Das Internet wird in Deutschland von 51,8 Prozent der Bevölkerung regelmäßig genutzt. Damit sind 33,3 Millionen Deutsche ab 14 Jahren online. Nicht nur in der Nutzungsdichte, sondern auch bei Nutzungsdauer und -frequenz konkurriert das Internet inzwischen erfolgreich mit den klassischen Medien. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich Online-Marketing als eigene, bedeutende Marketingdisziplin etabliert – die Ausgaben für Onlinewerbung wachsen jährlich um zweistellige Prozentbeträge. Dabei ist Bannerwerbung längst nicht das einzige Instrument des Online-Marketing. Sie wird heute aufgrund sehr hoher Costs Per Visitor (CPV) hauptsächlich für Brandingmaßnahmen eingesetzt.
Für die Absatzförderung hingegen kommen überwiegend Instrumente zum Einsatz, die eine Gewinnung von zielgruppenspezifischem Seitenbesuch (Traffic) kostensparend ermöglichen. Einige dieser Instrumente sollen hier vorgestellt werden.
Wann beginnt Online-Marketing?
Online-Marketing setzt nicht erst dann ein, wenn für eine fertige Webseite Besucher gewonnen werden sollen. Bereits in der Planungsphase, beispielsweise bei der Namensfindung für das Unternehmen und das Produkt, werden Entscheidungen getroffen, die auch für das Marketing von weitreichender Bedeutung sind. Denn der Name ist wichtig für die Wahl der späteren Domain.
Professionelles Online-Marketing zeichnet sich dadurch aus, dass Marketingfachleute möglichst frühzeitig in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.
Kriterien für gute Domain-Namen
Bereits im Jahr 2001 bemerkten Experten, dass es zunehmend schwieriger werde, Namen zu finden, die zugleich als Marke und als Domain funktionieren. „Cyberbranding“ sei die neue Herausforderung für die New Economy. Seit März 2001 wurden weitere zwei Millionen „.de-Domains“ registriert. Heute sind es bereits weit über sechs Millionen. Die Situation hat sich also deutlich verschärft.
Dennoch ist es auch heute noch möglich, einen guten Domain-Namen zu finden. Die „7 Kriterien für gute Domain-Namen“ sind im Infokasten aufgeführlt. Auf eines dieser Kriterien, die Merkbarkeit, soll hier näher eingegangen werden.
Das Kriterium Merkbarkeit
Die Merkbarkeit einer Domain ist entscheidend für das Ausmaß, in dem sich Mundpropaganda entfalten kann. Aufschluss über die hohe Bedeutung von Mundpropaganda aus Sicht des Online-Marketing gibt die aktuelle WWW-Benutzer-Analyse des Marktforschungsunternehmens Fittkau & Maaß: Im Rahmen der Erhebung gaben 54,2 Prozent der Befragten an, schon einmal durch Empfehlung von Freunden und Kollegen auf neue Webseiten aufmerksam geworden zu sein. Mundpropaganda stellt nach der Erhebung die dritthäufigst genannte Methode zur Entdeckung bislang nicht gekannter Webseiten dar.
Eine im Mai 2002 durchgeführte internationale Studie des Marktforschungsinstituts Taylor Nelson Sofres (TNS) wiederum hat ergeben, dass 18 Prozent der regelmäßigen Besucher einer Website durch Mundpropaganda auf diese aufmerksam wurden.
Mit einer wenig einprägsamen, komplizierten Domain ist Mundpropaganda bestenfalls eingeschränkt möglich. Auch wenn durch den Einsatz von Tell-a-friend-Tools Mundpropaganda bedingt gesteuert werden kann, bedeutet die falsche Wahl einer Domain verschenktes Potenzial.
7 Kriterien für gute Domainnamen
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Co-Domains vermeiden Überlaufverluste
Ist mit der Hauptdomain die nach außen kommunizierte Adresse eines Unternehmens gefunden und registriert, beginnt die Feinarbeit. Denn es gibt eine Reihe guter Gründe, zusätzliche Domains, so genannte Co-Domains, zu registrieren. Sie bilden zusammen mit der Hauptdomain das Domainportfolio eines Unternehmens (siehe Infokasten „Domainportfolio-Strategie“).
Co-Domains lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: Domains, die registriert werden um zusätzliche Chancen zu nutzen und Domains, die Risiken vermeiden sollen.
