Lebensmittel-Deklaration: Wo bleibt die Transparenz?

Wenn es ums Essen geht, interessieren sich die meisten für guten Geschmack. Doch viele wollen auch Informationen auf der Packung, wie Tiere einmal gelebt haben. Kommt da noch was bis zur Bundestagswahl?
Lebensmittel
Verbraucherschützer fordern seit längerem mehr Informationen auf den Etiketten – auch damit man sich nicht so stark nach dem Preis richten muss. (© Imago)

Was im Supermarkt in den Einkaufskorb kommt, soll vor allem eins sein: lecker. Viele achten aber zusehends auch darauf, von wie weit her Lebensmittel kommen oder wie die Bedingungen in den Ställen sind. Und das könnte auf den generellen Kurs der Landwirtschaft ausstrahlen. Laut einer am Mittwoch vorgestellten Umfrage für das Bundesernährungsministerium legen Verbraucher besonderen Wert auf regionale Produkte und Angaben zur Tierhaltung auf der Packung. Doch ein lange geplantes staatliches Logo steckt vorerst weiter fest.

Konsumenten achten verstärkt auf Herkunft der Lebensmittel

Ministerin Julia Klöckner sagte, Essen sei „natürlich auch Genuss“. Den Bürgern sei es aber immer wichtiger, wo Lebensmittel herkämen und welche Auswirkungen ihr tagtäglicher Konsum habe. Es gebe sehr hohe gesellschaftliche Erwartungen an die Landwirtschaft. Wichtig sei dabei aber auch Augenmaß, damit Ökonomie, Ökologie und soziale Belange in einer Balance seien. „Wir brauche die Bauern um die Ecke.“

Ernährungsreport von Forsa

Zu Ess- und Einkaufsgewohnheiten liefert ein jährlicher „Ernährungsreport“ frische Daten. Dafür wurden vom Institut Forsa im Januar und Februar wieder rund 1000 Menschen ab 14 Jahren befragt.

Kaufkriterien: Wenn es um die Auswahl von Lebensmitteln geht, sagten 96 Prozent von sich: „Ich kaufe, was schmeckt.“ Dass Produkte aus der Region kommen, ist 82 Prozent wichtig. Dies zählt vor allem bei frischem Gemüse, Obst und Eiern – weniger etwa bei Teigwaren. Wert legen die Bundesbürger demnach auch darauf, dass Gemüse oder Obst gerade Saison haben (78 Prozent). Den Preis nannten 48 Prozent als wichtiges Kriterium, wobei dieser Aspekt unter Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahren mit 60 Prozent eine größere Rolle spielt.

Kennzeichnungen I: Verbraucherschützer fordern seit längerem mehr Informationen auf den Etiketten – auch damit man sich nicht so stark nach dem Preis richten muss. Als Orientierungshilfe für gesündere Produkte kommt inzwischen das Nährwertlogo Nutri-Score auf breiterer Front in die Läden. Der Rechtsrahmen für eine freiwillige Verwendung steht seit November 2020.

In der Umfrage sagten 44 Prozent der Befragten, dass sie das farbige Kennzeichen schon einmal auf einer Packung gesehen haben. Das in Frankreich entwickelte System bezieht neben Zucker, Fett und Salz empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe ein. Heraus kommt ein Wert, der in einer fünfstufigen Skala abgebildet wird: von „A“ auf dunkelgrünem Feld bis zum ungünstigsten roten „E“.

Kennzeichnungen II: Neben vorgeschriebenen Angaben zu Zutaten oder dem Mindesthaltbarkeitsdatum halten viele Bürger weitere freiwillige Packungsinfos für wichtig: Vorn liegen mit 88 Prozent (Vorjahr: 84 Prozent) Angaben zur Tierhaltung. Gewünscht sind laut Umfrage auch Angaben zu umweltverträglichen und fairen Produktionsbedingungen mit je 84 Prozent. Zur Tierhaltung führten große Supermarktketten bereits 2019 eine einheitliche Kennzeichnung für Fleisch ein.

Das Logo mit der Aufschrift „Haltungsform“ hat vier Stufen, beginnend mit Stufe 1 für den gesetzlichen Mindeststandard. Bei Schwein kamen zuletzt 80 Prozent aus Stufe 1, bei Rind 90 Prozent. Bei Geflügel dominiert Stufe 2 – mit 98 Prozent bei Puten und 85 Prozent bei Hähnchen.

Freiwilliges Logo steckt in Koalition fest

Tierwohl-Logo: Für ein staatliches Tierwohlkennzeichen, das eine bessere Haltung oberhalb des gesetzlichen Standards anzeigen soll, hatte das Kabinett im Herbst 2019 einen Entwurf von Klöckner auf den Weg gebracht. Wann es kommt? „Wenn es nach mir ginge: sofort“, sagte die CDU-Politikerin. Seitdem steckt der Plan für ein freiwilliges Logo aber in der Koalition fest. Und bis zur Bundestagswahl im September wird die Zeit knapp. Die Umweltorganisation Greenpeace richtet den Blick schon auf die neue Regierung. Fleisch aus „tierschutzwidriger Haltung“ dominiere weiter das Angebot, oft ohne erkennbar zu sein. Ein weiteres freiwilliges staatliches Kennzeichen schaffe da keine Abhilfe.

Menschen kochen mehr selbst, Fleischkonsum sinkt

Andere Trends: Wohl auch angesichts der Corona-Krise mit Homeoffice und teils geschlossenen Restaurants kochen mehr Menschen „so gut wie jeden Tag“ selbst – nun 52 Prozent nach 39 Prozent in der Umfrage des Vorjahres.

Vegetarisch ernähren sich nach eigenen Angaben zehn Prozent (Vorjahr: fünf Prozent), vegan 2 Prozent (Vorjahr: 1 Prozent). Täglich Fleisch und Wurst essen 26 Prozent, nachdem es 2015 noch 34 Prozent von sich sagten. Hauptgrund fürs Probieren vegetarischer oder veganer Alternativen ist Neugier (71 Prozent), wichtiger geworden ist dafür der Tierschutz (59 Prozent). Beliebt sind sie vor allem bei Jüngeren.

he/dpa