Was sind die wichtigsten Instrumente, mit denen Führungskräfte den Unternehmensalltag steuern? Seit 1993 geht Bain & Company nun schon dieser Frage nach. Alle zwei Jahre wird ein Ranking der Managementmethoden veröffentlicht, die in Unternehmen weltweit am häufigsten zum Einsatz kommen.
An der jüngsten Auflage der Studie nahmen 1268 internationale Führungskräfte teil, darunter 104 aus Deutschland. Von 25 populären Managementtools sollten sie diejenigen nennen, die sie aktuell einsetzen. Geradezu erschütternd: Das Kundenmanagement schafft es nicht mal aufs Siegertreppchen.
In Deutschland dominiert das Kräftemessen mit dem Wettbewerb, gefolgt von altvorderer strategischer Planung und dem längst überholten klassischen Change-Management. Das Kundenmanagement steht auf dem undankbaren vierten Platz, die digitale Transformation liegt abgeschlagen auf Platz sechs. Tja, so wird man die Zukunft wohl nicht erreichen.
Die Kluft zwischen Selbst- und Fremdbild ist groß
Die meisten Manager glauben zwar, sie seien in Sachen Kundenorientierung schon richtig gut. Doch die Kluft zwischen Eigen- und Fremdbild ist riesig. Während nämlich 80 Prozent der Führungskräfte denken, dass ihre Marke die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden kennt, bestätigen das gerade einmal 15 Prozent der Verbraucher, so eine weltweite Studie des IT-Dienstleisters Capgemini.
Selbstüberschätzung und ein verstellter Blick für das, was Kundenorientierung wirklich bedeutet, gibt es im klassischen Management überall. Tradierte Unternehmen hecheln dem, was Interessenten und Konsumenten wünschen und wollen, meist nur hinterher. Demgegenüber hat die Elite der Jungunternehmer schon längst verstanden, dass sich alles, wirklich alles um die Kunden dreht.
Kunden lassen sich nicht an Service, Sales & Marketing wegdelegieren. Jeder im Unternehmen muss sich um deren Wohlwollen kümmern. Ihre Erwartungshaltung steigt täglich. Und sie haben ein Smartphone, ihr Allmachtsgerät. Wem was nicht passt, der ist mit einem „Swipe“ weg. Im Web wird man ständig zur Untreue verführt. „Alles für den Kunden“, lautet also das Credo. Aber ist das nicht völlig normal? Ganz und gar nicht.
Die Unternehmen agieren vor allem selbstfokussiert
Die meisten Unternehmen agieren selbstbezogen und effizienzgetrieben. Tunlichst sollen sich die Kunden in die von den Anbietern vorgedachten Abläufe fügen, umständliche Formalien akzeptieren und im Takt ihrer altersschwachen Software ticken. Heißt: Die Klientel soll ackern, damit man selbst nicht so viel Arbeit hat.
Manche Unternehmen sind richtig gut darin, Vorgehensweisen mühsam zu machen, einem die Zeit zu stehlen und schlechte Gefühle zu verbreiten. Niemand glaube doch bitte im Ernst, dass die Leute sowas noch lange erdulden! Längst liegt die Macht bei den Kunden. Mit ihren Aktionen, bei denen sie sich zu virtuellen Schwärmen verbinden, können sie über Leben und Tod eines Anbieters entscheiden. Heutzutage geht sowas ruckzuck.
Während sich also draußen alles vernetzt, agieren klassische Organisationen noch immer in „Silos“. Aufgaben werden entlang von internen Berichtslinien organisiert anstatt mit Blick auf die Klientel. Zukunftsunternehmen hingegen strukturieren sich entlang der Kundenaufgaben. Aus Kundensicht müssen Prozesse crossfunktional funktionieren und sich reibungslos miteinander verzahnen.
Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen
Die meisten Probleme, die Kunden bekommen, sind Kommunikations- und Koordinationsprobleme: Informationen fließen nicht, Abstimmungsprozesse finden nicht statt, Missverständnisse entstehen. Zudem kommen zwischenmenschliche Konflikte ins Spiel: Kompetenzgerangel, Animositäten, Egoismen, Eitelkeiten, Antipathien. Alles auf dem Rücken des Kunden.
Wer Prozesse zwar optimiert, aber nicht auf die Kundenbedürfnisse abstimmt, wird immer besser darin, das Falsche zu tun. Wirklich kundenorientiert ist nur der, der sämtliche möglichen Ärgernisse vom Kunden zum Anbieter verschiebt, sodass nur noch positive Erlebnisse übrigbleiben. Denn jede kundenrelevante Unannehmlichkeit ist ein Einfallstor für Disruptoren.
Heute erreichen Unternehmen eine Vorrangstellung nicht länger durch das, was sie tun, sondern darüber, wie der Kunde dies wahrnimmt – und was er Dritten dazu erzählt. „Vom Kunden her denken“ wird deshalb zur Pflicht. Dies erfordert eine komplette 180-Grad-Wende: Weg von Inside-out, hin zu einer tatsächlich gelebten Outside-in-Perspektive. Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen.