Pflicht für Unternehmen, um Budgets angemessen zu verteilen, Ausgaben zu rechtfertigen und Effizienz zu steigern. Insbesondere in der aktuellen Zeit steigender Kosten und sinkender Margen ist dies für den Handel unabdingbar“, unterstreicht Werner Reinartz, Direktor der IFH Förderer und Inhaber des Seminars für Handel und Kundenmanagement an der Universität zu Köln, die Relevanz des diesjährigen Fokusthemas.

Verknüpfung von Online- und Offlinedaten sind unzureichend

Aktuell arbeitet laut Studie nur rund ein Viertel der Befragten mit einer starken Verknüpfung der Daten aus digitalen und nicht-digitalen Kanälen. Dementsprechend können nur die wenigsten Unternehmen die Wechselwirkungen von Online- und Offline-Maßnahmen überhaupt bewerten. Bei 81 Prozent der Marketingverantwortlichen bleiben gegenseitige Kanaleffekte gänzlich unberücksichtigt.

Insbesondere vor dem Hintergrund einer immer komplexer werdenden Customer Journey, die sich frei zwischen Online- und Offline-Kanäle bewegt, sei der Nachholbedarf groß, um die wichtigen Spillover-Effekte zu berücksichtigen.

Wenn es um Online-Kanäle geht, verweist die Studie insbesondere auf die Relevanz der „Owned“-Mediakanäle, die unter der direkten Kontrolle des Unternehmens stehen. „Die Relevanz steigt momentan insbesondere im digitalen Bereich, da Drittanbieter-Cookies und deren Daten flächendeckend wegfallen und sich Unternehmen zukünftig verstärkt ihre eigenen Kundendaten zu Nutze machen müssen.“

Es scheitert allen voran an Zeit und Geld

Wenn – wie es die Studie nahelegt – doch allen Beteiligten klar ist, dass die Messung der Marketingeffektivität kein nettes Topping, sondern die Grundvoraussetzung erfolgreicher Werbung ist: Woran scheitert es?

Als größte Hindernisse geben 50 Prozent der Befragten den Zeit- und Ressourcenaufwand an. Bei einem Fünftel sind fehlende Kompetenzen ein Problem, 23 Prozent beschweren sich über Hindernisse durch organisatorische Komplexität.

„Auch wenn die diversen Anforderungen an eine Marketingeffektivitätsmessung zunächst abschreckend wirken, empfiehlt es sich für Unternehmen, das Thema zügig in Angriff zu nehmen. Kleine Pilotprojekte können dabei helfen, erste Erfahrungen zu sammeln und ein Gefühl für die verfügbaren Daten zu bekommen“, empfiehlt Julian Wichmann, Mitautor der Studie und Postdoc am Seminar für Handel und Kundenmanagement der Universität zu Köln. „Think big, start small“ laute hierbei das Motto.

Die zum Teil erschreckenden Erkenntnisse der Studie sollten der Branche als Wake-up-Call dienen. Bevor sich die deutschen Unternehmen mit Metaverse, KI & Co. der vielversprechenden Zukunft der Werbung im Detail widmen, gilt es wohl erst einmal, mit der konsequenten Messung der Marketingeffektivität eine Basis im Hier und Jetzt zu schaffen. Und damit herauszufinden, was die Kund*innen (künftig) eigentlich wollen.

Über die Studie

Die Schwerpunktstudie der IFH Förderer nimmt jährlich ein für den Handel strategisch wichtiges Thema unter die Lupe. Dabei werden einzelne Aspekte der Wertschöpfung im Handel im Detail betrachtet und relevante Implikationen für die gesamte Handelslandschaft sowie für die Politik abgeleitet.

Das Thema „Marketingeffektivität messen und verstehen“ wurde sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Sicht Marketingverantwortlicher untersucht. Als empirische Basis diente eine umfassende Befragung von 105 Marketer*innen aus deutschen B2C-Unternehmen. Dabei wurden laut IFH jene Marketingmanager*innen ausgewählt, die in ihrer Position selbst Budgets für Marketingaktivitäten allokieren und/oder sich mit der Effektivität der Marketingmaßnahmen ihres Unternehmens auseinandersetzen.

(hakl, Jahrgang 1985) ist freie Autorin bei der absatzwirtschaft. In Online-Redaktionen quasi aufgewachsen, leitet sie seit 2011 ihre geliebte Redaktionsagentur Schmier & Fink, die seit jeher auf das „Star Wars“-Motto setzt: „Do … or do not. There is no try.“