von Manuela Gemmrig
Verfolgt ein Unternehmen eine so genannte Marktsegmentierungsstrategie, identifiziert es spezielle Käufergruppen – Segmente – und produziert und vermarktet die jeweiligen Produkte je nach deren Bedarfe. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Konsumenten stehen im Vordergrund. Jedes Segment entspricht einem potenziellen Zielmarkt, den das Unternehmen mit einem speziell zugeschnittenen Marketing-Mix bearbeitet.
Die Bestimmung eines potenziellen Zielmarktes erfolgt über eine Segmentierung, die nach geografischen, soziodemografischen, psychografischen und verhaltensorientierten Kriterien erfolgen kann. Voraussetzung für die Segmentierung eines Gesamtmarktes in homogene Teilmärkte ist, dass die Konsumenten dieser unterschiedlichen Segmente gleiche beziehungsweise ähnliche Reaktionen auf den Einsatz der Marketinginstrumente zeigen.
Die Segmentierungskriterien
Eine erste Segmentierung des Marktes erfolgt oftmals auf der Grundlage geografischer Merkmale, die sich in makro- und mikrogeografische Kriterien unterteilen lassen. Zu der makrogeografischen Aufteilung eines Marktes gehören Kriterien wie Bundesländer, Städte, Landkreise oder Gemeinden. Die vom Marktforschungsinstitut A. C. Nielsen vorgenommene Einteilung Deutschlands in Regionen, welche sich an den Bundesländern ausrichten, ist wohl die Bekannteste unter den geografischen Segmentierungsmethoden.
Bei der Aufteilung Deutschlands in die so genannten Nielsen Gebiete berücksichtigen die Marktforscher sowohl demografische, soziale und strukturelle Bedingungen, als auch die Grenzen der Bundesländer, was einen Vergleich mit den offiziellen Statistiken möglich macht. Die durchschnittliche Kaufkraft und das Verbraucherverhalten weisen innerhalb eines Nielsen Gebietes gewisse Ähnlichkeiten auf.
Die mikrogeografische Segmentierung teilt den Markt in Ortsteile, Wohngebiete und Straßenabschnitte auf, welche sich in so genannte Wohngebietszellen unterteilen lassen. Regionale Daten, wie zum Beispiel Infrastruktur, Demografie und Beschäftigungsstruktur lassen sich mit unterschiedlichen Angaben zum Lebensstil verknüpfen. Auf diese Weise ist es möglich, kleinste Marktsegmente zu lokalisieren und
gezielt anzusprechen.
Geo-Marketer vermuten, dass Personen, welche einen ähnlichen sozialen Status, einen ähnlichen Lebensstil und – daraus abgeleitet – ein ähnliches Kaufverhalten haben, in einer Nachbarschaft beziehungsweise in sich gleichenden regionalen Bezirken wohnen. Dies nennt man auch Nachbarschafts-Affinität. Mikrogeografische Segmentierung, oder auch Geo-Marketing genannt, findet immer häufiger Anwendung, da es den großen Vorteil bietet, so genannte weiche Merkmale, wie beispielsweise Lebensstil oder Einkaufsverhalten, mit einem harten Faktor – nämlich den Adressen – zu verknüpfen, und Konsumenten somit zielgenau zu lokalisieren.
Die soziodemografischen Kriterien lassen sich in demografische und sozioökonomische Kriterien unterteilen. Geschlecht, Alter, Familienstand, Haushaltsgröße und die Zahl der Kinder zählen hier zu den demografischen Merkmalen, während Ausbildung, Beruf, Einkommen, und auch die soziale Schicht den sozioökonomischen Merkmalen zuzuordnen sind. Soziodemografische Daten
eignen sich dazu, die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit abzudecken und können einfach und standardisiert erhoben werden.
Oftmals bilden sie die Grundlage von Marktsegmentierung und Zielgruppenbestimmung. Dabei ist das Einkommen eines der am häufigsten genutzten Kriterien und stellt den wichtigsten Indikator für die Kaufkraft der Konsumenten dar. In vielen Branchen segmentieren Marketeers den Markt nach dem Einkommen – beispielsweise in der Automobil-, der Bekleidungs-, der Kosmetik- oder der Touristik-, aber auch der Finanzdienstleistungsbranche.
