Marken-Award 2024 – Die Finalisten: Michael Fritz  

Bis zur Verleihung des Marken-Award am 10. Juni in Düsseldorf stellen wir die neun Finalisten in drei Kategorien vor. Heute Michael Fritz, nominiert in der Kategorie „Markenpersönlichkeit“. 
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Unternehmer, Aktivist, Energiebündel: Michael Fritz folgen knapp 50.000 Menschen auf LinkedIn. (© Viva con Agua)

Michael Fritz hat wenig Zeit: Nicht nur sind seine To-Do-Listen prall gefüllt, ebenso ist es dessen Kopf. denn Ideen sind sein Kapital. Als Social Entrepreneur hat Fritz stets fehlendes Geld mit Kreativität aufwiegen müssen. Bei seinem Herzensprojekt, dem Verein Viva con Agua de Sankt Pauli, hat der 40-Jährige dieses Ungleichgewicht zum Geschäftsmodell gemacht: „Wir hatten nie viel Geld und mussten uns immer Konzepte einfallen lassen, wie Menschen sich engagieren können“, sagt Fritz. Damit hat sich die Non-Profit-Organisation zur Love Brand entwickelt, ohne eine Marke im eigentlichen Sinn zu sein. 

Fritz hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten einen Namen gemacht. Nicht, weil er einem konventionellen Karrierepfad folgte, sondern weil ihm das Unkonventionelle näher liegt. Seine Energie und die Leidenschaft, mit er Projekte verfolgt, brachten ihn aus dem beschaulichen Schwabenland in seine Wahlheimat Hamburg – und tausenden Menschen Zugang zu Trinkwasser. So setzt sich Viva con Agua dafür ein, die Trinkwasserversorgung und Verfügbarkeit sanitärer Anlagen zu verbessern, mit einem Fokus auf Ländern des globalen Südens.  

Seine Jugend beschreibt Fritz als bodenständig und von stabilen Werten geprägt. Es wurde nichts weggeworfen, was noch zu gebrauchen war. Typisch schwäbisch eben. Doch über Wasser als Kernelement für ein menschenwürdiges Leben macht er sich da noch keine Gedanken. „Ich habe damals auch nie über Menschenrechte, Pressefreiheit und Unterschiede nachgedacht.“ Trotzdem sieht Fritz rückblickend seine schwäbische Sozialisierung als Grundsteinlegung für das, was er heute macht.  

Kreativität schlägt Kapital 

n seinen 20ern dann bricht der Drang nach Veränderung durch als er sich zwischen Karriereambitionen und der Freiheit eines Auslandsjahrs entscheiden musste. „Andere gingen nach Australien, ich gründete ein Projekt“, sagt er lakonisch. Dieser frühe Start in eine Laufbahn ohne klare Pfade, ist für ihn der Beginn einer Reise, die ihn über Festivals, durch schlaflose Nächte und in die Herzen vieler Menschen führen sollte.  

Mit dem ehemaligen Pauli-Kicker Benjamin Adrion, den Fritz seit seiner Schulzeit kennt, gründet er 2006 Viva con Agua. Als Fußballprofi verdient Adrion zwar gutes Geld, doch das reicht lange nicht, um große Projekte zu stemmen. Von Anfang an ist klar: Herkömmliche Methoden würden nicht ausreichen, um Viva con Agua zum Wachsen zu bringen. Fritz und sein Team brauchen innovative Marketingmaßnahmen. „Wir mussten konzeptionell arbeiten, um Kommunikationsleistungen umsonst zu bekommen“, erklärt Fritz. „Alles Geld, was am Ende übrigbleibt, ist in meiner Logik gut.“  

Ein zentrales Element dieser kreativen Herangehensweise ist die Einfachheit der Ideen. Die Konzepte sind simpel, strukturell skalierbar und sexy. Die Jugend feiert sie, auch ohne großes Budget. Diese Einfachheit ermöglichte es Viva con Agua, eine breite Masse anzusprechen und sie für ihre Sache zu begeistern.   

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist die Fähigkeit, Menschen auf einer emotionalen Ebene zu erreichen. „Leute werden nur das, was sie geil finden, weitererzählen oder empfehlen,“ erklärt Fritz. Indem sie Projekte und Events schaffen, die sowohl unterhaltsam als auch bedeutsam sind, hat Viva con Agua eine starke Gemeinschaft aufgebaut, die ihre Mission unterstützt und weiterträgt.   

Michael Fritz: „Ich bin privilegiert“   

Obwohl Fritz betont, dass die Organisation weitgehend unpolitisch agieren möchte, sind seine persönlichen Ansichten deutlich politisch geprägt. „Alle, die uns kennen, wissen, wie wir politisch stehen – Nazis sind scheiße“, sagt Fritz ohne Umschweife. Mit vielen Freund*innen in Ländern wie Uganda und Äthiopien ist es für ihn unvorstellbar, rechtes Gedankengut auch nur ansatzweise zu unterstützen.  

Beim Thema Haltung sieht der Aktivist gerade große Marken mit Kapital in der Pflicht. Führungspersönlichkeiten sowie Unternehmen in Deutschland beziehen zu selten Stellung, um soziale und politische Missstände anzuprangern, findet er. „So ein Brief von einem CEO, der gegen Rassismus oder Ungerechtigkeit Stellung bezieht, hat eine größere Wirkung als ein weiterer Post in meiner Social-Media-Blase“, sagt Fritz.  

Trotz seiner klaren politischen Haltung betont Fritz die Bedeutung von Respekt und Empathie in der Kommunikation, besonders wenn es um das Konzept der Augenhöhe geht. „Ich bin kein Fan dieser Augenhöhe, weil es strukturelle Ungleichheiten gibt, die man nicht ignorieren kann“, erklärt er. Auch wenn er versuche, respektvoll und empathisch mit Menschen umzugehen, sei ihm bewusst, dass er aufgrund seiner Privilegien nicht wirklich auf Augenhöhe agieren kann. „Ich habe Zugang zu Ressourcen und Möglichkeiten, die viele andere nicht haben“, gibt Fritz zu.  

Diese Einsicht prägt auch seine Arbeit bei Viva con Agua. Er erinnert sich an die erste Kampagne, die Viva con Agua jemals entwickelte, ohne überhaupt zu wissen, was eine Kampagne ist. Diese entstand spontan, als der Fotograf Marco Fischer prominente Personen wie die Musiker Clueso und Wolfgang Niedecken für ein Projekt fotografierte. „Eigentlich müssten wir noch irgendwas mitnehmen, wie ein Abfallprodukt für Social Media“, denkt Fritz in dem Moment. So entsteht die Idee für das Statement-Schild „Water is a human right“, eine authentische und wirkungsvolle Kampagne.  

Aus dem Glauben an eine fairere Welt und dem Willen, dafür zu kämpfen, ist ein erfolgreiches Unternehmen geworden. Fritz hat bewiesen, wie viel mit Kreativität, Ehrlichkeit und unerschütterlichem Engagement erreichbar ist. Die eigene Komfortzone zu verlassen und neue Wege zu gehen, ist dabei unersetzlich. Doch für ein Leben mit Wasser lohnt sich der Kampf allemal.    

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.