Die Bekanntmachung der EFSA aus dem vergangenen Jahr ist für die Lebensmittelbranche eine schlechte Nachricht. In einer Studie ist Palm-Öl als möglicherweise krebserregend identifiziert worden, weitere Tests sind angeordnet. Das umstrittene Öl zählt zu den wichtigsten Rohstoffen in der Verarbeitung von Nahrung und ist in Backwaren genauso enthalten wie in Eiscreme, Margarine oder auch in Haushaltswaren und Kosmetik. Für die dahinterstehenden Konzerne heißt es also nun mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass Rezepturen und Herstellungsverfahren geändert werden müssen. Denn der Einzelhandel reagiert bereits: Medienberichten zufolge hat Italiens größte Supermarktkette Coop begonnen, Palm-Öl in den eigenen Markenprodukten zu boykottieren. Breitet sich der Trend aus, droht immenser Schaden. Der Lebensmittelkonzern Barilla soll ebenfalls bereits reagiert und seine Rezepturen umgestellt haben.
Die neusten Entwicklungen sollen aber an der Rezeptur nichts ändern
Palm-Öl hat ohnehin ein nicht wirklich positives Image: Der Schmierstoff gerät immer wieder in die Kritik, weil die Industrie für dessen Herstellung zahlreiche Quadratkilometer Tropenwälder rodet. Konzernen wie Ferrero hat das bislang wenig geschadet. Der Süßwaren-Produzent nutzt Palm-Öl in hohen Dosen für den Brotaufstrich Nutella, der dadurch seine cremige Struktur und glänzende Oberfläche bekommt. Die neusten Entwicklungen sollen aber an der Rezeptur nichts ändern. „Wenn wir Nutella ohne Palmöl herstellen würden, würden wir einen schlechteren Ersatz für das echte Produkt produzieren, das wäre ein Schritt zurück“, sagte Ferrero-Einkaufsleiter Vincenzo Tapella der Nachrichtenagentur Reuters.
Statt Geld in die Suche nach Alternativen zu stecken, pumpt Ferrero lieber Millionen von Euro ins Marketing und startete jüngst eine über sämtliche Marketingkanäle angelegte Werbekampagne. In Fernsehspots wirbt das italienische Unternehmen für Palm-Öl und versichert, dass das vom Konzern verwendete Produkt sicher sei, „weil es aus frisch gepressten Früchten gewonnen und bei kontrollierten Temperaturen verarbeitet wird“. Zudem setze man bei der Produktion auf ein Verfahren mit niedrigeren Temperaturen, damit das Öl keine krebserregenden Stoffe entwickelt.
85.000 Tonnen Palmöl
Ob die Marketing-Kampagne zündet, bleibt abzuwarten. Die Strategie dahinter ist womöglich, dass der Konzern sich die Umstellung auf ein anderes Öl sparen will. Diese würde ihm nämlich teuer zu stehen kommen: Denn die Tonnen-Preise für Ersatz-Öle wie Sonnenblumen- oder Raps-Öl liegen 45 bis 120 Dollar über dem Palm-Öl-Preis. Wie Reuters schreibt, setzt Ferrero jährlich 185.000 Tonnen davon ein. Reaktionen von Verbraucherschützern und Nachhaltigkeits-Organisationen zur aktuellen Kampagne stehen noch aus – nicht auszuschließen, dass sich über Nutella und Ferrero ein Shitstorm zusammenbraut.