Ein hohes Einkommen weist jedoch nicht immer auf den Kauf teurer Produkte und Marken hin. Man geht jedoch davon aus, dass stark variierende Einkommen – das heißt extrem hohe oder extrem niedrige Einkommen – häufig stark unterschiedliches Kaufverhalten mit sich bringen. So sind speziell bei preisaggressiven und hochpreisigen Gütern Anhaltspunkte für das Potenzial des Marktes zu finden.
Es ist jedoch festzustellen, dass bei Gütern des täglichen Bedarfs nur ein sehr geringer Zusammenhang zwischen Einkommen und Kaufverhalten besteht. Oftmals ist es so, dass Konsumenten bei bestimmten Produkten dazu bereit sind, viel Geld auszugeben, während sie bei anderen Produkten auf einen niedrigeren Preis achten. Dieses Paradoxon wird auch als hybrides Kaufverhalten bezeichnet.
Das heißt die Verbraucher greifen bei Produkten, die sie für ihren gewünschten Lebensstil als wichtig erachten, zu teureren Varianten, während sie bei für sie weniger wichtigen Produkten die günstigeren Waren erwerben. Speziell dieses Verhalten erschwert es Unternehmen, den Markt nach den jeweiligen Einkommen zu segmentieren, da der Käufer hier „unberechenbar“ reagiert, und somit nicht einteilbar ist.
In der Praxis setzen Marketingprofis meist Kombinationen der unterschiedlichen soziodemografischen Kriterien ein, da jedes Merkmal für sich kaum einen Erklärungsbeitrag zum Kaufverhalten der Konsumenten liefern kann. Bei dem vielfältigen Angebot an Marken und Medien reichen statistische Merkmale jedoch oftmals nicht mehr aus, um die gewünschte Zielgruppe zielgenau und ohne größere Streuverluste zu erreichen. Das Phänomen der soziodemografischen Zwillinge belegt dies anschaulich: Formale Gemeinsamkeiten, eine ähnliche soziale Lage oder Einstellung zu einer bestimmten Marke bedeuten nicht zwangsläufig, dass sie sich auch an den gleichen Werten orientieren.
Die verhaltensorientierten Kriterien unterteilt das Marketing in produkt-, kommunikations-, preis- und einkaufsstättenbezogene Ansatzpunkte. Bei der produktbezogenen Segmentierung zählen Merkmale wie Produktart oder Markenwahl, Verbrauchsintensität und Markentreue. Bei der Produktartwahl zeigt, ob ein Konsument überhaupt als Käufer in Frage kommt, oder als Nicht-Käufer auftritt. Mit Hilfe der Verbrauchsintensität lassen sich Konsumenten zum Beispiel in Nicht-Käufer, Wenig-Käufer und Viel-Käufer einteilen.
Die produktbezogene Segmentierung kombinieren Analysten meist mit anderen Segmentierungskriterien – oftmals psychografischer Natur, da sie erst dann wirkliche Ansatzpunkte zum Einsatz der Marketingmaßnahmen gewinnen. Die kommunikationsbezogene Segmentierung bezieht sich vor allem auf das Nutzungsverhalten der Konsumenten in Bezug auf Medien und auf deren Teilnahme an Kommunikationsprozessen zwischen Personen. Bei der Untersuchung des Nutzungsverhaltens bezüglich der Medien erfassen Analysten zum einen die Art und die Zahl der genutzten Medien, und zum anderen die Intensität der Nutzung.
Die Segmentierung anhand der Teilnahme eines Konsumenten an Kommunikationsprozessen zwischen Personen kann wiederum zu einer Zuordnung zu Meinungsführern beziehungsweise Meinungsfolgern führen. Bei den preisbezogenen Ansatzpunkten lassen sich Merkmale wie der Kauf von Sonderangeboten oder der Kauf in bestimmten Preisklassen nennen. Und die einkaufsstättenbezogene Segmentierung klärt, wo Konsumenten spezielle Produkte beziehen. Hier geht es vor allem um die Frage, welche Betriebstypen die Marktteilnehmer bevorzugen und wie treu sie den jeweiligen Geschäften sind.
Bei den psychografischen Segmentierungskriterien unterscheiden die Experten zwischen Einstellungen, produktspezifischen Kriterien und allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen. Einstellungen gelten als sehr wichtige Zielgrößen des Marketings, da sie das Verhalten der Konsumenten entscheidend bestimmen. Sie sind jedoch schwierig zu ermitteln, meist sind die Basis Motive und das Wissen über das Einstellungsobjekt, wobei Motive in diesem Zusammenhang Bedürfnisse meint.
