Untersuchungen und Langzeitbetrachtungen über Marken des täglichen Gebrauchs beweisen, dass nur solche Produkte und Marken beständig bleiben in der Akzeptanz der Verbraucher, die sich in ihrer Leistungskraft ständig erneuern.
Irrelevanter Innovationsballast
Die Marke Deutschland, mit ihrer über Jahrzehnte bewunderten, perfekten infrastrukturellen Performance läuft jedoch Gefahr, die innere Erneuerung ihrer Vorteile nicht mehr ernst zu nehmen und die Probleme dadurch lösen zu wollen, dass man ein vermeintlich kurzfristig attraktives neues Thema anschneidet.
Große Marken haben leidvoll erfahren, wie problematisch es sein kann, wenn man Wachstum und Attraktivität fast ausschließlich darüber erreichen will, immer neue Sortimente an die Kernsortimente anzuhängen. Nivea hat jüngst den erfolgreichen Weg zurück geschafft, indem es
sich vom irrelevanten Innovationsballast befreit hat.
Die aktuelle Politik beschert der deutschen Bevölkerung ein neues Thema nach dem andren: „Kita“, „Euro-Rettung“, „Frauenquote“, „Energiewende“, „Schulreformen“ – die Liste ist endlos, ein irrelevanter Innovationsballast.
Diese politischen „Line Extensions“ mögen im Einzelfall noch einen Rest an sachlicher Begründung haben, aber in der Summe schwächen sie den Markenkern Deutschland. Sie stärken ausschließlich die Absicht politischer Kräfte, der Gesellschaft ein Verhalten aufzustempeln,
die aus dem Parteiprogramm entsprungen sind und nicht aus der Fürsorge für unseren Staat.
Im politischen Marketing geht es nicht mehr um das Wohl des Staates
Und durch die Vernachlässigung der Wettbewerbs- und Leistungskraft unserer Marke Deutschland schwächen wir systematisch den Glauben an die gute Zukunft. Laut einer repräsentativen Studie von „rheingold salon“, glauben 80 Prozent der Bevölkerung, dass wir auf eine „unheilvolle Zukunft“ zusteuern.
Es geht im politischen Marketing der Parteien nicht mehr um das Wohl des Staates, sondern um das Wohl der jeweiligen Partei. Dabei wird völlig unterschätzt, dass die Gesellschaft durch die Vielfalt, fast nicht mehr bezahlbarer Wohltaten, geschwächt wird. Wie diejenigen Marken, die durch wildes Aneinanderreihen von Produkten glauben, damit nachhaltiges Wachstum zu erzielen und damit nur ihre eigene Wertezersetzung beschleunigen,
so driftet Deutschland in eine schwierige Situation.
Deutschland braucht ein neues „Politik-Design“ für die neue Stärkung der Marke Deutschland. Konzentration auf die eigenen Stärken. Selbstbewusste Behauptung eigener Interessen. Liberale, demokratische Auseinandersetzung und nicht ideologische Programmatik. Das Tragische ist, dass die Gesellschaft inzwischen vergiftet ist vom süßen Gift der Wohltaten und der Bequemlichkeit. Und dass das „Gutmensch-Dasein“ inzwischen zu Wahlverhalten führt, das glücklich verblendet ist vom Weg in eine sozialistische Meinungs- und Verhaltensdiktatur und Nirwana gleichzeitig. In der Sprache der Markenartikler heißt diese Situation Markenerosion.
Aus dieser zunehmend geschwächten Position der ausschließlich sozialromantisierenden Beschäftigung mit sich selbst, werden die Konsequenzen, der neu aufgeflammte „Krieg der Kulturen“ und der Integrationsdruck immer schwieriger zu begreifen und Antworten schwieriger zu finden. Wie reagiert die Gesellschaft darauf?
Oft, wie auch in den USA mit Multikulturalismus und übergroßer, politischer Korrektheit. In der muslimischen Welt zum Beispiel gibt es solche Hemmnisse nicht. Man ist sich seiner Identität sicher.
Unscharfe Identität
Die Identität Deutschlands ist zunehmend unschärfer geworden, so dass man sich dessen nicht mehr sicher sein kann. Das gilt im Übrigen genauso für die europäische Identität. Deutschland ist Teil Europas und sollte es auch bleiben. Aber mit einem auf das Wesentliche und Zukünftige konzentrierten „Markenkern“.
Liebe Politiker aller „Couleur“ – denkt ‘mal bitte für die nächsten Jahre nicht an Euch und Eure Partei, sondern an das Land, das Ihr regieren wollt.
Und seid mal ehrlich in der Interpretation der Umfrageergebnisse. Keiner hat mehr Lust, Euch zuzuhören, außer den Journalisten, die ihre Sendezeiten voll kriegen müssen. Keiner hat Lust, irgendeinen von Euch zu wählen. Die Wahlbeteiligung sinkt von Wahl zu Wahl. Keiner will mehr, dass Ihr die Banken benutzt, um Eure Parteitagsziele zu finanzieren. Und jeder spürt, dass „etwas faul ist im Staate Dänemark“.
Über den Autor: Peter Maeschig ist CEO der Design For Business AG. Die Agentur mit Sitz in Düsseldorf bietet ganzheitliche Konzepte für die zielgruppenrelevante Inszenierung von Marken.