Risikoorientierte Co-Domains dienen der Vermeidung von Überlaufverlusten, rechtlichen Auseinandersetzungen und Imageeinbußen. Darunter fallen im Wesentlichen Tippfehlerdomains und Domains, die abweichende Schreib- und Sprechweisen abdecken. Überlaufverluste (Verluste von Besucherströmen) entstehen, wenn Besucher nicht auf die gewünschte Webseite geleitet werden. Hier zwei prominente Beispiele:
- Der Nachrichtensender n-tv betreibt seinen Internetauftritt unter der Domain n-tv.de. Die – selbst von den Moderatoren häufig genannte – Domain ntv.de (ohne Bindestrich) gehört hingegen einem Bad Homburger Kabelhersteller.
- Der Automobilkonzern Daimler-Chrysler wird von 15 Prozent der deutschen Internetnutzer unter den umgangssprachlichen Domain-Versionen crysler.de und daimlercrysler.de angesteuert. Daimler-Chrysler besitzt aber nur die korrekten Versionen mit dem „h“.
Derartige Lücken im Domainportfolio führen zu unterschiedlich starken Überlaufverlusten, die nur bedingt messbar sind. Ein Beispiel, zu dem uns Zahlen vorliegen, ist die Domain klettern-magazin.de: Sie verzeichnet monatlich 22.000 Visits, die Tippfehlerdomain kletter-magazin.de monatlich 1.000 Visits. Der Überlaufverlust beträgt somit 4,5 Prozent.
Ein positives Fallbeispiel stellt übrigens das Online Broking Angebot der Deutsche Bank AG „maxblue“ dar. Registriert wurden hier neben der Hauptdomain maxblue.de unter anderem auch max-blue.de und maxxblue.de sowie die jeweiligen .com-Varianten. Beim Einsatz chancenorientierter Co-Domains sieht es allerdings auch bei maxblue eher traurig aus.
Chancenorientierte Co-Domains dienen in der Regel der Generierung zusätzlichen, zielgruppenspezifischen Traffics. Hierunter fallen im Wesentlichen so genannte Gattungsdomains, die auch unter den Begriffen „generische Domains“ oder „beschreibende Domains“ bekannt sind. Seit der Bundesgerichtshof im Mai 2001 die Verwendung von Gattungsdomains für grundsätzlich zulässig erklärt hat, finden sich immer mehr Beispiele für deren Einsatz.
So nutzt beispielsweise das Auktionshaus Atrada die Co-Domain software.de. Besucher, die diese URL eingeben, werden auf die Hauptdomain des Unternehmens weitergeleitet. Ein anderes Beispiel liefert die 1&1 Internet AG: Zum Domainportfolio dieses Internet-Service-Providers gehört die Domain webhosting.de, über die ein Type-In-Traffic von monatlich 2.000 Visits generiert wird.
Domainportfolio-Strategie
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Type-In-Traffic verbessert Zielgruppenkontakt
Type-In-Traffic entsteht dadurch, dass Internetnutzer einen Begriff auf Verdacht in die Adresszeile des Browsers eingeben und ihn mit einer Ländercode-Endung wie .de ergänzen. Würde ein deutscher Nutzer beispielsweise nach Informationen oder Angeboten für einen Golfurlaub suchen, gäbe er golfurlaub.de ein.
Die Relevanz des Type-In-Traffics für das Online-Marketing bestimmt sich durch drei Faktoren: Quantität, Qualität und Kosteneffizienz.
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Aufschluss über die quantitative Dimension gibt die bereits zitierte WWW-Benutzer-Analyse von Fittkau & Maaß. Darin belegt das Ausprobieren von URLs nach dem oben genannten Schema Rang sechs von 20 Methoden zur Entdeckung neuer Webseiten. 39,2 Prozent der Befragten nutzten diese Methode.
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Die hohe Qualität dieses sehr zielgruppenspezifischen Type-In-Traffics drückt sich in überdurchschnittlich hohen Konversionsraten aus.
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Bei jährlichen Registrierungsgebühren von etwa seiben Euro für eine .de-Domain mit einem Traffic-Volumen von beispielsweise 100 Type-Ins pro Monat betragen die CPV (Kosten dividiert durch Traffic-Volumen) nur 0,58 Cent. Damit verfügt Type-In-Traffic im Vergleich zu Bannerwerbung mit durchschnittlichen CPV von 4,76 Euro über eine etwa 820-mal höhere Kosteneffizienz.