An dieser Stelle ist auch zwischen generellen und produktspezifischen Einstellungen zu unterschieden: Generelle Einstellungen beziehen sich auf unspezifische Haltungen zu bestimmten Fragen, wie beispielsweise zum Qualitätsanspruch beim Einkauf. Es ist jedoch schwierig auf Basis genereller Einstellungen produktspezifisches Kaufverhalten zu prognostizieren. Im Zusammenhang mit der Lebensstil-Segmentierung kommt ihnen jedoch eine größere Bedeutung zu.
Die Segmentierung nach produktspezifischen Einstellungen hingegen erlaubt einen stärkeren Bezug zum Kaufverhalten der Konsumenten. Hier zählen die Einstellungen der Marktteilnehmer zu speziellen Produktbereichen oder speziellen Produkten. Dabei ist es das Ziel, zu ermitteln, welche spezifischen Produkteigenschaften für den Konsumenten relevant sind. In Kombination mit anderen Kriterien leistet das Kriterium „Einstellungen“ einen wichtigen Beitrag zur Marktsegmentierung.
Grundidee der so genannten Benefit-Segmentierung ist es, die Konsumenten bezüglich ihrer Nutzenvorstellungen in unterschiedliche Segmente aufzuteilen. Messen lassen sich diese auf zwei unterschiedliche Arten: Entweder betrachten die Konsumforscher merkmalsspezifische Einzelbeurteilungen und ermittelt so den Gesamtnutzenwert (Bottom-Up), oder sie nehmen die gesamten Urteile der Befragten zum Nutzen als Datenbasis, um daraus auf die Nutzenbeiträge einzelner Eigenschaften zu schließen (Top-Down).
Aufgrund einiger festgestellter Mängel des Bottom-Up-Ansatzes löst der Top-Down-Ansatz diesen mehr und mehr ab. Multivariate Verfahren, wie beispielsweise die Conjoint-Analyse erfassen Nutzenvorstellungen auf dieser Basis. Die Conjoint-Analyse dient dabei der Messung von Präferenzen und ermöglicht eine differenzierte Analyse des Kaufverhaltens. Die hohe Kaufverhaltensrelevanz der Nutzensegmentierung macht dieses Instrument zu einem geeigneten Tool der Marktsegmentierung.
Einer zunehmenden Beliebtheit erfreuen sich die so genannten Lebensstil-Segmentierungen. Das Kriterium des Lebensstils lässt sich einsetzen, um eine ganze Gesellschaft oder aber auch Einzelpersonen oder Gruppen zu beschreiben. Dabei charakterisiert die Kombination typischer Verhaltensmuster von Personen einen Lebensstil.
Der so genannte Activities-Interests-Opinions-Ansatz macht das Kriterium des Lebensstils messbar – anhand der beobachtbaren Handlungen, des emotional bedingten Verhaltens und der Wertvorstellungen einer Person einerseits, anhand der von ihm ge- und verbrauchten Produkte andererseits. Die so genannten Lebensstil-Typologien beziehen sich darauf, dass bestimmte Merkmalskombinationen häufiger zusammentreffen als andere und fassen diese unter Einbeziehung von erkennbarem Verhalten, das heißt von Lebensstil und Lebenswelt beziehungsweise geäußerten Einstellungen, zusammen.
Marktforschungsansätze zur Zielgruppenbeschreibung und -bestimmung
Es gibt eine Vielzahl von Marktforschungsansätzen zur Zielgruppenbestimmung. Am häufigsten werden in der Kommunikations- und Werbebranche die Roper-Consumer-Styles der GfK – vormals Euro-Socio-Styles, die Sinus-Milieus von Sinus Sociovision und das Semiometrie-Modell von TNS Infratest verwendet.
Die Roper-Consumer-Styles entwickelte die GfK-Lebensstilforschung auf Basis der Euro-Socio-Styles. Sie dienen – im Gegensatz zu den Euro- Socio-Styles – zur weltweit anwendbaren Lebensstil-Segmentierung und stehen aktuell für 38 Länder auf fünf Kontinenten zur Verfügung. Grundlagenstudien ermöglichen seit den 1980er Jahren eine differenzierte und ganzheitliche Betrachtung der Verbraucher. Im Rahmen dieser Studien befragt die GfK jährlich 100 000 Konsumenten zu ihren Lebensstilen, Einstellungen und Verbrauchsgewohnheiten.
