Die Sieger des diesjährigen Marken-Award wurden von einer hochkarätig besetzten Jury in einem aufwendigen Bewerbungsverfahren ermittelt. „Der Marken-Award 2012 zeigt wieder die ganze Breite und Klasse der Markenführung in Deutschland, über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg“, sagt absatzwirtschaft-Chefredakteur Christoph Berdi. „In vielen Bewerbungen und letztlich auch bei den Gewinnern geht es um den Umgang mit der Tradition. Es ist spannend zu sehen, wie das gelöst wurde, auch um den Preis, die eigene Geschichte aufzugeben.“
Hier gibt es die ganze Bildergalerie zum Marken-Award 2012.
Schon gemacht? Das große Marken-Award-Quiz!
Die Jury wählte Ergo auf Platz eins, weil der Konzern in einem Aufsehen erregenden Prozess den Namen der Holding zur übergreifenden Marke aufgebaut und erfolgreich ein neues, kundenorientiertes Image kreiert hat. Dabei hat sich Ergo nicht nur von seinen Vertriebsmarken Victoria, Karstadt-Quelle und Hamburg Mannheimer verabschiedet, sondern auch von der beliebten Werbefigur „Herr Kaiser“. Dieser radikale Schwenk in der Markenstrategie und die dazu konzipierte Werbekampagne „Versichern heißt verstehen“ waren in Fachkreisen umstritten. Erschwerend kam der zu jener Zeit bekannt gewordene Skandal um die Lustreisen des Hamburg-Mannheimer-Vertriebs hinzu. Doch ein Blick auf die Kennziffern überzeugte die Marken-Award-Jury und gibt den Ergo-Markenstrategen recht: Die gestützte Markenbekanntheit beispielsweise explodierte förmlich von 21,3 Prozent auf 72,6 Prozent nach der Kampagne (Icon Added Value). Im weltweiten Ranking der wertvollsten Marken taucht Ergo erstmals auf (BrandFinance Global) – mit einem stolzen Wert von 2 561 Millionen US-Dollar.
Ergo gewann vor den ebenfalls als Finalisten nominierten Marken Moneyfix und Right Guard. Die Deutsche Kautionskasse konnte mit Moneyfix Mietkaution eine Marke aufbauen, die den Verbrauchern ein erklärungsbedürftiges Produkt verständlich näherbringt, indem sie als Problemlöser positioniert wird. Mit Right Guard etablierte Henkel eine dominante Deomarke für Männer zu einem Premiumpreis im Handel – und das in einem Segment, das als überbesetzt gilt.
Verschwunden, aber nie vergessen: Lurchi, die Kultfigur aus Kindertagen aus dem Hause Salamander, erlebte dank Markenrelaunch ein gefeiertes Comeback in einem komplett erneuerten Lebensraum. Nachdem eine eigene Schuhkollektion ebenso fehlte wie die Präsenz im Fachhandel und eine moderne Markenführung, wagte Salamander 2010 nach der Übernahme durch die ara AG den Wiederaufbau der Marke. Lurchi sollte fortan für Kindheit stehen, „wie sie sein soll: unbeschwert und frei.“ Wesentlicher Schritt zum Neuauftritt war eine Schuhkollektion, eingebettet in ein allumfassendes Markenerlebnis – vom Lurchi-POS-Material über einen eigenen virtuellen Marken-Shop bis hin zum Lurchi-Heft und Vorlesestunden. Das Ergebnis der Neupositionierung kann sich sehen lassen: Nach dem Relaunch konnten Umsatz und Ertrag um 200 Prozent gesteigert werden. Die verkaufte Paarzahl stieg von 60 000 auf etwa 230 000.
Lurchi setzte sich gegen Kuschelweich und die Einzelhandelskette Takko durch. Die mittelständische Fit GmbH rettete Kuschelweich nach der Übernahme von Unilever vor der Bedeutungslosigkeit, indem sie den Weichspüler auf Marken- und Produktseite erneuerte – inklusive Kuschelbär als Markenfigur. Mode-Filialist Takko ist gelungen, mit dem Relaunch die Marke aus dem Discount-Segment in Richtung Value-Retailer zu schieben, basierend auf der Idee: Gute Preise und gutes Aussehen müssen sich nicht ausschließen.
