Es ist eine Zahlweise, die heute 188 Millionen aktive Kundenkonten in über 200 Märkten weltweit und in 25 Währungen auf sich vereint. Mit einem einfachen Konto können Zahlungen an Dritte ausgeführt und Zahlungen von Dritten empfangen werden. Dabei fungiert Paypal als Dienstleister für den Transfer. Und auch für Händler selbst gibt es einige Vorteile, den Dienst zu nutzen. Mit der zu integrierenden Zahlungs- oder auch Ratenzahlungsoption können Händler ihren Kunden eine schnelle Bezahlmethode anbieten. Vor allem in Deutschland wächst das Unternehmen, das seit Februar 2004 eine deutschsprachige Paypal-Website zur Verfügung hat. Paypal besitzt eine Basis von 17,2 Millionen aktiven Kunden und hat dazu eine starke Marke mit einer Brand-Awareness von knapp 80 Prozent aufgebaut.
Wir sprachen mit Anja Urlichs, Director Marketing DACH, über ihren Weg zu Paypal, die Skepsis der Deutschen, mobil zu zahlen, und die Zukunft von Fintechs.
Frau Urlichs, Sie tragen heute einen schwarzen Jumpsuit und korallenrote Schuhe. Sie sehen kein bisschen nach einer Bankerin aus. Scheint Trend zu sein. Denn auch die Wall-Street-Bank JP Morgan schreibt ihren Angestellten seit diesem Sommer nicht mehr vor, Anzug und Krawatte zu tragen, es darf ab jetzt „casual“ zugehen. Muss das Bankengeschäft das Biedere und Konventionelle ablegen?
ANJA URLICHS: Bei uns laufen die Angestellten eigentlich nicht im Anzug, mit Krawatte oder mit Business-Röcken rum. Es ist schon eher Casual. Wir haben eigentlich keinen Dresscode, bei uns kommt jeder, wie er mag. Wir sind ein bunter Haufen. In unserem Haus sitzen neben dem Marketing die Rechtsabteilung, die PR, die Entwickler und die Vertriebler zusammen auf insgesamt vier Etagen. Vielleicht ist das auch ein Konzept für traditionelle Banken, um mit der Zeit zu gehen.
Sie sind seit 2003 bei Paypal. Haben aber auch schon in das traditionelle Bankengeschäft reingeschnuppert bei der DVB Bank. Wie waren Ihre Anfänge?
Es war sogar deutlich mehr als nur ein Reinschnuppern. Ich habe eine klassische Bankausbildung gemacht und ganz fundiert alles über das Geschäft gelernt, bevor ich angefangen habe zu studieren. Die Eltern sagten: „Mach was Solides“, also habe ich das gemacht. Ich habe mich aber schon immer für das Bankengeschäft und für Money-Movements interessiert. Ich wusste danach schnell, dass ich noch die Welt sehen wollte, und habe deshalb im Anschluss noch ein internationales Studium absolviert.
Wie war Ihre erste Berührung mit Fintechs?
Ich bin über meinen ehemaligen Chef bei Paybox, einem Mobile-Payment-Anbieter, zu Paypal zu gekommen. Als er zu Paypal wechselte, hat er mich mitgenommen. Paypal saß damals in Dublin. Da habe ich mich einfach in den Flieger gesetzt und bin dann dort geblieben. Da war ich wirklich sehr spontan. (lacht) Am Puls der Zeit zu sein, für ein Start-up zu arbeiten und etwas für den Kunden zu tun, hat mich sehr gereizt. Und wie Sie sehen, bin ich immer noch hier.
Was ist der größte Unterschied zwischen den klassischen Banken und den Fintechs?
Zu Anfang habe ich in der „Deutschen Verkehrsbank“, einer Eisenbahner-
Bank, gearbeitet. Da konnte der
Kulturschock gar nicht größer sein. Damals gab es klare Strukturen, klare Arbeitszeiten, klare Hierarchien. Das war wirklich ein sehr krasser Unterschied. Wenn ich mir aber nun Fintechs und Banken anschaue, dann stelle ich fest, dass Banken sich sehr stark auf Regulierungsthemen konzentrieren und sich hiervon treiben lassen. Bei Fintechs sieht man im Unterschied dazu eine sehr starke Fokussierung auf den Kunden, woraus sich im Ergebnis eine ganz andere Ausrichtung ergibt.
Sie bekommen Konkurrenz aus der Branche. Nicht nur, wenn es um die lockere Kleidung geht. Angst davor?
Die Payment-Branche ist ein großer Markt, und da bewegt sich immer viel. Der Markt bietet viel Raum für verschiedenste Anbieter. Letzten Endes ist es der Konsument, der entscheidet, mit welchem Anbieter er zahlen will, und der Händler entscheidet, welche Zahlungsanbieter er auf seiner Seite integriert. Die präferierte Zahlungsmethode der Deutschen ist immer noch die Rechnung. Danach kommt schon Paypal. Der wichtige Punkt, um als Zahlungsdienstleister erfolgreich zu sein, ist der Aufbau einer breiten Kunden- und Händlerbasis.
Haben die Banken den Digitalisierungstrend bereits verpasst?
Das Thema ist nicht neu und die Banken unterhalten sich schon seit Jahren über Systeme wie Paypal. Je nach Struktur eines Unternehmens kann der Prozess aber immer länger dauern. Wer kommt wann mit welcher Lösung auf den Markt? Darauf wird im Markt genau geachtet. Jetzt gerade passiert wahnsinnig viel, und deswegen ploppen die ganzen Fintechs auch hoch.
