Humor tut gut, auch und gerade bei so ernsten Themen wie Klimakrise und Nachhaltigkeit. Wohl deshalb hat es dieser wissenschaftliche Aufsatz in die deutsche Presse geschafft, zum Beispiel in die “Süddeutsche Zeitung”: „Seeing the funny side: Humor in Pro-Environmental Communication”, erschienen in der Fachzeitschrift “Current Opinon in Psychology“, die zum Amsterdamer Elsevier Verlag gehört. Chris Skurka (Pennsylvania State University) und Julia Cunningham (University of Michigan) untersuchen darin, wie launig verpackter Content zum Thema Umweltschutz von unterschiedlichen Zielgruppen aufgenommen wird.
Ergebnis: Witzige Botschaften sind sehr erfolgreich in punkto Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Das Verhalten der Rezipienten ändert sich nicht im gleichen Ausmaß, allerdings wurden die größten Effekte bei jenen registriert, die das Thema sonst eher ignorieren (low-interest groups). Die Erkenntnis dürfte fürs Marketing alles andere als irrelevant sein, denn mal ehrlich: Wie viele humorvolle Nachhaltigkeits-Kampagnen fallen Ihnen ein?
Das rockt: Metalsong gegen Müllflut
Da trifft es sich gut, dass es Wacken gibt, das größte Heavy-Metal-Festival der Welt, das in der gleichnamigen Gemeinde in Schleswig-Holstein stattfindet. Im vergangenen Jahr kamen rund 85.000 Besucher*innen – und hinterließen 590 Tonnen Müll. Dabei sind Rocker übrigens keine besonderen “Saubären”, andere Festivals produzieren ähnlich viel Abfall. Für das kommende Event vom 2. bis 5. August wäre Müllvermeidung angebracht, fanden die Veranstalter, mit anderen Worten: Eine Kampagne für Headbanger musste her.
Mit der Umsetzung beauftragt: die Hamburger Agentur Leagas Delaney. „Uns war von vornherein klar, dass wir eine völlig andere Form der Ansprache brauchen. Kein erhobener Zeigefinger, sondern Pommesgabel“, sagt Peter Regnery, Executive Creative Director. Das Resultat ist der weltweit erste „Trash“-Metalsong der Welt, so gut gemacht, dass selbst der nicht allzu einfallsreiche Titel „Reduce. Reuse. Recycle“ bestens rüberkommt. Die Besucher*innen von Wacken können ihn am Stand des „Trash Metal Projects“ per Karaoke performen, Müllautos spielen ihn über Lautsprecher aus, und auf den 70.000 Müllsäcken, die verteilt werden, steht der Titel auch. Let’s rock!
So lässt sich die Glaubwürdigkeit erhöhen
So erfreulich es ist, wenn authentische Zielgruppenansprache gelingt, so wenig ist das offenbar an der Tagesordnung. In der soeben veröffentlichten Studie „Greenwashing vs. Greenacting“ des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen geben 52 Prozent der Marketingmanager*innen an, grüne Claims zu verwenden. Und doch misslingt die Kommunikation allzu oft: Jedes dritte Unternehmen war bereits mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert. Das ist riskant: Sieben von zehn Kunden meiden nach eigenen Angaben Marken, denen falsche oder irreführende Nachhaltigkeitsversprechen vorgeworfen werden.
Glaubwürdigkeit ist für Unternehmen also überlebenswichtig – und laut Studie verblüffend leicht zu erhöhen: „Die Veröffentlichung der Berechnungsgrundlagen, auf denen nachhaltigkeitsbezogene Aussagen beruhen, reicht der Mehrheit der weltweit befragten Verbraucher dafür bereits aus.“ Ach so? Müssten die Angaben nicht überprüft oder ins Verhältnis gesetzt werden?
Vielleicht nicht, wenn man eine so fein ziselierte CO2-Bilanz vorlegt wie die dänische Hautpflegemarke Nøie, auf die Inken Barz und Tobias Nusser in ihrem Beitrag für die absatzwirtschaft „Die fünf Prinzipien nachhaltiger Markenführerschaft“ hinweisen. Ansonsten dürfte doch einiges für eine unabhängige Verifizierung sprechen, auch aus Sicht der Profis: In Deutschland glauben 79 Prozent der Konsument*innen an unbestätigte Berechnungsgrundlagen – aber nur 68 Prozent der Marketingmanager*innen.
„Green Marketing Challenge“ der UN
Passenderweise hat das United Nations System Staff College kürzlich sein kostenloses Online-Kursprogramm um eine „Green Marketing Challenge“ bereichert. Ziel des interaktiven Lernspiels ist es im Wesentlichen, produktbezogene Angaben richtig einzuordnen und Schönfärberei von fundierten Aussagen zu unterscheiden, zum Beispiel „Diese Matratze ist klimafreundlich“ versus Kennzeichnung mit EU-Ecolabel. Das birgt sicher für viele Konsument*innen Aha-Erlebnisse – für Unternehmen jedoch, die es mit der Ehrlichkeit nicht allzu genau nehmen, könnten die Negativ-Beispiele nachgerade eine Anleitung zum Greenwashing sein. Autsch.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!