Die Kürzungen von Budgets und Etats sind nicht ohne Auswirkungen geblieben. War man noch vor wenigen Jahren von aktiven Kundenanfragen verwöhnt, so müssen sich heute viele Agenturinhaber erstmals mit der Notwendigkeit anfreunden, selbst aktiv werden zu müssen. Keine leichte Aufgabe in einer Zeit, in der sich die Nachrichten von Agenturpleiten häufen, darunter immer öfters bekannte, große Namen. Die Krise, so scheint es, verschont keinen. Und dennoch gibt es vereinzelte Ausreißer, die den Sturm allenfalls als leichte Flaute wahrnehmen und sogar mit Wachstum rechnen dürfen.
Die Telefonumfrage verfolgte primär das Ziel, Differenzierungsmerkmale inhabergeführter Agenturen bis 20 Mitarbeiter zu identifizieren sowie die typische Vorgehensweisen in der Neukundenansprache und deren relevante Erfolgskriterien herauszuarbeiten. Zum Einstieg wurden die Agenturinhaber um eine persönliche Einschätzung der Stimmung am Markt gebeten. Beklagt wurden dabei vor allem die immer drastischer werdenden Budgetkürzungen bei gleichzeitig gewachsenen Leistungserwartungen auf Unternehmensseite – und das häufig schon vor der eigentlichen Auftragsvergabe.
Viele Konzeptionsarbeit – wenig Geld
Obwohl die Kontakthäufigkeit zwischen Unternehmen und Agenturen merklich zugenommen hat, kommt eine Zusammenarbeit seltener als früher zustande. Nach den Gründen hierfür gefragt, wird eine stark preisorientierte Agenturauswahl genannt, die dazu führt, dass viel Zeit für die Konzeption und Ausarbeitung von Angeboten aufgebracht werden muss, welche jedoch selten zum Auftrag führen. Eine andere Ursache ist der Trend zum Do-it-yourself in den Unternehmen. Kommunikationsprojekte, die früher selbstverständlich von Agenturen betreut wurden, werden nun aus Gründen der Kostenersparnis bevorzugt intern abgewickelt. Die Agenturen sehen diese Entwicklung mit großer Sorge, nicht nur wegen der Honorarausfälle, sondern auch vor dem Hintergrund, dass der Gesamterfolg der strategischen Planung im Sinne einer integrierten Unternehmenskommunikation durch den Alleingang des Kunden gefährdet wird.
Eine weitere Folge des Preisdrucks ist der konstante Preisverfall. Angemessene Honorare können nicht mehr durchgesetzt werden, Dumpingpreise regieren den Markt. Die Agenturen sehen sich gezwungen, ihre Leistungen so günstig als möglich anzubieten, geben jedoch unumwunden zu, dass dies selbstverständlich auf Kosten der Qualität gehen muss. Besonders kleinere Agenturen fühlen sich da in der aktuellen Situation benachteiligt, weil sie oft nicht in der Lage sind, umfangreiche Vorleistungen erbringen zu können. Dazu kommt, dass viele lukrative potentielle Kunden aus dem Mittelstand regelrecht „agenturmüde“ sind, nachdem sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit großen Agenturen gemacht haben.
Doch wie sieht nun die ideale Vorgehensweise in der Agenturakquisition aus? Von den Befragten sind 76 Prozent der Ansicht, dass Agenturen prinzipiell andere vertriebliche Wege gehen müssen als klassische Unternehmen. Dabei sei vor allem die Agenturleitung gefragt, denn 91 Prozent sind sich sicher: „Akquisition ist Chefsache!“. Dieser empfindet die alleinige Verantwortung jedoch häufig als enorme Belastung. Sollen die Bemühungen zu neuen Kunden führen, ist es daher unerlässlich auf möglichst verkaufsstarke Mitarbeiter zurückzugreifen. Auch wenn die Verantwortung beim Chef liegen muss, kann Akquisition letzten Endes nur in Teamarbeit funktionieren.
Wenige habe eine Verkaufsseminar besucht
Trotz teilweise erheblicher Schwierigkeiten mit der Neukundengewinnung scheinen sich die meisten Inhaber durchaus gewisse Verkaufskompetenzen zuzutrauen. Lediglich 15 Prozent haben schon einmal ein Verkaufsseminar oder Vertriebstraining besucht. Und gar nur 4 Prozent gaben an, dies bereits mehrmals oder regelmäßig getan zu haben. Gerade diese Agenturen gehören jedoch interessanterweise zu den Umsatzstärksten. Unter den verbliebenen 11 Prozent derer, die sich bereits mit Verkaufstechniken auseinandergesetzt haben, findet sich zudem keine Agentur mit einem Pro-Kopf-Umsatz unter 120.000 Euro – ein mögliches Indiz dafür, dass die Ausgaben für Vertriebsschulungen offenbar gut angelegt sind.