In Kopenhagen bezahlen Sie auf den Foodmärkten sogar den Smoothie mit dem Smartphone, da kam ich mir mit meinem Bargeld ganz doof vor. Warum sind skandinavische Länder, wenn es um mobiles Bezahlen geht, weiter vorne als Deutschland?
Sie hatten Glück, dass Sie überhaupt noch mit Bargeld in den skandinavischen Ländern bezahlen konnten. Weil hier ein ganz starker Trend zum bargeldlosen Bezahlen zu sehen ist. Da gibt es riesengroße Unterschiede zwischen Deutschland und den skandinavischen Ländern. Als wir noch von Mobile-Payment geträumt haben, konnte man in Kopenhagen die Coke am Automaten schon mit dem Smartphone bezahlen. Das Bezahlverhalten und die Einstellung zum Thema Bargeld ist dort einfach ganz anders. In Schweden ist die Kreditkartenpenetration höher als in den USA, und dort ist sie schon wahnsinnig hoch. In Deutschland besitzen gerade mal gut 20 Prozent eine Kreditkarte. In Schweden kann man die Brötchen und die Zeitung vom Kiosk mit der Kreditkarte bezahlen. Die Nutzung und die Akzeptanzstellen sind einfach da. In Dänemark wurde im letzten Jahr die Bargeldpflicht abgeschafft, und auch dort dominiert die Kartenzahlung. Bargeld ist lästig, man muss es verwalten und es ist schwer, es ist teuer und es gibt – beispielweise in den skandinavischen Ländern – Shops, wo man nur mit Karte bezahlen kann. Davon träumen wir hier noch.
Da sind wir also noch relativ konservativ in Deutschland?
In Berlin muss ich Bargeld in der Tasche haben, weil ich sonst mein Abendessen nicht bezahlen kann. Wenn wir uns den deutschen Markt anschauen, liegt der Bargeldanteil im deutschen Handel immer noch bei etwas über 50 Prozent.
Wie spricht man junge Mobilnutzer richtig an?
Die jungen Mobilnutzer sind offener, weil sie flexibler sind. Aber eigentlich haben alle Mobile-Mover ein größeres Faible dafür, mobil zu bezahlen oder mobil zu shoppen. Sie sind unterwegs, und damit muss das Bezahlmittel auch ihren mobilen Bedürfnissen angepasst sein.
Grundsätzlich sehen wir uns hier mit einem klassischen Henne-Ei-Problem konfrontiert: Zum einen haben wir einen hohen Bargeldanteil, und die Deutschen lieben Bargeld. Selbst wenn ich es will, habe ich nicht die Möglichkeit, überall mit dem Handy zu bezahlen. Es mangelt schlicht und einfach an Akzeptanzstellen.
Haben Sie da ein Beispiel?
Taxifahren. Wenn ich nach London fliegen muss, rufe ich mein Taxi mit der Mytaxi-App und kann mobil bezahlen, denn ich habe das Bargeld nicht im Portemonnaie. Komme ich zurück nach Deutschland und habe kein Bargeld dabei, wird es schon schwierig. Denn immer noch haben nicht alle Taxen die Möglichkeit, dass ich mit Karte, geschweige denn mobil bezahlen kann. Da bekommt man dann auch ganz oft einen Anraunzer, wenn man kein Bargeld dabeihat.
Insofern würden viele Menschen die Möglichkeit des mobilen Bezahlens sicher gerne nutzen, aber dann haben wir wieder die Herausforderung mit den Akzeptanzstellen.
Wie kann man das denn ändern?
Wir helfen unseren Händlern dabei, ihren Onlineshop für mobile Geräte zu optimieren. Wir wollen das In-App-Processing-Payment auch einfacher machen und bieten das unseren Kunden an und stehen ihnen beratend zur Seite. Wir wollen der Partner an der Seite der Händler sein und wollen ihnen helfen, sich auf die jetzige Generation, die Digitalisierung und die Zukunft besser vorzubereiten. Wir setzen auch stark auf sogenannte Mobile-Disruptors, das heißt auf Anbieter wie Mytaxi, Pizza.de oder Lieferheld, die oft sehr stark Mobile-optimiert arbeiten. Wenn ich abends auf der Couch liege und eine Pizza will, dann hol ich mir nicht den Rechner, sondern mache alles über das Smartphone, bestelle und bezahle darüber. Der gute Mensch, der mir die Pizza liefert, bekommt dann noch ein wenig Trinkgeld und „gut ist“. Der Rest kann doch komplett digital laufen. Das ist doch die Zukunft.
Wie sieht die Zukunft von Paypal im Jahr 2017 aus?
Grundsätzlich verraten wir nichts über unsere Zukunft. Das soll ja auch eine Überraschung für den Markt sein. Wir haben vor Kurzem unsere neue Ratenzahlungslösung eingeführt, und das war ein hartes Stück Arbeit und ich bin froh, dass wir sie jetzt haben. Ganz allgemein konzentrieren wir uns darauf, dass Paypal für Kunden ihr „Bezahlfreund“ wird. Die Zukunft ist „das neue Geld“. Paypal ist bereits heute weit mehr als reines Onlineshopping und mehr als nur ein Button auf einer Website. Wir sind eine Bezahlmöglichkeit, die jeder von uns in immer mehr Lebensbereichen und -situationen nutzen kann.