Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen in meinem Alter zähle ich Gaming nicht unbedingt zu meinen Hobbys. Als ich gehört habe, dass man im Spiel Forza Horizon die Barbie-Version einer Corvette fahren kann, hat es mir trotzdem ein bisschen in den Fingerspitzen gekribbelt. Den Film mit Margot Robbie hatte ich erst vor kurzem gesehen und irgendwie Lust, selbst einmal das kultige Auto zu lenken.
Diese Verbindung zwischen Marke und Videospiel wirft die Frage auf, wie es um In-Game Ads steht: Wie innovativ ist die Werbebranche, wenn es darum geht, die E-Sport-Welt zu erobern? Immerhin spielen 72 Prozent der 12- bis 19-Jährigen regelmäßig Videospiele.
Viel Langeweile bei In-Game Ads
Die Recherche im Bekanntenkreis, in Internetforen, auf Social Media und beim Selbst-Spielen hat gezeigt: Es gibt erstaunlich viele langweilige In-Game Ads. Die meisten Werbungen, die im Spiel selbst vorkommen, sind eher statisch. Ein gutes Beispiel sind die Werbebanner, die in FIFA entlang des Spielfeldrandes hängen: Sie sind zwar animiert und fügen sich daher zumindest als nicht besonders störend in die Spielerfahrung ein. Sie führen sicherlich auch dazu, dass die Welt realistischer wirkt – im echten Stadion hängen solche Banner schließlich auch. Wirklich innovativ und spannend ist diese Werbung aber nicht.
Interessanter sind da schon einige andere Dinge, die Unternehmen oder Initiativen bezüglich Werbung mit oder in Games anzustellen wissen. Hier ein paar Beispiele für Partnerschaften, die über animierte Banner hinausgehen:
1. Avengers-Figuren in Fortnite
Ähnlich wie eine Barbie und Corvette hat es Marvel mit Epic Games, beziehungsweise Fortnite, gemacht: Passend zum damaligen Kinostart von Avengers: Endgame konnten Spieler*innen sich 2019 im Item-Shop von Fortnite Battle Royale einige Skins sichern. Das sind virtuelle Kostümanpassungen für den gespielten Charakter, die sein Aussehen verändern. Zu den Avengers-Skins zählte neben dem Superhelden Captain America auch der Skin der Agentin Black Widow, der für umgerechnet etwa 15 Euro (1500 V-Bucks) gekauft werden konnte. Er war damals nur etwa zwei Wochen lang erhältlich. Erst im November 2023 tauchte der Skin ein zweites Mal im Shop auf.
Aus Marketingsicht ist eine solche Art des In-Game Advertising eine Win-win-Situation für Epic Games und Marvel. Die Einführung des Marvel-Skins ermöglicht es Spieler*innen, ihren eigenen Charakter dem Stil der beliebten Figur anzupassen. So profitiert Fortnite von der Popularität des Marvel-Franchise, während Marvel seine Marke einer breiten Zielgruppe von Spieler*innen präsentiert.
Epic Games veröffentlicht häufiger Fortnite-Skins, die sich auf In-Game-Events wie das Marvel-Fortnite-Crossover und zeitlich limitierte Angebote beziehen. Nicht selten werden sie dann zu begehrten Sammelobjekten.
2. H&M und Moschino in Die Sims
Neben der Auto- und Filmbranche nutzt auch die Modewelt In-Game Ads, um für sich zu werben: H&M kooperiert bereits 2007 mit „Die Sims 2“. Das Lebenssimulations-Spiel bringt ein Accessoires-Pack heraus, mit dem Spieler*innen ihre Chraktere, die „Sims“, in der aktuellen Kollektion des Textilhändlers kleiden können. Es ist das erste Accessoires-Pack, das Gegenstände einer realen Firma zum Inhalt hat.
Das Konzept scheint zu funktionieren: In Kooperation mit Moschino bringt „Die Sims 4“ im Jahr 2019 ein Fashion-Pack auf den Markt. Dieses beinhaltet nicht nur zum Modelabel passende Kleidung, sondern auch eine Karriere als freiberufliche*r Modefotograf*in. Man kann Fotos von Sims in bestimmten Posen machen, sie zur Abnahme an den Verlag schicken und auf Simstagram posten.
3. Greenpeace mit eigener GTA-Version
Ganz anders hat es Greenpeace 2022 gemacht. Statt etwa ein spielbares Schiff mit dem eigenen Logo auszustatten, hat die Klimaaktivistengruppe gemeinsam mit der Kreativagentur VMLY&R Brazil eine komplette spielbare Karte in Grand Theft Auto (GTA) entworfen, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen.
Los Santos, eine der bekanntesten Städte in der virtuellen Welt, wurde verändert, um die realen Auswirkungen einer 3 Grad Celsius heißeren Erde zu zeigen. Die veränderte Karte „Los Santos +3ºC“ ließ unter anderem das Santa Monica Pier versinken. Die Spieler*innen konnten verschiedene Missionen wie die Rettung von Klimaflüchtlingen erfüllen.
Das Ganze diente der Werbung für die damals neue Petition der NGO. Greenpeace wollte damit Landesregierungen unter Druck setzen, den Klimanotstand auszurufen.
4. Fisherman’s Friend in Minecraft, Fortnite und Super Mario Maker
Auch Fisherman’s Friend weiß Videospiele für sich einzusetzen: Nachdem 2022 bereits über vier Millionen Spieler*innen an der Fisherman’s Friend Gaming Challenge teilgenommen hatten, ging das Online-Event der Pastillen-Marke im letzten Herbst in die nächste Runde.
Gemeinsam mit der Agentur MYI Entertainment hatte das Unternehmen in Minecraft, Fortnite und Super Mario Maker verschiedene Hindernisparcours erstellt. Wer diese durchspielte, konnte Gaming-Zubehör, Geschenkboxen der Marke oder sogar einen Gaming-PC gewinnen.
Dank individualisierter Blöcke tauchte zwar auch hier das Logo von Fisherman’s Friend auf, die Marke war aber insgesamt deutlich präsenter, als sie es etwa mit animierten Bannern gewesen wäre.
Ads in Games vs. Games als Ad
Ob Events, ganze Welten, Kollektionen, Lieblingsfiguren oder Kultautos: Es gibt interessante Möglichkeiten, mit In-Game Ads Gamer*innen zu begeistern und damit eine junge Zielgruppe anzusprechen.
Aber nicht nur Ads in Games sind eine Möglichkeit zu werben, in der Potential steckt. Auch Games als Werbung einzusetzen oder einen sonst eher langweiligen Prozess zu einem Spiel zu machen (Stichwort Gamification) ist eine Möglichkeit, Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Zum Beispiel können jüngere Menschen zur Teilnahme an Umfragen angeregt werden, die für sie sonst nicht attraktiv werden.
So hat MDRfragt im März und April dieses Jahres Menschen in Mitteldeutschland zu ihren Wohnorten befragt. Um herauszufinden, was Menschen an ihren Orten schätzen und was verbesserungswürdig ist, hat das Meinungsbarometer eine gamifizierte Umfrage erstellt. Davon erhoffte es sich, das so auch Jüngere Menschen teilnehmen, die das Barometer sonst schwerer erreicht. In der Umfrage spielt man einen kleinen Avatar und sammelt Schätze durch das Beantworten von Fragen. Am Ende kann man bestimmen, welche Bereiche der Stadt die Schätze am nötigsten haben.