Kreislaufwirtschaft: Das ist der digitale Produktpass

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist unerlässlich, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Um die Recyclingfähigkeit von Produkten zu steigern, planen EU und Bund, einen digitalen Produktpass einzuführen. Was steckt dahinter?
Die neue Ampelkoalition plant eine "nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie". (© Swapfiets.com)

Ende November legten die SPD, die Grünen und die FDP ihren Koalitionsvertrag für die Jahre 2021 bis 2025 vor. Das 177 Seiten starke Dokument umfasst auch einige Leitplanken für die ökologische Nachhaltigkeit und Ansätze für eine bessere Kreislaufwirtschaft.

„In einer ‘Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie‘ bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns in der EU für einheitliche Standards ein. Anforderungen an Produkte müssen europaweit im Dialog mit den Herstellern ambitioniert und einheitlich festgelegt werden. Produkte müssen langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar sein (…). Wir führen digitale Produktpässe ein, unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung und wahren das Prinzip der Datensparsamkeit“, heißt es beispielsweise im Koalitionsvertrag.

Doch was genau steckt eigentlich hinter dem digitalen Produktpass?

Welches Ziel hat der digitale Produktpass?

Nur wer weiß, welche Metalle, Kunststoffe und weiteren Materialien in einem Produkt verarbeitet sind, kann es später so umfassend wie möglich recyceln.

In einem digitalen Produktpass (DPP) sollen Hersteller deshalb künftig alle Informationen über Herkunft, Zusammensetzung, Reparatur- und Demontagemöglichkeiten eines Produkts dokumentieren.

So können Verwertungsfirmen ausrangierte Geräte besser recyceln – und Kunden sich mithilfe der Informationen bewusster für nachhaltige Produkte entscheiden.

Ab wann ist der Produktpass verbindlich vorgeschrieben?

„Die EU hat in ihrem Green Deal die Einführung eines digitalen Produktpasses bis spätestens 2030 vorgesehen“, sagt José Campos Nave, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Rödl & Partner.

Er könne aber auch früher kommen. „Welche Verpflichtungen sich für Unternehmen daraus ableiten, ist noch nicht absehbar“, sagt der Compliance-Experte. „Dabei ist entscheidend, in welcher Ausprägung Deutschland mögliche EU-Vorgaben umsetzen wird.“

Warum sollten sich Unternehmen schon darauf vorbereiten?

In Grundzügen gibt es bereits gesetzliche Anforderungen, die denen des DPP nahekommen. Als Beispiel nennt Campos Nave das Lieferkettengesetz. „Es verpflichtet Unternehmen, sich damit zu beschäftigen, wo sie welche Materialien und Rohstoffe beziehen und unter welchen Bedingungen diese hergestellt werden.“

Die Unternehmensgröße spielt für den Juristen dabei keine Rolle. „Aus dem Gesetz leiten sich auch Pflichten für kleinere Unternehmen ab.“

Wie hoch ist der bürokratische Aufwand?

Klar ist: Neue Dokumentationspflichten bedeuten mehr Aufwand, den aber spezialisierte Dienstleister übernehmen könnten. Weitaus mehr als den bürokratischen Aufwand fürchten Unternehmen um den Schutz von Betriebsgeheimnissen.

„Wenn ich als Hersteller ein ganz bestimmtes Material in einem Produkt verbaue, kann genau darin mein Wettbewerbsvorteil bestehen“, sagt der Jurist. „Dass durch einen digitalen Produktpass Ge­schäftsgeheimnisse offenbart würden, wäre rechtswidrig.“

Wie kann eine mittelstandsfreundliche Lösung aussehen?

Das Bundesumweltministerium hat bereits die Idee einer zentralen Datenbank skizziert, auf die Nutzer mit unterschiedlichen Rechten per App zugreifen können. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie schreibt in einer Studie:

„Es sollten verschiedene Zielgruppen profitieren, wobei der jeweilige Grad davon abhängig sein wird, welche Gruppen über welche Zugriffsrechte verfügen.“ Neben dem Aufwand betonen die Wissenschaftler bewusst auch den Nutzen.