Das Marktforschungsunternehmen geht mit seinem Zielgruppenmodell davon aus, dass soziodemografische Daten meist nicht ausreichen, um Konsumentenverhalten zu erklären, und dass es hierfür der Kenntnis persönlicher Werteorientierungen, Erwartungen und Einstellungen bedarf. Als Datengrundlage des Zielgruppenmodells dienen die Roper Reports Worldwide, eine jährliche weltweite Verbraucherstudie. Sie umfasst Befragungen von circa 31 000 Konsumenten in über 31 Ländern, informiert über Lebensstile, Konsum, Marken und Werteorientierung und berücksichtigt auch nationale und kulturelle Unterschiede der einzelnen Länder in hohem Maße.
Die Lebensstile der Roper-Consumer-Styles sind – wie ehemals auch die Euro- Socio-Styles – auf einer Lebensstilkarte angeordnet. Das Basisergebnis der GfK Lebensstilforschung für die Euro-Socio-Styles war die Erkenntnis, dass es zwar kein einheitliches, europäisches Verbraucherverhalten gibt, sich jedoch Bevölkerungsgruppen mit stark differierenden Wertesystemen herausbilden. Diese können die Marktforscher länderübergreifend und unabhängig von Alter und sozialen Abstufungen anhand ihrer Weltanschauungen, Überzeugungen, Kaufgewohnheiten und ihres Kommunikationsverhaltens zu acht unterschiedlichen Lebenswelten verdichten.
Die Sinus-Milieus entwickelte das Heidelberger Marktforschungsinstitut Sinus Sociovision in den 1970er Jahren. Sie gruppieren Menschen, welche sich in ihrer Lebensweise und ihrer Lebensauffassung ähneln. Sie orientieren sich dabei an der subjektiven Wirklichkeit eines Menschen – das heißt an allen wichtigen Erlebnisbereichen des Menschen, die für die Entwicklung und Veränderung von Werthaltungen, Lebensstilen und Einstellungen bestimmend sind. Dies sind beispielsweise Arbeit, Familie, Freizeit und Konsum.
Es fließen jedoch auch soziodemografische Merkmale in die Sinus-Milieus ein. Beispielsweise gibt die y-Achse der Milieulandschaft Auskunft über die soziale Lage der Milieus, während die x-Achse die Grundorientierungen der Konsumenten wiedergibt. Auf diese Weise lassen sich durchaus Informationen eher soziodemografischer Natur – zum Beispiel zur finanziellen Situation – gewinnen.
In den Charakterisierungen der einzelnen Milieus spielt auch die Angabe des Altersschwerpunktes eine tragende Rolle. Das Ziel der Lebensweltforschung von Sinus Sociovision ist es, Wissen um die marktrelevanten Einstellungen und Wünsche der Verbraucher – welche als Teil der Lebenswelt eines Menschen betrachtet werden können – aufzubauen.
Da die Landschaft der sozialen Milieus in permanenter Bewegung ist, werden die Sinus-Milieus in der Regel kontinuierlich und in kleinen Schritten nachjustiert. So haben die Sinus-Forscher beispielsweise herausgefunden, dass der Anteil der traditionellen Milieus schrumpft – von 47 Prozent im Jahr 1982 auf 25 Prozent im Jahr 2005 – während die Segmente der modernen Milieus stetig wachsen. Außerdem entstehen permanent neue Milieu-Studien, wie beispielsweise jüngst die Studie zur deutschen Oberschicht, für die die Researcher aufgrund mehrstündiger Tiefeninterviews sechs Oberschicht-Milieus definierten.
Die Sinus-Milieus lassen sich auch im internationalen Kontext nutzen. Die so genannten Sinus-Meta-Milieus identifizieren länderübergreifende Grundorientierungen, Werthaltungen und Lebensstile, und fassen diese in sieben Milieus zusammen. Dabei stellen die Analysten sowohl Gemeinsamkeiten als auch kulturelle Unterschiede der einzelnen Länder dar.
Dem Semiometrie-Modell des Marktforschungsinstituts TNS Infratest liegt der Gedanke zu Grunde, dass Konsumenten häufig ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Marke weniger aufgrund der funktionalen Eigenschaften, sondern viel mehr wegen der Werte, Lifestyles und Assoziationen auswählen, welche diese vermittelt. Eine Marke – so sagen die Semiometrie-Forscher – wird am ehesten dann gewählt, wenn sie mit den Werten beziehungsweise inneren Überzeugungen des Konsumenten harmoniert, oder eher gesagt, besser harmoniert als ein anderes Produkt.
