Vom 11. bis 15. Juni 2018 trifft sich die Zukunft in Hannover. Früher hätte man von der IT Branche gesprochen. Im Jahr 2001 war die CeBit (Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation) mit rund 830.000 Besuchern die größte und wichtigste IT Messe der Welt. Seitdem hat sich die Besucherzahl mit rund 200.000 im letzten Jahr auf ein Viertel reduziert. Die IT Branche hat sich im gleichen Maße verändert wie die Messe selbst. Seitdem sucht die CEBIT nach einer neuen Bedeutung und kündigt einen Kategoriewechsel von der Messe zum Festival an. Nur eine zeitgemäße Maßnahme mit einem neuen Claim oder eine fundierte Positionierung mit einem klaren, zukunftsfähigen Selbstverständnis?
Erfolgstreiber der digitalen Welt: Selbstverständnis, Kultur und Speed
Gemäß den Botschaften und Diskussionen bei der diesjährigen SXSW oder auf dem Giga- Gipfel, brauchen erfolgreiche Akteure – egal ob Messeveranstalter, Unternehmen oder Start-ups – genau drei Dinge, um in der digitalen Welt erfolgreich zu sein: eine identitätsstiftende Kultur, ein klares Selbstverständnis, oder anders ausgedrückt eine differenzierende Positionierung, sowie Geschwindigkeit. Letztere ist häufig wohl eher ein Resultat der ersten beiden Punkte. Denn Geschwindigkeit entsteht auch, wenn Mitarbeiter in einer starken Kultur innerhalb eines definierten Rahmens selbstbestimmt und zielgerichtet arbeiten können. Erspart bleiben dadurch laufende kosten-, zeit- und energiefressende Strategiewechsel, um auf die sich stetig verändernden Umfeldbedingungen reagieren zu können.
Vom Motto zum Selbstverständnis
Gleiches gilt für die CEBIT. Wenn sie es durchhält, das diesjährige Motto „Europas Business Festival für Innovation und Digitalisierung“ zu einem langfristig stabilen, zukunftsfähigen und klaren Selbstverständnis reifen zu lassen, hat sie das Potential zum neuen Star Brand. Denn nur wenn die Marke CEBIT in Zukunft weiß, wer sie ist, wofür sie steht und was ihr Zukunftsbild ist, vermeidet sie die Gefahr, sich im schnell wandelnden Markt zu verlieren.
Aber: Marken entwickeln und verändern sich nicht in einem Jahr. Auch im schnellen, digitalen Zeitalter müssen Aussteller, Besucher, Mitarbeiter und andere Involvierte über mehrere Jahre und bei Kontakt mit jeglichem Markenkontaktpunkt vor, während und nach dem Event erfahren, was dieses Motto ausdrückt, wofür der Event in Zukunft glaubwürdig, attraktiv und zu Wettbewerbern differenzierend stehen will. Ob die Unterscheidung gegenüber den etablierten Playern wie die SXSW in Austin, der CES in Las Vegas oder anderen „Festivals“ groß genug ist, muss sich zeigen.
Eine starke Marke folgt nicht, sie führt
Es wird in der Zukunft nicht mehr alleine darum gehen, Agilität zu zeigen, in dem man sich jedes Jahr neu erfindet. Es ist gleichzeitig Stabilität gefordert. Es wird eher notwendig sein, die Angebote, Programme und Rahmenbedingungen immer wieder neu zu erfinden, dabei aber das Selbstverständnis als Konstante beizubehalten. Durch die so entstehende Attraktivität – im Sinne von Anziehungskraft – kann die CEBIT neue Zielgruppen gewinnen und gleichzeitig die Sicherheit und Stabilität ausstrahlen, die für Aussteller, Besucher und auch Mitarbeiter in einer sich immer schneller verändernden Welt zunehmend wichtiger werden.
Wechselhaft waren in den letzten Jahren die Positionierungen, die Programme und auch die Claims: Aus „Get the spirit of tomorrow“ (2001), „Join the Vision“ (2006),, Good preparations make the difference“ (2011), „New perspectives in IT-Business“ (2014), „Global Event for Digital Business“ (2016) wird die CEBIT also nun zum „Europas Business Festival für Innovation und Digitalisierung“ (2018). Diese Claim-Flut erinnert eher an OPEL oder die Deutsche Bank.
Je weniger sich die Messemacher vom Umfeld treiben lassen, sondern den Veranstaltungsmarkt aus einem klaren Selbstverständnis heraus gestalten, desto grösser wird die zukünftige Bedeutung des CEBIT Business Festivals werden.
Das neue Programm, also die Spitzenleistung der Messe, scheint das Versprechen der neuen Marke absolut einzuhalten. Für den Musikpart des Festivals kommen keine amerikanischen DJs, sondern Cirque Electrique – ein Zusammenschluss Hannoveraner Künstler. Das gibt einen passenden, authentischen Touch.