Wertermittlung von Co-Domains
Aufgrund der hohen Konversionsraten und der zugleich sehr geringen laufenden Kosten verfügen gute Domainnamen über einen hohen Wert. Die Wertermittlung lässt sich am Beispiel der Domain golfurlaub.de exemplarisch darstellen:
Die Domain wird monatlich von etwa 5.000 Besuchern angesteuert, die einen Anbieter von Golfurlaub suchen. Ausgehend von einer im Reisesektor üblichen Konversionsrate von 0,5 Prozent können 25 der Besucher als Kunden gewonnen werden. Pro Kunde erhält der Anbieter etwa 100 Euro Vermittlungsprovision. Auf das Jahr gerechnet sind das Einnahmen in Höhe von 30.000 Euro, die auch den subjektiven Wert der Domain pro Jahr darstellen. Ähnlich wie bei Immobilien, errechnet sich der Kaufpreis der Domain, indem der Jahreswert mit einem Faktor multipliziert wird. Dieser liegt bei Domains in der Regel zwischen fünf und zehn.
Nach diesem Schema wurde auch der Wert der Domain reifen.de ermittelt, die im Februar dieses Jahres im Paket mit einigen weniger attraktiven Domains für 200.000 Euro den Besitzer wechselte. Alleine durch Type-Ins in der Größenordnung von 1.000 bis 3.500 Besuchern pro Tag verdiente der bisherige Inhaber jährlich etwa 50.000 Euro an Werbeeinnahmen.
Der Kaufpreis orientierte sich also nicht an Gutachten oder herkömmlichen Bewertungsmodellen, sondern an einer sachlichen Kosten-Nutzen-Rechnung.
Suchmaschinen-Optimierung mit Co-Domains
Der Nutzen chancenorientierter Co-Domains ist jedoch nicht allein auf Type-In-Traffic beschränkt. Mit Co-Domains, die relevante Stichwörter enthalten, lassen sich zudem gezielt über Suchmaschinen Besucher gewinnen:
Viele der bedeutenden Suchmaschinen, wie beispielsweise Fireball und Google, beziehen in die Berechnung der Relevanz einer Webseite für die durchgeführte Suchabfrage auch die URL mit ein. Unabhängig vom jeweiligen Content werden Webseiten, die den Suchbegriff in der URL enthalten, höher bewertet und weiter oben in der Liste der Resultate ausgegeben.
Interessant dabei ist, dass der Domain ein höherer Stellenwert eingeräumt wird als beispielsweise einem Unterverzeichnis oder dem Namen eines Dokumentes. Die Webseite mit der URL www.webhosting.de würde also höher bewertet als eine Webseite mit der URL www.1und1.de/webhosting.html.
So verzeichnet die 1&1 Internet AG auch monatlich 13.000 Visits über Suchmaschineneinträge der Co-Domain webhosting.de. Zusammen mit den bereits beachtlichen monatlichen Type-Ins der Domain sind das 15.000 Visits. Eine Gewinnung dieser Besucher durch Keyword-Advertising würde im Jahr über 50.000 Euro kosten.
Der Einsatz von Co-Domains bietet folgende Vorteile:
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Quellen und Tipps für die Ermittlung guter Co-Domains
Entsprechende Gattungsdomains sind fast immer bereits vergeben. Daher lohnt ein Blick in Domainbörsen wie sedo.de. Dort verkaufen neben Domainspekulanten auch Unternehmen, die ihr Domainportfolio aufgeben möchten. Selbst ganze Projekte mit Content und Nutzerschaft stehen zum Verkauf. Gute Beispiele für auf diesem Wege erhältliche Projekte und Domains sind marketing.de, business.de und eis.de.
Sehr hilfreich für die Recherche geeigneter Begriffskombinationen sind so genannte Keyword-Datenbänke. Diese enthalten über unterschiedlich lange Zeiträume gesammelte Suchabfragen großer Suchmaschinen und geben Aufschluss über die Häufigkeit, mit der nach bestimmten Begriffen gesucht wird. Je nach Anbieter geben sie auch Vorschläge für verwandte Suchbegriffe.
Mit der Domain keyword-datenbank.de liefert einer dieser Anbieter übrigens noch ein schönes Beispiel für den Einsatz von Gattungsbegriffen als Domain-Name. Empfehlenswert ist auch die Datenbank der Pay-Per-Click-Suchmaschine E-Spotting.de.
Mittels einer solchen Datenbank könnte ein Computerhändler beispielsweise erfahren, dass im Kontext des Begriffs „Computer“ häufig nach den Begriffskombinationen „billige Notebooks“ und „Computer Hardware“ gesucht wird. Gute Co-Domains wären für ihn demnach billige-notebooks.de und computer-hardware.de.
Autoren:
Ulf-Hendrik Schrader, Chefberater bei Pr-Dienst.de
Tim Schumacher, geschäftsführender Gesellschafter der Sedo GmbH
Dietmar Pfaff, Betreiber des Marketing-Forum www.marketing.de und geschäftsführender Inhaber der Infomarketing GmbH
eingestellt am 24. Juli 2003.