Die Chinesen werden zum reiselustigen Volk. Die Entwicklung der Reiseströme in den vergangenen Jahren zeigt einen immensen touristischen Nachholbedarf der Chinesen. Die Welttourismusorganisation erwartet, dass 2020 ein Viertel aller Europatouristen aus Asien, insbesondere aus China, kommen wird. Folgt man der Prognose der School of Oriental and African Studies an der University of London dann werden mehr als 8,5 Millionen Chinesen zwischen der Algarve und dem Ural Urlaub machen. Das geht aus der Studie „Neue chinesische Touristen in Europa 2017“ von TUI Think Tank in Zusammenarbeit mit dem Kölner Beratungsunternehmen „Z_punkt. The Foresight Company“ hervor. Die Konsequenz: Unternehmen sollten die chinesischen Reisenden bei der Ansprache, dem Einkaufserlebnis und der Gestaltung der Läden nicht vergessen.
Einige deutsche Unternehmen setzen bereits auf den Chatdienst und Allrounder WeChat: Die App hat täglich über 1 Milliarde aktive User. 90 Minuten pro Tag verbringen chinesische User durchschnittlich auf der App und versenden 38 Milliarden Nachrichten sowie 6,1 Milliarden Sprachnachrichten. In der App kommunizieren Marken mit Kunden, dort stärken sie ihre Marke, oder helfen Kunden mit ihren Service-Accounts bei Problemen. Mit der App lässt sich auch bezahlen. Eine der internationalen Firmen, die WeChat bereits lange und ausgiebig im B-to-C-Bereich verwenden, ist Nike. Der Sportartikel-Gigant platziert dort nicht nur Kampagnen – die Nutzer erhalten auch Zugang zu Sporttipps, Events, Laufrouten und Trainingsplänen. Auch deutsche Unternehmen wie Siemens, Bayer oder die BASF haben in China schon länger WeChat-Accounts.
Deutschland rüstet um
Deutsche Unternehmen haben verstanden, dass WeChat für die Ansprache chinesischer Käufer unumgänglich ist:
Ab sofort können chinesische Touristen in Berlin, London, Mailand und Rom das Angebot von Quandoo nutzen und direkt über WeChat einen Tisch in einem der 400 teilnehmenden Restaurants reservieren. Zugegeben, das ist eine noch sehr geringe Teilnehmerzahl, es spricht allerdings vieles dafür, dass WeChat auch hierzulande bald stärker in den Fokus der Marketer rücken wird.
Die Buchungsplattform ist der erste Partner des WeChat Go Europe Mini-Programms aus dem Bereich Gastronomie in Deutschland, Italien und Großbritannien. Ziel der Kooperation ist es, den chinesischen Reisenden über Quandoo einen Zugang zur kulinarischen Welt ihrer Destinationen zu bieten. Dabei können sie von unterwegs sowohl einen Tisch reservieren als sich auch in ihrer eigenen Sprache ausführlich über unterschiedliche Restaurants informieren und qualifizierte Gästebewertungen einsehen.
Das deutsche Fashion- und Lifestyle-Unternehmen Breuninger in Düsseldorf bietet seit Juni die mobile Zahlung mit Alipay und WeChat Pay. Die Apps lassen sich auf jedem Smartphone installieren. So erhofft sich Breuninger, dass in seinen elf deutschen Kaufhäusern gerade chinesische Kunden flexibler und einfacher mit der Mobile-Payment-Methode shoppen.
Auch der Münchner Flughafen hat das Potenzial erkannt. Seit November 2017 können Kunden in 70 Geschäften am Flughafen mit der App des Chatdienstes aus China bezahlen.
Was Unternehmen sich vor der Integration von WeChat allerdings fragen sollten: Sind Chinesen oder chinesische Touristen eine wichtige Zielgruppe? Wenn ja, dann kann WeChat als Kommunikations- und Marketingtool sinnvoll sein.
Was ist WeChat Go Europe?
Das WeChat Go Europe Mini-Programm wurde von WeGoEU, einem Joint Venture des niederländischen Telekommunikationskonzerns KPN und der Sunway Group, einem chinesischen Technologieunternehmen, für WeChat entwickelt. WeChat Go ist eine SIM-Karte für chinesische Touristen, die nach Europa reisen. Neben Sprach- und 4G-Datendiensten bietet das WeChat Go SIM-Kartenangebot zusätzliche Funktionen wie Reiseinformationen, chinesische Videoinhalte, Rabattaktionen und soziale Medien in einer Anwendung. Dazu können Unternehmen über das Programm ihre Angebote direkt im WeChat-Ökosystem ausspielen und mit ihrer Zielgruppe interagieren.