Marken werden oft unterbewusst gekauft, daher ist die Messung der grundlegenden Wertehaltungen von Konsumenten sehr wichtig. Das Semiometrie-Modell basiert auf einer indirekten Befragungsmethode, mit dem Ziel, unterbewusste Informationen freizulegen. Es soll den Wertekosmos eines Befragten abbilden, wobei die Forscher davon ausgehen, dass das Beurteilen unterschiedlicher Begriffen Wertevorstellungen und spezifische Grundhaltungen des Menschen abbildet. Die semiometrische Analyse vereint die Semiotik – die Lehre von der Bedeutung der Zeichen – mit der Statistik.
Bei dem Modell fragen Forscher die Sympathie zu 210 ausgewählten Begriffen auf einer siebenstufigen Skala von sehr angenehm bis sehr unangenehm ab und analysieren somit Einstellungen, Wertesysteme und Grundhaltungen. Mittels multifaktorieller Analysen fassen sie die Bewertungen einzelner Personen zu interpretierbaren Merkmalsräumen zusammen und weisen sie in einem so genannten semiometrischen Basismapping aus.
Es ist nun innerhalb dieses Basismappings möglich, für jede denkbare Zielgruppe ein semiometrisches Profil zu erstellen, das heißt ihre Wertvorstellungen und Grundhaltungen zu analysieren. Ein statistischen Verfahren verdichtet die 210 Begriffe zu 14 Wertefeldern als eine Form der Darstellung, die die zusammenfassende, psychografische Charakterisierung von Zielgruppen erlaubt.
Marktidentifizierung und Zielmarktbestimmung
Es stellt sich nun die Frage, in welcher Weise die unterschiedlichen Marktsegmentierungskriterien zur Aufteilung eines Marktes eingesetzt werden können. Laut Literatur gibt es hierfür verschiedene Ansätze: Die einstufige Marktsegmentierung legt nur ein Kriterium zu Grunde, die mehrstufigen Marktsegmentierung unterscheidet zwischen der sukzessiven, mehrstufigen Marktsegmentierung und der simultanen, mehrstufigen Marktsegmentierung.
Bei der sukzessiven, mehrstufigen Marktsegmentierung, liegen der Segmentierung zwei oder mehr Kriterien zu Grunde, wobei Martketeers beachten müssen, dass die Auswahl der nachfolgenden Stufen durch die der vorangehenden Stufe bestimmt wird. Problematisch ist hier die Frage der Reihenfolge, in welcher die Marktsegmentierungskriterien verwendet werden. Die mehrstufige, simultane Marktsegmentierung zieht zur Abgrenzung des Marktes zwei oder mehr Kriterien gleichzeitig heran. Die entscheidende Frage ist hier, wie viele Kriterien das Marketing zur Segmentierung einsetzt.
Ist ein Marktsegment durch den Einsatz der Marktsegmentierungskriterien bestimmt, sollte das Unternehmen dieses Segment hinsichtlich seiner Größe und seines Wachstumspotenzials bewerten. Hierbei lässt sich jedoch nicht pauschal sagen, ob die Bearbeitung eines eher größeren oder eines eher kleineren Segments von Vorteil ist. Die Auswahl hängt auch von der Größe des Unternehmens, seiner langfristigen Zielsetzungen und seiner Ressourcen zusammen.
Dabei sollten die Potenziale des Segments mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmen und dazu verhelfen diesen Zielen näher zu kommen. Des Weiteren ist zu überprüfen, ob das Unternehmen über die notwendigen Ressourcen und Fähigkeiten verfügt, um in dem Zielsegment erfolgreich zu sein. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass das Unternehmen den Marktteilnehmern im Zielsegment einen besonderen, wettbewerbstauglichen Kundennutzen anbieten kann, und deren Bedarfe bestmöglich deckt.
Branchenspezifische Zielgruppenmodelle und deren Übertragbarkeit
Zielgruppenprofile werden je nach Branche unterschiedlich beschrieben. Das heißt: Jede Branche nutzt, neben den gängigen Marktsegmentierungskriterien, ihre eigenen Merkmale beziehungsweise Kriterien zur Zielgruppenbeschreibung. Die Beschreibung der jeweiligen Zielgruppen ermöglicht es den Unternehmen einerseits ihre Marketing- und Produktentwicklungsaktivitäten durch das Wissen um die Bedürfnisse der Konsumenten stärker am Kunden zu orientieren, andererseits können Neukunden gemäß den identifizierten Zielgruppenprofilen zielgenau gesucht und beworben werden.
