Die LBS zeigt den Stinkefinger. Die provokante Geste, der sich die – mit Verlaub – gute alte Landesbausparkasse in ihrem Kampagnen-Spot von 2022 bedient, zeigt eine Kinderhand: Ein kleines Mädchen verabschiedet sich damit von seiner alten Mietwohnung und macht sich mit seinen Eltern auf den Weg ins neue Eigenheim.
Man erinnert sich sogleich an einen anderen, deutlich älteren Spot, in dem die LBS einmal selbstironisch die Spießigkeit gefeiert hat. Damals sagte schon einmal ein kleines Mädchen zum Schauspieler Peter Lohmeyer: „Papa, wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden.“ Hier nochmal nachzusehen:
Neuer Claim: „Kriegst du hin. Mit uns“
Kern der neuen Kampagne und der neuen Markenpositionierung ist der Claim „Kriegst du hin. Mit uns“ – wohlgemerkt, die LBS duzt zeitgemäß. (Im bekannten LBS-Jingle „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause“ von 1979 bleibt es derweil beim „Sie“.) Mit dem Ergebnis hat sich die Bausparkasse der Sparkassen für den Marken-Award 2023 beworben und wurde von der Jury in den Kreis der Finalisten in der Kategorie „Markenführung“ gewählt. Für diese Kategorie können sich Marken mit einer hervorragenden Strategie und nachweisbarem Erfolg bei einer von ihnen definierten (Kommunikations-)Maßnahme bewerben. Das können strukturelle Cases wie der Aufbau von Markenarchitekturen, erfolgreiche Kundenprojekte oder 360-Grad-Kampagnen sein.
Mit der Kampagne richtet sich das Finanzinstitut gleichermaßen an den Bausparnachwuchs, an Besitzer*innen eigener vier Wände mit Modernisierungswunsch sowie an Menschen, die noch auf der Suche nach ihrer Immobilie sind. Im Zentrum steht dabei nach Angaben der LBS „sich etwas zu trauen“. Die Bausparkasse versteht sich als „Mutmacher“ und ihre 3700 Mitarbeitenden als „Möglichmacher*innen“ für die Wohnträume ihrer bestehenden Kund*innen, bundesweit stolze sieben Millionen, sowie potenzieller Neukund*innen.
„Der Wunsch nach eigenen vier Wänden war nie größer, vor allem bei den jungen Menschen, aber die Zweifel, ob man es schaffen kann, waren auch nie größer – diese Lücke zwischen Wunsch und Zweifel wollen wir als Bausparkasse schließen“, sagt Maik Jekabsons, Vorsitzender des Vorstandes der LBS Norddeutschen Landesbausparkasse und LBS-Fachausschuss Kommunikation und Medien. Sabine Guggemos, Referentin für Kreation und Kommunikation bei der Landesbausparkasse (LBS) Südwest, ergänzt: „Wer Mut machen will, muss auch Mut haben.“
LBS will Lust auf Zukunft machen
Diesen Mut haben die acht regionalen Landesbausparkassen gemeinsam mit der Frankfurter Werbeagentur Huth+Wenzel bewiesen: Erstmals dachte die LBS ihre nationale Dachkampagne und die regionalen Vertriebskampagnen konsequent zusammen und verzahnte beide eng miteinander. Mit der integrierten Kampagne wollte die LBS ihre Marke „wieder mit dem aufladen, wofür sie schon immer steht: Lust auf Zukunft und den Mut, sie eigenhändig zu gestalten“, so die Verantwortlichen.
Das bezieht die Bausparkasse nicht nur auf ihre Kund*innen, sondern auch auf ihre Mitarbeitenden: „Unsere Berater*innen im Vertrieb haben durch die Kampagne mehr Lust, unsere Produkte zu verkaufen“, sagt Goggemos. Welcher Teil der rund 578.000 im Jahr 2022 abgeschlossenen LBS-Verträge auf die Kampagne und welcher auf die gestiegenen Zinsen zurückgeht, lässt sich zwar schwer sagen – dass das einstige Auslaufmodell Bausparvertrag gegenwärtig eine Renaissance erlebt, ist jedoch unbestritten.
Kein Shitstorm für den Stinkefinger
Die Kommunikationsmaßnahmen decken alle relevanten Touchpoints ab: vom TV-Spot und sämtlichen digitalen Kanälen wie YouTube, Instagram, TikTok und Pinterest über Newsletter und diverse Landing-Pages bis zum lokalen Vertrieb mit Broschüren, Mailings und Give-Aways. Mit der Kampagnenentwicklung wurde auch das Corporate Design optimiert. Die Zahlen sprechen für sich: gut 209 Millionen TV-Kontakte, 172 Millionen digitale Kontakte, 326.000 Klicks und knapp 120 Millionen Social-Media-Impressions.
Das Kampagnentracking zeigt, dass die Menschen die Kampagne verglichen mit denen von Wettbewerbern deutlich häufiger mit Attributen wie „jung“, „optimistisch“ und „informativ“ beschreiben. Und statt „nur“ mit Bausparen verbinden die Befragten die LBS jetzt mit konkreten Botschaften zu relevanten Themen wie Nachhaltigkeit und Modernisierung.
Ob der Stinkefinger, ähnlich wie der Spießer, nachhaltig im Gedächtnis bleibt, muss man abwarten. Zumindest hat er die Kund*innen erstmal nicht verschreckt, sagt Huth+Wenzel-Chef Andreas Liehr: „Wir waren auf einen mittelgroßen Shitstorm vorbereitet, der ist aber ausgeblieben.“
Das Glück ist hier einmal mit den Mutigen.