Auch der dritte Marken-Award Gewinner zeigt, wie sich Tradition in Werte für Marken und Kunden verwandeln lässt: Mit bewährten Elementen und neuen Sorten dehnte Haus Rabenhorst die Kultmarke Rotbäckchen in ein ganzes Sortiment an Gesundheitssäften. Das bedeutete auch den Abschied vom Medizinimage: Die neuen Sorten positionieren sich als liebevolle Problemlöser für Mütter, die ihren Kindern das Beste geben wollen. Dabei setzt das Unternehmen auf eine Inszenierung als „magischer Gesundheitssaft der Nation“. Während die Kommunikationsoffensive dem Claim „Das Beste weitergeben“ folgte, erschlossen sich Rotbäckchen auch neue Vertriebswege im Lebensmitteleinzelhandel, in Drogerien, Natur- und Feinkostläden. Insgesamt konnte „der Zaubertrank“ so der negativen Entwicklung des deutschen Saftmarktes trotzen: Während hier von 2009 bis 2010 sinkende Umsätze zu verzeichnen waren, stieg der Rotbäckchen-Absatz von 2006 bis 2011 um 801 Prozent, der Umsatz sogar um 811 Prozent.
Mit ihren ebenfalls starken Bewerbungen lagen alle Finalisten in dieser Kategorie dicht beieinander. Letztlich erhielt Rotbäckchen den Vorzug vor Unilever mit Bifi und der Bayer AG. Unilever konnte die Snackmarke Bifi erfolgreich in den Markt für abgepackte Wurst dehnen. Die Jury begeisterte vor allem die Wachstumskurve und das Preispremium. Bayer hat seinen Markenwildwuchs gelichtet und die Dachmarke mit dem weltberühmten Bayerkreuz gestärkt.
Borussia Dortmund ist es gelungen, den Verein als „das intensive Fußballerlebnis“ zu inszenieren – und das nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch in der Markenführung mit dem Claim „echte Liebe“. Die Jury vergibt einen Sonderpreis deshalb, weil die wirtschaftliche Wiedergeburt des 2005 fast insolventen Vereins so eng mit dem sportlichen Erfolg verbunden ist, dass sich die Markenleistung nicht herausrechnen lässt. Unstrittig ist jedoch nach Ansicht der Jury, dass die feinfühlige neue Markenstrategie ihren Anteil daran hat, die Fans hinter dem BVB zu versammeln und dem einzigen deutschen börsennotierten Fußballverein etwas wirtschaftliche Unabhängigkeit vom sportlichen Erfolg zu verschaffen.
Durch die Preisverleihung gestern Abend führte Moderatorin Claudia Kleinert. Prominente aus Unternehmen, Politik und Unterhaltung traten als Paten für die Nominierten in den einzelnen Kategorien auf. Radio- und Fernsehmoderatorin Sabine Heinrich, Entertainer Thomas Hermanns sowie Schüco-Chef Dirk U. Hindrichs (Träger des Deutschen Marketingpreises 2011) führten aus ihrer persönlichen Perspektive in die jeweiligen Themen ein. Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück glänzte mit einer scharfsinnigen Laudatio auf den Sonderpreisträger BVB.
Zur zwölften Verleihung des Marken-Award haben Roland Berger Strategy Consultants und absatzwirtschaft die Studie „Brand Excellence“ (Bezug: www.fachverlag-shop.de/studien) neu aufgelegt. In der zweiten erweiterten Auflage werden die Fallstudien aller 36 Gewinner des Marken-Award (2001-2011) wie Ebay, Nivea oder Jägermeister untersucht und evaluiert. Zusätzlich hat Roland Berger Strategy Consultants mit Unterstützung der Gesellschaft für Konsumforschung die fundamentalen Erfolgsfaktoren der Markenführung herausgearbeitet.
Die Storys der Sieger und Finalisten sowie weitere Informationen zu Auswahl-Verfahren und Juroren sind in der Sonderausgabe „absatzwirtschaft marken“ nachzulesen.
Marken-Award, Sonderausgabe und Deutscher Markenkongress, den das Deutsche Marketing-Weiterbildungsinstitut am 13. März ebenfalls in Düsseldorf veranstaltete, bilden einen stimmigen Marken-Dreiklang. Die diesjährigen Sieger Lurchi, Rotbäckchen, Ergo und BVB (Sonderpreis) reihen sich in eine beeindruckende Galerie der Marken-Award-Gewinner ein:
- Skoda, Aktion Mensch, Hugo Boss und Pringles, Procter & Gamble (2001);
- World of Tui, Ebay, Gerolsteiner und Tenovis (2002);
- BMW Mini, Bacardi Rigo und Langnese Cremissimo (2003);
- Wurzener Nahrungsmittel, Mr. Proper von Procter & Gamble und BMW Z4 (2004);
- O2, Henkel mit Perwoll und DWS Investments (2005);
- HanseNet, Unilever mit Dove und Süddeutsche Zeitung (2006);
- Danone mit Activia, Jägermeister und Hipp (2007);
- GlaxoSmithKline (GSK) mit Formigran, Loewe und Erdal-Rex mit Frosch (2008);
- Landlust, Nivea und Deutsche Bahn (2009);
- Syoss, Em-eukal und Lego (2010);
- Deutsche Telekom, Air Berlin und True Fruits (2011)