Elle Darby versteht die Welt nicht mehr. Die 22-jährige YouTuberin wollte den Valentinstag mit ihrem Freund in Dublin verbringen – in einem Luxushotel. Kurzerhand schrieb sie den Hotel-Manager Paul Stenson an und schlug ihm vor, sein „umwerfendes Hotel in meinen YouTube-Videos, Instagram-Stories und Posts zu erwähnen, um dem Hotel Aufmerksamkeit zu bringen“. Im Gegenzug solle Stenson ihr den fünftägigen Aufenthalt gratis gewähren.
Hotel-Manager versus Influencerin
Darby, die vor allem zu Beauty- und Fitnessthemen postet, hat sowohl bei YouTube als auch bei Instagram über 80.000 Follower, Aufmerksamkeit wäre dem Hotel also sicher gewesen. Dennoch war Paul Stenson alles andere als begeistert von der Anfrage der Influencerin und schrieb verärgert zurück: „Danke für deine E-Mail, in der du nach kostenloser Unterkunft im Austausch für Publicity fragst. Es braucht ganz schön viel Mut, so eine E-Mail zu schreiben, dafür nicht besonders viel Selbstachtung und Würde. Wenn ich dich hier für ein Video übernachten lasse, wer bezahlt die Mitarbeiter, die sich um dich kümmern? Wer bezahlt das Housekeeping, das dein Zimmer putzt?“
Der Schlagabtausch und eine aufgelöste Bloggerin
Stenson postete seine Antwort bei Facebook und veröffentlichte außerdem Darbys Anfrage. Kurz darauf kündigte er in einem zweiten Posting an, generell niemals mit Influencern arbeiten zu wollen.
Zwar schwärzte Stenson in seinem Posting Darbys Namen und ihre Mail-Adresse, doch es dauerte nicht lange, bis die ersten Social-Media-Nutzer herausfanden, um wem es sich handelt. Die Influencerin reagierte daraufhin und zeigte sich in einem YouTube-Video ratlos und aufgelöst. „Als ein 22-jähriges Mädchen, das von zuhause aus ihr Business führt, glaube ich nicht, etwas Falsches getan zu haben“, sagt sie darin unter Tränen.
https://www.youtube.com/watch?v=g8zElbN2_hg
In den sozialen Netzwerken sorgt der öffentliche Streit für massive Aufmerksamkeit; beide Parteien werden von Verteidigern der jeweils anderen mit Kritik und Spott überschüttet. Doch abgesehen von diversen Shitstorms ist der Fall vor allem deshalb brisant, weil er sowohl die Schwächen und Tücken des Influencer Marketings offenlegt als auch das mangelnde Verständnis auf beiden Seiten.
Sind Influencer gute PR?
Dass Ellen Darby naiv behauptet, nicht zu wissen, was sie falsch gemacht haben soll, lässt tief blicken. Und dass Hotels oder Reiseveranstalter Influencer gern als PR-Schleuder nutzen, ist spätestens seit der wohl für beide Seiten äußerst lukrativen Kooperation zwischen Deutschlands erfolgreichster Beauty-Bloggerin Bibi und Neckermann allseits bekannt. Doch dass Darby in ihrer Mail nicht mal ein Geheimnis daraus macht, dass sie die Reise aus privaten Gründen – nämlich einer Valentinstagsreise mit ihrem Freund – plant, wirkt vor allem dreist. Dass sie gar im Vorfeld verspricht, das Hotel positiv zu erwähnen, ohne überhaupt einmal dort gewesen zu sein, lässt den Verdacht der Willkür aufkommen und bestätigt gleichermaßen das Vorurteil mangelnder Authentizität und Glaubwürdigkeit der jungen Social Media Stars. Die Selbstverständlichkeit ihrer E-Mail und ihre schockierte Reaktion auf die Absage lassen außerdem vermuten, dass diese Herangehensweise und das Tarnen von privatem Vergnügen als ernstzunehmendes Marketing tatsächlich gang und gäbe in der Influencer-Szene ist.
Schon seit Monaten wird auch in Deutschland der Einfluss des Influencer Marketings diskutiert. Auf vielen Social Media Kanälen war und ist oftmals nicht klar, wo Marketing aufhört und Schleichwerbung anfängt. Im August des vergangenen Jahres verurteilte das Oberlandesgericht Celle die Drogeriekette Rossmann wegen Schleichwerbung durch einen Influencer. Das Gericht urteilte, dass werbliche Instagram-Posts „auf den ersten Blick“ erkennbar sein müssen.