Marken in der Bastelstube: Nur Logo-Symbolik reicht nicht

Viele Unternehmen müssen im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung ihre Geschäftsmodelle in die Zukunft transformieren, um dauerhaft erfolgreich zu bestehen. Interessant dabei ist, dass in dieser Phase Marken anscheinend gerne das eigene Logo als Fortschrittssymbol überarbeiten.
Branding
Marke und Produkte: Es genügt nicht, einfach nur neue Modelle zu lancieren, sondern es ist ganz entscheidend, wer als führend wahrgenommen wird. (© Patrik Michalicka (Unsplash))

Ein Paradebeispiel für den Wandel einer Branche ist ganz aktuell die Autoindustrie, die in Zeiten anderer Antriebstechnologien wie etwa dem Elektromotor über das mögliche Ende der Benzin- und Dieselära nachdenken muss. Es geht nicht nur darum, eine Antriebsart durch eine andere zu ersetzen, sondern das gesamte Geschäftsmodell neu zu denken. Genau in dieser Situation haben kürzlich Toyota, VW, BMW, Opel oder Nissan jeweils ihr Logo überarbeitet. Aus Markensicht sind dabei die Aussagen des Managements fast interessanter als die Logoveränderungen selbst:

  • Toyota: „Wir haben das neue visuelle Design der Marke mit Blick auf Morgen entwickelt“, sagt Didier Gambart, Vice President, Sales, Marketing & Customer Experience bei Toyota Motor Europe. So geht es laut Medienberichten Toyota vor allem darum, dass man damit neben einer besseren digitalen Einsatzfähigkeit vor allem auch den Übergang vom reinen Autobauer zum Mobilitätsanbieter vollzieht.
  • VW: „Die Marke vollzieht mit der Formulierung neuer inhaltlicher Ansprüche und neuen Produkten einen tiefgreifenden Wandel hin zu einer bilanziell emissionsfreien Zukunft für alle. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die neue Haltung unserer Marke auch nach außen sichtbar zu machen“, sagt Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands für Vertrieb, Marketing und After Sales. So will VW mit dem neuen Auftritt eine Emotionalisierung der Elektromobilität erreichen.
  • BMW: „Das neue Logo und Brand Design symbolisiert die Bedeutung und Relevanz der Marke für die Mobilität und der Freude am Fahren in der Zukunft“, sagt Jens Thiemer, Senior Vice President Customer & Brand BMW. Das neue Logo verstehe man bei BMW zudem als Einladung an die Kunden, die Marke und ihre Produkte neu zu entdecken und zum Teil der BMW-Familie zu werden.
  • Opel: „Der klassische Kühlergrill spielt bei Elektroautos wie dem Mokka-e kaum noch eine Rolle. Vielmehr integriert der Vizor zukünftige Licht- und weitere Technologien nahtlos unter seiner Hightech-Oberfläche und legt sich schützend über sie“, sagt Mark Adams, Design-Chef Opel. Auch hier will sich die Marke Opel mit dem Redesign ein moderneres und technisches Antlitz verpassen. Zudem soll das Logo auch für „deutsche Präzision“ stehen.
  • Nissan: „Inspiriert haben uns Durchbrüche in Wissenschaft, Technologie und Konnektivität und die damit verbundenen, grundlegenden Veränderungen für unsere Kunden. Wie Sie sich vorstellen können, wirbelten Visionen von Digitalisierung durch unsere Köpfe“, sagt Alfonso Albaisa, Senior Vice President of Global Design bei Nissan. Mit dem Re-Design will Nissan so auch die Entwicklung vom traditionellen Automobilhersteller zum Mobilitätsdienstleister unterstreichen.

Neues Logo, neue Modelle

Natürlich vertrauen dabei die Verantwortlichen nicht nur auf ein „digitalisiertes“ Redesign des Logos, sondern unterstützen diesen Prozess des Wandels oder der Transformation natürlich auch durch neue Elektro- und Hybridmodelle – beziehungsweise deren Ankündigung. Nur genau diese Kombination aus neuen Modellen versehen mit dem alten etablierten Markennamen unter einem modifizierten Logo könnte im Kampf gegen Tesla zu wenig sein.

