Im Interview verraten uns Manfred Aull, Gründer und Inhaber des Instituts Aull Sales Success in Köln, und Martin Philipp, Geschäftsführer der SC-Networks GmbH mit Sitz in Starnberg, welche Herausforderungen Lead Management für Marketing und Vertrieb bereithält und warum die Zusammenarbeit beider Bereiche für den Erfolg beim Kunden so wichtig ist.
Warum sollten Marketing und Vertrieb trotzdem verstärkt zusammenarbeiten?
Manfred Aull: Die Bedeutung der Zusammenarbeit ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen und wird es auch weiter tun. Das ist insbesondere im geänderten Käuferverhalten begründet: Heutzutage informieren sich Zielkunden – weit im Vorfeld einer Kontaktaufnahme mit dem Vertrieb – via digitaler Medien über mögliche Lösungen für ihren Bedarf. Dabei stoßen Sie im günstigsten Fall auf die durch das Marketing gestaltete Online-Präsenz und lassen sich entsprechend „abholen“ – zunächst natürlich anonym. Der direkte Kontakt mit dem Vertrieb stellt das Ende dieser anonymen Phase dar. Und dieser Übergang birgt das Risiko, den Interessenten zu verlieren. Es sei denn, er erfolgt wie natürlich, reibungslos und zum passenden Zeitpunkt. Schon allein, um keinen Zielkunden bei diesem Übergang zu verlieren, ist eine enge Abstimmung zwischen Vertrieb und Marketing entscheidend.
Martin Philipp ist Mitgeschäftsführer bei SC-Networks, Hersteller der E-Mail-Marketing-Automation-Lösung Evalanche. (Bild: Vogel Business Media GmbH & Co. KG)
Martin Philipp: Ich bin ohnehin ein großer Fan von „Best-of-breed“-Lösungen, also der Verknüpfung von spezialisierten Lösungen aus verschiedenen Welten. Das funktioniert nicht nur bei Software sehr gut, sondern auch bei der Zusammenarbeit von Menschen. Gemäß dem Motto „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ verschaffen sich Unternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile, wenn sie die Stärken von Marketing und Vertrieb kombinieren. Denn nur durch einen gemeinsamen Lead Management-Prozess, der Interessenten reibungslos von der Marketing- in die Vertriebsbetreuung überführt, lassen sich neue Kunden effektiver und effizienter denn je gewinnen und langfristig an ein Unternehmen binden. Ein bekannter Fußballtrainer hat einmal gesagt: „Wenn die Mannschaft angreift, greifen alle an und wenn die Mannschaft verteidigt, verteidigen alle.“ Ähnlich sehe ich das bei der Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb, denn beide müssen sich Gedanken darüber machen, welche Maßnahmen für die Kundengewinnung und -bindung erforderlich sind. Taktisch generiert dann das Marketing qualitative Leads und der Vertrieb gewinnt die Kunden, schießt also die Tore.
Sie sprechen von einem gemeinsamen Lead Management-Prozess, Herr Philipp. Ist das nicht eigentlich ein Marketing-Thema, Herr Philipp?
Martin Philipp: Ich sehe Lead Management in erster Linie als strategisches Thema. Als solches muss es zuallererst im Management angekommen sein: Es ist die Antwort auf das veränderte Kaufverhalten, dass B2C- und B2B-Unternehmen immer stärker zu spüren bekommen. Damit jedoch ein Wandel im Hinblick auf den Umgang mit diesen Veränderungen erfolgen kann, müssen – neben der entsprechenden digitalen Strategie – die entsprechenden Strukturen geschaffen werden und die in der Verantwortung stehenden Menschen mitziehen. Das heißt, es betrifft nicht nur das Marketing, sondern auch die Geschäftsführung, den Vertrieb und Kundenservice und viele mehr. Nur wenn alle relevanten Bereiche den Wandel mitgestalten, profitieren Unternehmen von den Vorteilen des Lead Managements. Hier kann das Marketing natürlich ein wichtiger Impulsgeber sein.
Herr Aull, wie kritisch stehen Vertriebler tatsächlich dem Thema Lead Management gegenüber?
Manfred Aull: Ich bin überzeugt davon, dass das ganz entscheidend von der internen Kommunikation und der Art abhängt, wie ein solch neues digitales Konzept eingeführt wird. Jedem Vertriebsverantwortlichen ist bewusst, dass sich sehr viele Zielkunden zunächst anonym in den digitalen Medien informieren und dabei auf mögliche Lösungsansätze und -partner stoßen. Und natürlich profitiert der Vertrieb gerne von qualifizierten Leads, die er über diesen Weg erhält. Kritisch wird es erst dann, wenn eine Marketinginstanz diesen Weg als „allein seligmachende Lösung zur Neukundengewinnung“ propagiert – insbesondere, wenn der Vertrieb lediglich als der Bereich gesehen wird, der einen „perfekt vorgelegten Lead“ nur noch umsetzen muss. Eine solche Haltung würde im Vertrieb alles andere als Begeisterung auslösen.
Inwieweit profitieren nun aber doch Marketing UND Vertrieb von einem automatisierten Lead Management und worauf gilt es bei der Auswahl einer entsprechenden Software-Lösung zu achten?
