Händler und Vertriebsunternehmen dürfen fremde Marken- oder Firmennamen als Meta-Tags verwenden, um ihre Rangstellung bei Internet-Suchmaschinen zu verbessern. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschieden. (Az. I-20 U 104/03 vom 17. Februar 2004) und damit anderen OLGs in Deutschland widersprochen. Das bedeutet: Wenn ein Kunde bei Google nach Prada sucht, steht an der Spitze der Suchergebnis-Liste nicht Prada, sondern ein Prada-Händler oder im schlimmeren Fall ein Unternehmen, das ähnliche Produkte anbietet, aber gerade nicht Prada. Markenhersteller sollten bis zur Klärung der Rechtslage durch den BGH das OLG Düsseldorf meiden.
Freibrief für Manipulation von Trefferlisten?
In dem entschiedenen Fall hatte der Betreiber einer Website mehrere Marken eines Wettbewerbers als Meta-Tag verwendet. Mit Hilfe solcher Meta-Tags wird das Ranking der eigenen Internetseite bei Suchmaschinen verbessert, wenn Internet-Nutzer nach der betroffenen Marke oder Firma suchen Tatsächlich hatte die Website mit diesen Marken oder Produkten nichts zu tun, sondern diente dem Verkauf der eigenen Waren und Dienstleistungen. Das Oberlandesgericht konnte in diesem Verhalten nichts Verwerfliches erkennen. Eine Markenverletzung liege nicht vor, da die Meta-Tags unsichtbar im Quelltext der Website verborgen seien und daher nicht „zur Kennzeichnung“ der beworbenen Produkte gebraucht würden. Auch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht wurde vom Gericht verneint, obwohl die Benutzung der Meta-Tags zu einer „Verfälschung“ von Trefferlisten führt. Nach Ansicht des Gerichts würden die Internet-Nutzer ohnehin damit rechnen, dass die Trefferlisten einer Suchmaschine nicht objektiv seien und daher zwangsläufig viele Einträge enthalten, die mit dem eigentlichen Suchwort nichts zu tun haben.
Denkt man diese Argumente des Oberlandesgerichts konsequent weiter, so wäre jeglicher Manipulation von Internet-Suchmaschinen Tür und Tor geöffnet. Weil die Such-Algorithmen und die dadurch produzierten Trefferlisten nicht perfekt sind, soll es auf die „zusätzliche“ Verfälschung durch manipulierende Meta-Tags auch nicht mehr ankommen.
Risiko der Rufschädigung für Markenhersteller
Eine solche Rechtsprechung ist zunächst ein Problem für die Inhaber der betroffenen Marken. Der mit viel Aufwand geschaffene gute Ruf und der Wert des Kennzeichens werden von Dritten ausgenutzt und womöglich sogar beschädigt, wenn die Suche nach der Marke zahlreiche Konkurrenz-Angebote oder sonstige unerwünschte Treffer liefert. Ebenso groß ist das Problem der Suchmaschinen-Betreiber, bei denen das Vertrauen ihrer Nutzer und damit ihr gesamtes Geschäftsmodell gefährdet sind, wenn die Trefferlisten nach Belieben manipuliert werden dürfen. Es ist zu befürchten, dass die weniger seriösen Unternehmen im Bereich Suchmaschinen-Marketing das Urteil zum Anlass nehmen, ihre „Bemühungen“ um die Manipulation der Trefferlisten jetzt noch weiter zu verstärken.
Bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs OLG Düsseldorf meiden
Die Inhaber von betroffenen Markenrechten sollten sich durch das Urteil nicht davon abhalten lassen, sofort rechtliche Schritte gegen solche Missbräuche ihrer Marke einzuleiten. Die Entscheidung aus Düsseldorf steht im Widerspruch zu älteren Entscheidungen anderer Gerichte, die in vergleichbaren Fällen eine Markenverletzung oder zumindest einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht bejaht haben. In einem Parallelfall ist derzeit ein Revisionsverfahren beim höchsten deutschen Zivilgericht in Karlsruhe anhängig, das im Verlauf der nächsten Monate über die Zulässigkeit und die rechtlichen Grenzen des Suchmaschinen-Marketings entscheiden wird. Wer seine Marke im Internet bedroht sieht, muss aber nicht auf diese Entscheidung warten, sondern sollte schon jetzt tätig werden – allerdings nicht in Düsseldorf, sondern wenn möglich vor einem der anderen deutschen Gerichte.
Keyword-Manipulation bei Kleinanzeigen in Deutschland verboten
Bei Suchmaschinen spielen fremde Markenrechte nicht nur bei der Manipulation von Trefferlisten eine Rolle, sondern auch bei der suchwort-gesteuerten Schaltung von Kleinanzeigen, Bannerwerbung oder sonstigen „sponsored links“. Ein Beispiel ist der folgende Screenshot von Google, wo die Suche nach „Prada“ zu einer Kleinanzeige für die Produkte von Marc O´Polo führt:
Wer sich in dieser Weise an die Marken seiner Konkurrenten anhängt, bewegt sich wie bei der Manipulation von Trefferlisten auf sehr dünnem Eis. Bereits im Jahr 2000 hat das Landgericht Hamburg in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Keyword-gesteuerte Werbung bei fremden Marken ein sittenwidriges „Abfangen von Kunden“ und damit verboten ist.
Autor: Thomas Schafft, Rechtsanwalt im Münchner Büro der internationalen Sozietät Lovells
eingestellt am 2. April 2004