Soll der richtige Weg zum Kunden definiert werden, so stellt sich natürlich auch die Frage, über welchen Weg die aktuellen Kunden in die Agenturen fanden. In 41 Prozent aller Fälle wurden Empfehlungen ausgesprochen, 32 Prozent gaben an, Kunden dank persönlicher Kontakte gewonnen zu haben. Bei 42 Prozent klopften Kunden aus eigenem Antrieb an die Türe und in 17 Prozent aller Fälle war diese Tür virtuell: die Kunden wurden über die Internetpräsenz auf die zukünftige Agentur aufmerksam. Etwa 15 Prozent konnten in der Vergangenheit auch schon Wettbewerbspräsentation für sich entscheiden, jedoch wird allgemein beobachtet, dass die Einladungen zu solchen in den letzten Monaten rapide abnahmen. Eigene Akquisitionsbemühungen führten immerhin bereits bei etwa 25 Prozent der Umfrageteilnehmer zum gewünschten Erfolg.
Damit ist festzuhalten, dass die Auseinandersetzung mit Verkaufstechniken und Vertriebsmethoden ein durchaus lohnenswerter Aufwand ist, ebenso wie die Pflege der eigenen Homepage. Besonders eine gute Platzierung in Suchmaschinen, die Listung in allen relevanten Datenbanken sowie ein insgesamt informativer und persönlicher Auftritt kann die erfolgreiche Neukundenansprache maßgeblich unterstützen.
Persönliche Kontakt ist das wichtigste
Neben der Umwerbung neuer Kunden gilt das aktuelle Augenmerk vor allem der Sicherung von Bestandskunden. Dem subjektiven Empfinden nach ist der wichtigste Indikator für die Kundenzufriedenheit der persönliche Kontakt. So erklärt sich, dass die Zufriedenheit der Kunden nur von 32 der befragten Agenturen, das sind 11 Prozent, auch tatsächlich gemessen wird. Mit der Bestandskundenpflege einher geht ein erhöhtes Serviceaufkommen, das viel Zeit in Anspruch nimmt, die dann an anderer Stelle für die dringend notwendige Akquisition fehlt. Rund 28 Prozent der befragten Agenturinhaber akquirieren denn derzeit auch nur bis zu 5 Stunden pro Woche, 56 Prozent wenden dafür immerhin bis zu 20 Stunden auf und 16 Prozent verbringen sogar deutlich über 20 Stunden persönlich damit, Neugeschäft zu generieren. Die Vorgehensweise dabei unterscheidet sich je nach Dringlichkeit. Nur 28 Prozent erklärten, strategisch und langfristig zu Werke zu gehen, bei über 69 Prozent wird derzeit eine Vielzahl kurzfristiger Maßnahmen eingeleitet mit dem Ziel, möglichst schnell Erfolge zu sehen. Nur etwa 3 Prozent akquirieren lediglich situationsabhängig bzw. sehen dazu generell keine Notwendigkeit.
Bei so unterschiedlichen Vorstellungen von der idealen Akquisitionsstrategie muss es doch den einen oder anderen persönliche Geheimtipp geben? Und tatsächlich gibt es einen Tipp, der jedoch längst kein Geheimnis mehr ist. Er lautet: Beziehungen sind alles! Diese Meinung teilen fast 90 Prozent aller Agenturinhaber. Zu Beziehungen zählt auch jede Form von aktivem Networking und Socialising sowie professionelles Empfehlungsmarketing, wenngleich nur jeder 15. schon einmal aktiv nach einer Empfehlung gefragt hat. Als weiterer wichtiger Erfolgsfaktor wird von 11 Prozent der Klassiker Direktmarketing genannt, Eigenwerbung spielt mit nur 5 Prozent eine eher untergeordnete Rolle.
Insgesamt 7 Prozent berichten, auch mit Eigen-PR schon gute Erfolge erzielt zu haben. Aus der Erfahrung mit dem Agieren des Wettbewerbs leiten einige die Professionalität und Qualität der eigenen Arbeit als oberstes Gebot ab – und das schon vom ersten Kontakt an. Stil und Art der Neukundenansprache sollte zeigen, was man zu bieten hat und bereits das versprechen, was das Leistungsangebot später zu halten vermag. Halbherzige Akquisitionsversuche hingegen schaden mehr, als sie nutzen: Ein Anruf hier, ein Infopaket dort hinterlässt zumeist keinen besonders professionellen oder qualitativ herausragenden Eindruck.
Tagesgeschäft verhindert Akquisition
Auch zwei gegenläufige Phänomene sind zu beobachten. Das Bewusstsein um die Notwendigkeit einer langfristig angelegten Akquisitionskampagne ist groß, es hapert jedoch mit der Umsetzung. Die Gründe: Das Tagesgeschäft lässt dafür keine Zeit, die Bemühungen, vorhandene Kunden bei der Stange zu halten, führen trotz leerer Kasse zur vollen Auslastung. Schnelle Erfolge sind gefragt, Liquiditätsengpässe und die mangelnde Zahlungsmoral auf Kundenseite zwingen zum Handeln, Schnellschüsse führen jedoch nur selten zum Erfolg. Der extreme Druck lässt einige offenbar regelrecht resignieren und wider besseren Wissens von eigenen Akquisitionsbemühungen ganz Abstand nehmen.
