Herr Engel, mit Acer haben Sie Platz eins auf dem PC-Markt in Deutschland erobert und HP und Fujitsu Siemens Computers überholt. Wie ist Ihnen das in nur zwei Quartalen gelungen?
STEFAN ENGEL: Wir sind ja schon viele Jahre im Aufwind. Bereits vor zehn Jahren war Acer weltweit etwa auf Rang sieben im PC-Geschäft, damals noch ein rein technologiegetriebenes taiwanesisches Unternehmen ohne großes Marketing-Know-how. Mit der Übernahme von Texas Instruments hat sich das grundlegend geändert. Mittlerweile agieren wir in vielen europäischen Ländern erfolgreich. So sind wir Marktführer in Russland, aber auch in Italien und weiteren acht Ländern in Europa. Wir haben von Anfang an konsequent unser indirektes Vertriebsmodell über Fachhändler umgesetzt und als USP propagiert. Damit haben wir im Gegensatz beispielsweise zu Dell ein starkes Commitment im Fachhandel geschaffen, das uns ein leistungsfähiges Vertriebsnetz garantiert.
Der Aspire one gilt als Vorzeigeprodukt. Wie entwickelt man Netbook-Märkte?
ENGEL: Netbooks sind für uns keine kleinen Notebooks, sondern, gerade mit „embedded“ UMTS-Funktionalität, leistungsstarke Internet-Devices mit Fokus auf Design und Konnektivität. Der Markt lässt sich nach unten abgrenzen gegen Einhand-Geräte wie Blackberry oder iPhone, bei denen aufgrund von Tastatur und Displaygröße die Textbearbeitung oder das Surfen im Internet nur in gewissem Umfang möglich ist. Notebooks dagegen haben mit größerem Bildschirm und DVD-Laufwerk auch ein deutlich höheres Gewicht als Netbooks.
Acer war hier der Pionier der UMTS-Integration. Dank der erfolgreichen Kooperation mit T-Mobile, besserem Design und besserem Vertrieb konnten wir uns bei den Netbooks durchsetzen. In der Masse der Maßnahmen war wohl das Bundling mit Mobilfunkverträgen der entscheidende Faktor, sowohl unsere wie auch die Erwartungen von T-Mobile wurden übererfüllt.
Wie gestalten Sie Ihr Marketing bei Acer? Und wie unterscheidet es sich vom Marketing Ihrer Konkurrenz?
ENGEL: Unsere Entwicklung analysiert intensiv die Anforderungen und Erwartungen unserer Anwender. Daraus resultieren zum Beispiel das Gehäuse-Design oder auch die schnelle Integration neuer Technologien. Daneben sind alternative Vertriebsformen und Kooperationen das belebende Element. Mit dem Mobilfunk-Bundling haben wir praktisch einen neuen Markt geschaffen. Heute verkaufen auch Mobilfunkshops Netbooks. An den Endkunden richten sich unsere verkaufsorientierten Flyer als Beilage in Publikumszeitschriften wie „Focus“. In unseren Anzeigen finden Sie immer ein Gerät und seinen Verkaufspreis. Auf Imageanzeigen verzichten wir dagegen. Einzig für den Aspire one lief ein TV-Spot als Bestandteil einer zentralen Kommunikationsstrategie in fünf Ländern. Wichtig sind für uns auch Instore-Promotions: Unsere Geräte müssen Regalfläche besetzen und im Laden gerne präsentiert werden.
Wie erfolgreich ist Ihre Mehrmarkenstrategie mit Gateway und Packard Bell? Welche Rolle spielen diese noch am Markt, wenn sich alles auf das Wachstum bei Acer konzentriert?
ENGEL: Wir waren der erste IT-Anbieter mit einer Mehrmarkenstrategie. Die Markenpositionierung erfolgt neben der preislichen Dimension auch nach den unterschiedlichen Bedürfnissen und den damit verbundenen Kaufmotiven. Wir verfolgen damit eine komplett andere Strategie der Produktpositionierung als unsere Wettbewerber. Bei unserer Produktentwicklung greifen wir auch auf externes Beraterwissen zurück. So ist die Integration einer Webcam für den Kunden fast schon ein Muss, im B2B-Umfeld allerdings ist die Webcam speziell unter Sicherheitsanforderungen nicht unumstritten.
Wie wollen Sie bei dem ständigen Preisverfall für Rechner Ihre Position behaupten?
ENGEL: Der Preis ist zu 80 Prozent vom Dollar abhängig, bei den Komponenten wird es weitere Preisreduzierungen geben. Ein strategischer Preispunkt für Netbooks liegt bei 299 Euro. Wenn man den besetzt hat, ist für die Konkurrenz ein niedrigerer Preis wie etwa 275 Euro wenig attraktiv. Ich hoffe, dass kein neuer Preispunkt bei 249 Euro gesetzt wird. Lieber erhöhen wir die Attraktivität unserer Angebote zu 299 Euro durch eine bessere Ausstattung wie einen größeren SD-Speicher.
Wie entwickeln Sie bei Acer das Segment Netbooks weiter?
ENGEL: Immer noch wollen die meisten Kunden Windows XP auf dem Netbook haben. Wir hoffen stark auf Linux, weil wir gerade damit eine für dieses Anwendungsprofil optimale Bedieneroberfläche geschaffen haben. Außerdem erwarten wir eine Marktverschiebung zu Modellen mit 10-Zoll-Bildschirmen, die durch vollständige Seitendarstellung ein entspannteres Surfen und Arbeiten erlauben. Den Schritt zu Nettop- und All-in-One-Geräten planen wir derzeit nicht. Wir sehen hier keinen Vorteil zu Desktops und Notebooks. Sollte hier dennoch eine relevante Nachfrage entstehen, könnten wir sehr schnell ein Gerät wie den Gateway One für den europäischen Markt adaptieren.