KI-Musiker setzt neue Marketing-Benchmark

Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasend schnell, wird immer leistungsfähiger. Was alles möglich ist, zeigt jetzt ein KI-generierter Musiker. Für das Marketing eröffnen sich damit neue Dimensionen.
header-tt-newsletter-kw-29-24_c_construktiv_Anyland
Ben Gaya wurde unter anderem mit den KI-Tools Midjourney und Suno erstellt. (© Construktiv Anyland)

Wann haben Sie das letzte Mal so richtig gute Musik gehört? Heute beim Frühstück oder vielleicht auf dem Weg zur Arbeit? Eventuell wird Ihnen in den kommenden Wochen ein ziemlich besonderer Song von einem bisher unbekannten, gutaussehenden und aufstrebenden Musiker zu Ohren kommen. Sein Name ist Ben Gaya und er hat ein klares Alleinstellungsmerkmal: Er wurde mithilfe verschiedener KI-Tools erschaffen. 

Genaugenommen ist der virtuelle Musiker eine Inszenierung sämtlicher Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz mittlerweile bietet. Niemand hat komponiert, es wurden keine Songtexte geschrieben und es gab auch keinen Videodreh am Strand. Sein Song, seine Stimme, sein Aussehen, sein aktuelles Musikvideo: alles ist digital inszeniert. Und das auf höchstem Niveau. Ben ist das Ergebnis von gezielt formulierten Prompts, dem Zusammenspiel verschiedener Programme und der professionellen Nachbearbeitung eines menschlichen Teams. Mit dem virtuellen Musiker schlägt die Digitalagentur construktiv gemeinsam mit dem KI-Studio Anyland ein völlig neues Kapitel der Musikproduktion auf. 

Neue Benchmark für das digitale Marketing 

Ben Gaya wurde mithilfe verschiedener KI-Tools zum virtuellen Leben erweckt: Mit dem Programm Midjourney gestalteten die Entwickler zunächst ein Portrait von Ben. Danach ließ sich das KI-Team vom Tool Suno den Song „Sunshine Soul“ schreiben. Mit Midjourney, Runway und weiteren Tools kreierten sie dann ein Video aus geprompteten Szenerien und setzten Ben dort hinein. Das Video wird am 18. Juli in den sozialen Medien gelauncht. Auf Instagram hat der AI-Künstler bereits sein virtuelles Zuhause gefunden. Man habe die Künstliche Intelligenz einmal in all ihren Facetten ausreizen wollen, um neue Benchmarks im digitalen Marketing zu setzen, erklären die Designer Florian Schamberger und Leon Schröder die Intention zu diesem KI-Projekt. 

Ben ist nicht der erste digitale Charakter von Anyland. Erst kürzlich hatte man die digitale Influencerin Malive erfolgreich in den sozialen Medien etablierte. Malive ist mittlerweile auch in der Werbebranche aktiv. Die KI-generierte Influencerin hat unter anderem für den Streaminganbieter Paramount+ und die Deutsche Bahn geworben und mit dem Süßwarenhersteller Katjes zusammengearbeitet. 

Man darf davon ausgehen, dass solche Beispiele Schule machen. Denkbar ist auch, dass sich das Marketing seine Testimonials künftig gezielt promptet – für das perfekte Match mit der Zielgruppe. Durch KI sind jetzt praktische Umsetzungen möglich, die selbst beim Durchbruch von Chat GPT noch ferne Utopie waren. Und das ist erst gut eineinhalb Jahre her. Marken und Werbetreibende sind daher gut beraten, diese Entwicklung im Auge zu behalten. 

Schon gehört?

Ein Fake-Werbevideo mit einem Volvo geht momentan viral und versetzt viele Kreative und Werbeagenturen in helle Aufregung. Ein KI-Enthusiast hat nach eigenen Angaben den Spot mithilfe einer Text-to-Video-KI (RunwayML Gen-3 Alpha Model) in weniger als 24 Arbeitsstunden entwickelt. Das Werbevideo wirkt absolut authentisch und innovativ, hat aber offiziell nichts mit der Marke Volvo zu tun. 

Während dieses Video nur die Möglichkeiten von neuen KI-Versionen aufzeigt, wird an anderen Stellen Künstliche Intelligenz für Werbezwecke missbraucht. Prominente sind häufig das Opfer und finden ihr KI-generiertes Abbild in fragwürdigen Werbespots wieder. Solche, so genannten Deepfakes schaden auch den digitalen Medien. Eine aktuelle Umfrage von Civey im Auftrag des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) zeigt, dass bei fast drei von vier Befragten das Vertrauen in digitale Medien durch die Verbreitung von Deepfakes zurückgeht. Der BVDW hat aus diesem Grund ein Whitepaper veröffentlicht, dass aufklären soll. Neben der technischen und gesellschaftlichen Definition werden die Entwicklung der Technologie, Arten von Deepfakes sowie Herausforderungen und Risiken betrachtet. 

Übrigens: Hat hier jemand KI gesagt? Wir schreiben das Jahr 2024. In drei von vier deutschen Büros wird laut Digitalverband Bitkom noch gefaxt! Ich persönlich kann diese Begeisterung absolut nachvollziehen. Der Sound dieser Spitzenprodukte menschlicher Ingenieurkunst – an welchen Science-Fiction-Klassiker erinnert er mich nur – hat eine meditative Wirkung, die ein KI-Chatbot wohl nie verstehen würde. Faszinierend.  

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!  

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.