Manfred Aull: Ganz klar, ein automatisiertes Lead Management bringt mehr Geschäft, weil Interessenten und Zielkunden mit bedarfsgerechten und passgenauen Informationen – und das auch noch zum richtigen Zeitpunkt – versorgt werden. Und genau das ist es, was der Interessent will: sich selbstbestimmt schlau machen und dafür eine gute Auswahl an Möglichkeiten haben. So kann ein erster positiver Eindruck von einem Unternehmen entstehen, der sich im Laufe des Entscheidungsprozesses – seiner Käuferreise oder Customer Journey – verdichtet. Welches Unternehmen wird er kontaktieren, wenn sein Bedarf konkreter wird? Natürlich das Unternehmen, welches ihm schon in der anonymen Phase das rechte Verständnis entgegengebracht hat. Das ist der entscheidende Nutzen eines hervorragenden Lead Managements: Die „Betreuung“ des Interessenten, schon während seiner Recherche.
Martin Philipp: Der Vorteil – insbesondere für B2B-Unternehmen – ist in der Tat ein reibungsloser Übergang, um potenzielle Kunden während ihrer gesamten Reise zu begleiten. Im Vergleich zu isolierten Kontaktpunkten liefert eine zusammenhängende Customer Journey nämlich rund je ein Drittel mehr Umsatz, mehr zufriedene Kunden und weniger Abwanderung. Dabei bietet ein integrierter Lead Management-Prozess für Marketing UND Vertrieb beste Voraussetzungen: einen gemeinsamen Nachfragetrichter (Funnel) mit gemeinsam definierten Phasen, sodass sich Leads punktgenau konvertieren lassen und dabei eine höhere Konversionrate möglich wird. Auch bei der Definition der anvisierten Zielgruppe unterstützt eine Lead Management-Software gezielt die Arbeit von Marketing UND Vertrieb. Laut einer Studie des Instituts für Sales und Marketing Automation bestätigen 75 Prozent der befragten Unternehmen, dass sich die Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb durch eine entsprechende Marketing-Automation-Lösung verbessert hat.
Manfred Aull: Entscheidend bei der Auswahl einer solchen Lösung sind meines Erachtens die für Marketing und Vertrieb vielfältigen Möglichkeiten, fein abgestimmt auf die Bedürfnisse des Interessenten eingehen zu können. Im Fokus steht also die Leichtigkeit, mit der Interaktion ermöglicht wird.
Martin Philipp: Neben den Funktionalitäten, die ein Marketing- und Vertriebsverantwortlicher von einer Lead Management-Software erwartet, sollten auch Aspekte des Datenschutzes und der Datensicherheit eine Rolle spielen. Mit einem zertifizierten Anbieter fahren Unternehmen am besten. Relevante Zertifikate erhalten Softwarehersteller nach der ISO 27001, vom TÜV und – gerade im Hinblick auf den E-Mail-Versand – von der Certified Senders Alliance (CSA).
Was würden Sie, Herr Aull, Marketern gern noch mit auf den Weg geben?
Manfred Aull: Das sind vor allem zwei Sachen: Bieten Sie erstens Ihren Vertriebskollegen die Möglichkeiten des automatisierten Lead Managements als eine zusätzliche Möglichkeit an, das Zielkundenradar zu erweitern und konkrete Angriffspotenziale zu generieren. Und vermeiden Sie zweitens eine Haltung wie „Hier ist der Kunde, Du musst ihn nur noch abschließen“. Dagegen sind Vertriebskollegen allergisch. Und bitte vergessen Sie nicht: In vielen Fällen bedarf es anspruchsvoller Vertriebsarbeit mit Bedarfsermittlung, -differenzierung und dem entscheidenden Geschäftsabschluss – auch dann, wenn im Zuge der Customer Journey schon gute Profilinformationen über den Interessenten gesammelt wurden. Ideal ist die Einführung von Lead Management als eine gemeinsame Initiative von Vertrieb und Marketing, ohne dabei die Wertschätzung für die Leistung des Nachbarbereiches zu verlieren.
Und von Ihnen, Herr Philipp, ein Marketer-Rat für den Vertrieb?
Martin Philipp: Da möchte ich mich Herrn Aull gern anschließen: einerseits die Perspektive aufzeigen und andererseits die Wertschätzung für die Leistung beider Teams nicht verlieren. Man muss sich eigentlich nur in Erinnerung rufen, dass Marketer und Vertrieb im Grunde das Gleiche wollen: neue Kunden gewinnen und diese für das Unternehmen so lange wie möglich begeistern. Nur so gewinnt die gesamte Mannschaft – Spiel für Spiel – die Meisterschaft. Ein kleiner Tipp für die Zusammenarbeit: Vereinbaren Sie Service Level Agreements, die unter anderem festlegen, wer welche Aufgaben im Lead Management-Prozess übernimmt, unter welchen Bedingungen ein Lead vom Marketing an den Vertrieb übergeben wird und inwieweit der Vertrieb auch Feedback über den weiteren Verlauf gibt.
* Weitere Informationen zum Thema Lead Management in Marketing und Vertrieb gibt es im kostenfreien E-Book „Turbo für den Vertrieb – Wie Lead Management die Kundengewinnung unterstützt“.