Dazu sollten wir einen Blick auf Nissan werfen. Eigentlich müsste Nissan aktuell der Elektro-Superstar unter den etablierten Automobilerzeugern sein. Schließlich war der „Nissan Leaf“ über Jahre das meistverkaufte Elektroauto dieser Erde. Der für das neue Nissan-Logo verantwortliche Designer Tsutomu Matsuo Kürzlö erklärte kürzlich: „Unsere Pionierarbeit in den Bereichen Elektrifizierung, Fahrerassistenz und digitale Konnektivität beweist, dass dieser starke Glaube bei Nissan nie ins Wanken geraten ist. All dies vermittelt unser Logo und verdeutlicht damit unser Engagement für Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft.“

All das mag aus Sicht von Nissan dieses Logo vermitteln. Nur wenn man den Markt aus Kundensicht betrachtet, dann steht aktuell nur eine Marke auf dieser Erde für „Elektrifizierung, Fahrerassistenz und digitale Konnektivität“. Und das ist Tesla. Damit sind wir aus Markensicht bei einem ganz wichtigen Punkt: Es genügt nämlich nicht, einfach nur neue Modelle zu lancieren, sondern es ist ganz entscheidend, wer als führend wahrgenommen wird.

Modell versus Marke

Dabei fällt noch eines auf: Außer Elon Musk ist anscheinend niemand (wenn man von einigen Start-ups und China absieht) interessiert, eine Elektroautomarke zu bauen. Die etablierte Autoindustrie gibt sich anscheinend damit zufrieden, dass sie Elektroautomodelle baut. Doch genau das könnte sich künftig bitter rächen. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, lohnt sich ein Blick auf den amerikanischen Batteriemarkt.

Einst war Eveready die meistverkaufte Haushaltsbatterie in den USA. Dann lancierte man die erste Alkalibatterie, die doppelt so lange hielt als die damals üblichen Zinkkohle-Batterien. Natürlich führte das Unternehmen diese neue Batterie als Alkalibatterie von Eveready ein. Die Unternehmenslogik spricht dabei klar für das Konzept „Nutzung des bekannten Markennamens“. Anders sieht es dagegen aus Kundensicht aus. Kunden können neue Kategorien besser abspeichern, wenn diese neue und eigenständige Namen haben.

Genau das passierte auch im Land der Batterien: Sechs Jahre später lancierte P.R. Mallory ebenfalls eine Alkalibatterie. Nur gab das Unternehmen dieser Batterie einen neuen eigenständigen Markennamen, der zudem auch die Positionierung „hält entscheidend länger als herkömmliche Zinkkohle-Batterien“ unterstrich. Die Rede ist natürlich von Duracell. Heute ist Duracell nicht nur in den USA, sondern weltweit die meistverkaufte Alkalibatterie. Ein weiterer Blick auf die Kundenwahrnehmung zeigt: Aus Kundensicht war die Alkalibatterie von Eveready ein weiteres Batteriemodell unter dieser Marke, Duracell wiederum wurde zum Synonym für Alkalibatterien. Übertragen auf die Automobilindustrie heißt das: Der „Nissan Leaf“ war und ist für die meisten von uns nur maximal ein Modell aus dem Hause Nissan. Tesla wiederum ist aktuell das Synonym für Elektroautos.

e-tron als Chance für Audi

So gesehen hat aktuell aus Sicht der Markenführung Audi mit der Submarke e-tron die größte Chance, sich als erste Alternative zu positionieren. Denn e-tron klingt mehr nach einer eigenständigen Serie von Elektroautos als nach einem weiteren elektrifizierten Audi-Modell. Aber damit bleibt trotzdem eine spannende Frage aus Markensicht offen: Warum ist keiner der etablierten Autokonzerne daran interessiert, eine eigene und eigenständige Elektroautomarke zu bauen?

Solange es nur gegen Tesla geht, könnte das vielleicht reichen. Was aber, wenn andere, neue Elektroautomarken am Markt auftauchen – egal ob von einem Start-up oder aus China?

Es mag jetzt vielleicht ein Aufatmen bei den etablierten Herstellern geben, dass die Marke Byton anscheinend Geschichte ist, bevor diese Marke jemals am Markt etabliert wurde. Aber genau das könnte auch der Warnschuss gewesen sein, um doch noch die eigene Marken- und Unternehmensstrategie zu überdenken. Denn neue Modelle mit modifizierten Logos könnten letztendlich im Kampf um die Zukunft zu wenig sein. Fazit: Statt an bestehenden Marken und deren Positionierung und Logos herumzubasteln, sollte man vielleicht eher neue und klar positionierte Marken ins Auge fassen.