Meist werden zur Neukundengewinnung Adressen potenzieller Kunden von Adressanbietern angemietet. Eine weitere Möglichkeit zur Gewinnung potenzieller Kunden stellt die Adressnutzung zwischen Unternehmen unterschiedlicher Branchen dar. Doch welche Kunden eines Unternehmens sind für ein anderes interessant? Und nach welchem Schema muss man vorgehen, möchte man diese Kunden innerhalb des Datenbestands eines Unternehmens identifizieren?
Ist, gesprochen in Kundenwertmodellen, ein A-Kunde in der Automobilbranche auch ein A-Kunde in der Finanzbranche? Der Schlüssel hierzu liegt in der Frage, ob sich branchenspezifische Zielgruppenmodelle von einer Branche auf eine andere Branche übertragen lassen, um mit Mehrwert Adressen zu nutzen.
Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen unterschiedlicher Branchen ihre Zielgruppen und Kunden primär nach produktspezifischen Kriterien segmentieren. Diese sind für die einzelnen Branchen von großer Relevanz, eignen sich jedoch aufgrund ihrer individuellen Natur nicht zur Übertragbarkeit auf andere Branchen. Zur Überprüfung des Adressdatenbestands eines Unternehmens hinsichtlich potenzieller Kunden für ein anderes Unternehmen bedarf es demnach allgemein gültiger Kriterien zur Zielgruppensegmentierung – es sind Kriterien zu finden, die unterschiedliche Branchen nutzen können, um eine gemeinsame Basis zur Zielgruppensegmentierung zu bilden.
In Anbetracht dieser Nachfrage entwickelte die Zielgruppenforschung ein Verfahren, das mit allgemein gültigen Kriterien arbeitet. Es gilt dabei folgende Fragen zu beantworten: Gibt es eine Schnittmenge von Kunden kooperierender Unternehmen unterschiedlicher Branchen, welche für beide Unternehmen interessant ist und somit beworben werden kann? Ist eine gegenseitige Nutzung von Adressen, beispielsweise. im Rahmen von Empfehlungsmarketing, möglich?
Innerhalb des Verfahrens bewerten die Forscher bestehende Kunden eines Unternehmens in Anbetracht ihrer Eignung als potenzielle Kunden für ein anderes Unternehmen nach einem speziell entwickelten Schema mit Scorepunkten. Bei einem positiven Ergebnis – das heißt, wenn die unterschiedlichen Unternehmen für sich interessante und potenzialstarke Kunden innerhalb der Fremddatenbestände ermitteln können – ist eine gegenseitige Nutzung von Adressen zur Neukundengewinnung möglich.
Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt unter anderem in der Realisierung von Kosteneinsparungen bei der Adressanmietung. Denkbar ist außerdem, dass ein Unternehmen bei seinen Kunden für das branchenfremde Produkt eines anderen Unternehmens wirbt. Der Referenzwert, der durch diese Empfehlung geschaffen wird, ist in diesem Fall ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Autor: Manuela Gemmrig ist Marketing-Consultant bei der Werner Maier Wertsteigerungs-GmbH. Das Unternehmen ist mit seinen drei Geschäftsfeldern Consulting, Partnermanagement und Licensing auf die Wertsteigerung von Unternehmen spezialisiert.
Weiterführende Literatur zum Thema:
Allgayer, F. und Kalka, J. (2007): Zielgruppen – Wie sie leben, was sie kaufen, woran sie glauben. 2. Aufl., Landsberg am Lech.
Allgayer, F. und Kalka, J. (2007): Der Kunde im Fokus. Landsberg am Lech.
Büschken, J. (1994): Conjoint-Analyse. In: Torsten Tomczak und Sven Reinecke (Hrsg.): Marktforschung – Fachbuch für Marketing. Thexis:
St. Gallen, S. 72 – 89.
Freter, H. (1983): Marktsegmentierung. Stuttgart.
Kotler, P., Keller, K. L. und Bliemel, F. (2007): Marketing-Management. Strategien für wertschaffendes Handeln. 12. Aufl., München.
Meffert, H. (2000): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. 9. Aufl., Wiesbaden.
Pepels, W. (1995): Käuferverhalten und Marktforschung. Stuttgart.
Pepels, W. (2000): Marketing: Lehr- und Handbuch. 3. Aufl., München.
Trommsdorff, V. (2002): Konsumentenverhalten. 4. Aufl., Stuttgart.