Statt dessen werden alle Energien für bestehende Kunden eingesetzt. Andere hingegen ziehen sich derzeit aus dem Tagesgeschäft komplett zurück um sich ausschließlich der Gewinnung neuer Kunden zu widmen. Beide Wege scheinen jedoch nur bedingt erfolgsversprechend zu sein. Während im ersten Falle der permanente Overservice in Kombination mit wachsender Unzufriedenheit zu internem Stress führt, stellt sich dieser im zweiten Fall aufgrund der Führungslosigkeit der Agentur ein. Der Mittelweg ist auch hier golden und wird gangbar, wenn die Akquisitionszeiten sinnvoll und konsequent im laufenden Tagesgeschäft eingeplant und verbindlich eingehalten werden. Doch nur von 27 Prozent aller Befragten wurde dies in der Vergangenheit dergestalt gehandhabt.
Ist die volle Auslastung erst wieder erreicht, geht es an die langfristige Sicherung des Agenturerfolgs. Von welchen Faktoren hängt dieser vorwiegend ab? Ganz klar vom serviceorientierten Denken, sagen 91 Prozent, dicht gefolgt von einer hohen Flexibilität mit 86 Prozent. Ein klar definiertes Leistungsportfolio ist für 77 Prozent wichtig, will man auf lange Sicht erfolgreich sein. Andererseits, ohne hervorragende Mitarbeiter geht gar nichts, finden 47 Prozent, für 43 Prozent brauchen diese aber auch eine gute Führung auf dem Weg zum Erfolg. Und nicht zuletzt sind für 39 Prozent zahlungskräftige Kunden noch immer die beste Basis für den Erfolg. Als weiche Erfolgsfaktoren gelten Begeisterung und Spaß an der Arbeit, Einsatzbereitschaft und Qualitätsbewusstsein. Absolut serviceorientiertes Denken und Handeln gilt ebenfalls als unerlässliche Faktoren für den dauerhaften Erfolg. Die Kunden verlangen heutzutage vor allem Zuverlässigkeit, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie ein klar definiertes, nutzenorientiertes Leistungsportfolio.
Spezialisierung auf bestimmte Branchen oder Zusatznutzen, wie etwa Programmierung, Webdesign oder ein internes Seminarangebot können ebenfalls hilfreich.
Wenn trotz allem die Aktivitäten nicht fruchten, gibt es schließlich noch die Möglichkeit, externe Unterstützung zu bemühen. Über 40 Prozent haben schon einmal darüber nachgedacht, für die Akquisition Beratung von Außen hinzuzuziehen, in die Tat umgesetzt haben das bislang jedoch nur 6 Prozent. Vornehmlich gute Erfahrungen haben all jene gemacht, die sich strategische oder im Einzelfall auch psychologische Beratung, wie etwa Persönlichkeitstraining ins Haus geholt haben. Rund 67 Prozent der Befragten könnten sich generell vorstellen, in Ihrer Agentur einmal eine strategische Akquisitionsberatung durchzuführen. Externe Akquisiteure hingegen können nach Einschätzung der Befragten eine Agentur nur bedingt im Sinne der Agenturleitung nach außen vertreten und sind daher nicht besonders populär.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Akquisitionserfolg von Agenturen vor allem in der Langfristigkeit und Gründlichkeit der Planung liegt. Dazu gehören verbindliche Zuständigkeiten ebenso wie die Professionalität in der Umsetzung. Auch die kritische Überprüfung der eigenen Positionierung und des Leistungsportfolios kann Erfolgspotential in sich bergen, denn oft entsprechen die kommunizierten Kernkompetenzen nicht mehr den tatsächlichen Kundenbedürfnissen. Auf einen Nenner gebracht geht es bei der Agenturakquisition vor allem um Kontinuität und Kontakte. Im Zusammenspiel dieser beiden Faktoren liegt der Schlüssel zum Erfolg.
Autor: Susannah Bahro (MA) ist New Business Angel und Gründerin des Münchner Beratungsunternehmens /CO/³ Consulting Coaching Communications und unterstützt Agenturen, Unternehmen und Vereine bei der Entwicklung und Umsetzung individueller Akquisitions- und Vertriebsstrategien. Sie hat Journalismus, Soziologie, Rhetorik und Marketing studiert und war mehrere Jahre als PR Consultant in Unternehmen und Agenturen beschäftigt. Sie ist Lehrbeauftragte an verschiedenen privaten Instituten sowie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
eingestellt am 24. September 2003