Frau Lührs, in welcher Weise setzt Tonies KI bereits ein?
Auf unserer digitalen Benutzeroberfläche mytonies haben wir gerade testweise einen KI-basierten Geschichten-Generator eingeführt: Rund 1000 Nutzer*innen in Großbritannien, einem unserer Kernmärkte, können sich dafür bewerben und erhalten dann Zugang zu der Funktion. Sie generieren eigene Geschichten, indem sie über Dropdowns und Textfelder Eingaben machen, wie zum Beispiel die Namen des Helden, das Thema der Geschichte, den Ton (zum Beispiel magisch oder komisch) und das Alter des Zuhörenden für den passenden Wortschatz. Die voreingestellte Eingabemaske unterstützt die Kund*innen und gibt ihnen Anleitung und Ideen, um spannende Geschichten zu erfinden, lässt aber auch genügend Raum für die Kreativität und Fantasie ihrer Kinder.
Als Ergebnis erstellt der KI-basierte Generator ein Skript, das die Nutzenden entweder selbst mit ihrer eigenen Stimme aufnehmen oder mit Hilfe der Text-to-Speech-Technologie in eine Audiodatei umwandeln können – beides kann dann einem Kreativ-Tonie zugewiesen werden, um die Geschichte sofort auf der Toniebox zu hören. Natürlich haben wir auch bestimmte Beschränkungen eingeführt und Maßnahmen ergriffen, um das Risiko unangemessener Wörter und der Verletzung von Marken- oder Lizenzrechten zu mindern. Technisch nutzt Tonies eine Schnittstelle zu OpenAI (ChatGPT), um das Skript zu generieren, sowie eine Schnittstelle zu ElevenLabs, um das Skript in Audio umzuwandeln.
Haben Sie vor, Ihren Mitarbeitenden ethische Leitlinien zum Einsatz von generativer KI an die Hand zu gegeben oder gibt es schon welche?
Wir haben kürzlich Leitlinien dazu an all unsere Mitarbeitenden gegeben, die sich auf den bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit ChatGPT und DeepL beziehen.
Würden Sie eine persönliche Erfahrung, die Sie mit (generativer) KI gemacht haben, mit uns teilen?
Ich selbst habe die KI bisher für unterschiedliche kleine Zwecke genutzt, wie etwa für die Schärfung von Jobprofilen oder auch mal zur Wettbewerbs-Analyse oder als Basis für Brainstormings. Aktuell befinde ich mich noch stark in der „Ausprobieren und Lernen“-Phase, um herauszufinden, welche Einsatzzwecke im Daily Business wirklich sinnvoll sind.
Aus heutiger Sicht: Welche Aufgaben im Marketing wird die KI zuerst übernehmen?
Die KI entwickelt sich so rasant, dass sich für das Marketing immer wieder neue Einsatzzwecke ergeben. Aber was sich schon sehr klar abzeichnet, ist aus meiner Sicht das große Potenzial für A/B-Testings und Conversion-Optimierung sowie die Möglichkeiten, die Kund*innen stets noch personalisierter anzusprechen. Auch die Erstellung von technischem Content wie einfache Produktbeschreibungen, die Erstellung und Optimierung von Texten für SEO, Keyword-Recherche oder auch Texte für SEA-Anzeigen sind sehr interessante Anwendungsfelder. Die Frage ist aber auch, wie Google hierzu langfristig steht und ob und wann der Algorithmus KI-Texte abstraft – all das muss sich zeigen.
In welchen Bereichen oder für welche Tätigkeiten wird es immer das menschliche Hirn brauchen?
In vielerlei Hinsicht kann die KI den Menschen sicher nicht ersetzen. Gerade beim Thema Kreativität! Und genau diese wollen wir ja bei Kindern fördern – durch wundersame Geschichten, Musik und Wissen, das kindgerecht transportiert wird. Wir richten unser Portfolio vor allem daran aus, was die Fantasie von Kindern anregt und sie durchs Zuhören in ihre ganz eigene, individuelle Welt entführt. Ich würde die KI daher definitiv eher als Zusatz zur menschlichen Leistung sehen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Alle bisher erschienenen Folgen dieser Interviewserie mit Markenentscheider*innen zu KI lesen Sie hier:
Folge 1: KI im Marketing bei SAP, Gespräch mit Kerstin Köder
Folge 2: KI im Marketing bei Burger King, Gespräch mit Klaus Schmäing
Folge 3: KI im Marketing bei Ritter Sport, Gespräch mit Franziska Kleinhans
Folge 4: KI im Marketing bei Obi, Gespräch mit Christian von Hegel
Folge 5: KI im Marketing bei Mercedes-Benz, Gespräch mit Bettina Fetzer