Frau Köder, würden Sie eine persönliche Erfahrung, die Sie mit (generativer) KI gemacht haben, mit uns teilen?
In disruptiven Zeiten ist es als Führungskraft wichtig, Mitarbeitende durch die Transformation, die auch das Marketing der SAP durchläuft, zu navigieren. Für mich ist ganz klar: Genauso wichtig wie Customer Experience Management ist auch Employee Experience Management für Unternehmen. Die AI-Lösung „SAP SuccessFactors Opportunity Marketplace“ unterstützt mich unter anderem dabei, die Talententwicklung und Weiterbildung meiner Mitarbeitenden zu verbessern. Die intelligente Technologie liefert individualisierte Empfehlungen für Themen wie Lernen, Rollen und Aufgaben, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Ich bin zudem davon begeistert, ChatGPT für die Kommunikationsvorbereitung zu nutzen, sei es für interne Mitarbeiterinformationen oder die Erstellung von Präsentationen, Interviews und Podcasts. ChatGPT fungiert als mein persönlicher Ghostwriter und bietet strukturierte Ideen. Mit nur geringem Input meinerseits liefert es Vorschläge und Entwürfe, die ich als Grundlage nutzen und verfeinern kann. Aber keine Sorge, dieser Text stammt nicht von ChatGPT.
In welcher Weise setzt SAP KI bereits ein?
Ich bin stolz, für ein Unternehmen zu arbeiten, das Innovation global maßgeblich beeinflusst. Wir integrieren generative KI-Technologie mit branchenspezifischen Daten und Prozesswissen, um innovative und verantwortungsvolle KI-Funktionen für unser Anwendungsportfolio zu entwickeln. Mit “SAP Business AI” unterstützen wir Kunden in Zeiten ständiger Transformation bei der effizienten Lösung geschäftskritischer Fragen auf Basis von KI generierten Daten. Über 80 Prozent aller weltweiten Business- und Finanztransaktionen laufen über SAP-Systeme. Kein anderer Anbieter ist prädestinierter, mit KI die Welt und das Leben der Menschen nachhaltig zu verbessern.
Können Sie konkrete Anwendungsfälle beschreiben?
Im Customer Experience Management bietet unser SAP Digital Assistant für CX Unternehmen Einblicke und Empfehlungen zur Personalisierung von Kundenerlebnissen. Dadurch können ansprechende Inhalte generiert werden, zum Beispiel überzeugende Produktbeschreibungen und personalisierte E-Mail-Antworten. Auch bei der Personalbeschaffung nutzen wir KI, um den Fachkräftemangel zu überwinden. Durch die erweiterte Partnerschaft mit Microsoft nutzen wir die Azure OpenAI Service API und integrieren SAP-SuccessFactors-Recruiting-Lösung mit Microsoft 365. Dadurch können ergebnisorientierte Stellenausschreibungen erstellt und adäquate Fragen auf Basis von Bewerbungen generiert werden. Neben Microsoft kooperieren wir auch mit Unternehmen wie Google, Open AI und Aleph Alpha, um die KI im Business-Kontext voranzutreiben.
Haben Sie vor, Ihren Mitarbeitenden ethische Leitlinien zum Einsatz von generativer KI an die Hand zu gegeben oder gibt es schon welche?
Ja. Leitlinien sind wichtig, und SAP hat bereits solche Prinzipien für den KI-Einsatz in der Software definiert und als eines der ersten Unternehmen klare Regeln aufgestellt. Es gibt ja die Aussage, dass KI entweder die beste oder die letzte Erfindung der Menschheit war – ich sehe sie definitiv als ‚die beste‘, wenn sie richtig angewendet wird. Es ist jedoch wichtig, nicht zu überregulieren, um das volle Potenzial zu nutzen. Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen ist ein ganz wichtiger Aspekt der vertrauenswürdigen KI bei SAP. Unsere SAP-AI-Lösungen folgen den höchsten Branchenstandards, sind transparent und respektieren die Privatsphäre sensibler Daten. Wir arbeiten im Rahmen unseres KI-Ethikbeirats mit führenden Ethikexperten zusammen, um die Auswirkungen des KI-Einsatzes im Unternehmen zu untersuchen.
Aus heutiger Sicht: Welche Aufgaben im Marketing wird die KI zuerst übernehmen?
KI spielt bereits eine wichtige Rolle im Marketing und wird weiter an Bedeutung gewinnen. Sie ermöglicht die schnelle und präzise Analyse großer Datenmengen, was die Segmentierung von Kunden und die Identifizierung von Zielgruppen und Personas erleichtert. Die Optimierung der Customer Journey durch KI ist ein weiteres spannendes Anwendungsgebiet, wie ich finde. Durch Integration verschiedener Datenquellen und Touchpoints mittels KI können Unternehmen detaillierte Informationen über das Kaufverhalten und die Bedürfnisse ihrer Kunden gewinnen – Stichwort: Multi-touch und Attributionsmodelle. Dadurch können sie Hindernisse und Engpässe erkennen und ihre Marketingstrategien durch personalisierten Content anpassen. Es ist schwer vorherzusagen, welche Bereiche KI als Erstes übernehmen wird, aber sie bietet mächtige Technologien zur Automatisierung, Analyse und Optimierung im Marketing. KI eröffnet neue, schnelle und effiziente Möglichkeiten.
In welchen Bereichen oder für welche Tätigkeiten wird es immer das menschliche Hirn brauchen?
KI macht uns nicht überflüssig, sondern verbessert uns. Eine Studie von Goldman Sachs spricht zwar davon, dass 300 Millionen Vollzeitstellen in Europa und den USA durch KI wegfallen könnten, jedoch sollte KI als Unterstützung für den Menschen betrachtet werden, nicht als Ersatz. KI-Technologie ermöglicht es uns, bessere Entscheidungen schneller und effizienter zu treffen. Sie hilft uns, große Probleme wie die genaue Lokalisierung von Tumoren in der Krebstherapie oder die optimale Versorgung von Pflanzen mit Wasser und Dünger in der Landwirtschaft zu lösen. KI macht uns wertvoller und stärker.
Was bedeutet das für den Jobmarkt?
Durch die Integration von KI sind bestimmte Aufgaben und Jobs gefährdet, insbesondere in Bereichen wie Administration, Recherche und Datensammlung, zum Beispiel in der Beratung oder Rechtswissenschaft. Allerdings wird KI auch immer mehr Jobs für Berufseinsteiger übernehmen können. Es stellt sich dann die Frage, ob man direkt als Marketing-Direktor oder Partner in einer Beratung einsteigen kann (lacht). Es ist wichtig zu beachten, dass durch KI auch viele neue Jobs entstehen, wie etwa Prompter für Chatbots wie ChatGPT. Insgesamt betrachte ich KI als eine Entlastung für uns Menschen. Sie hilft uns, uns auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen das menschliche Gehirn unersetzlich ist: Empathie, zwischenmenschliche Interaktion, kritisches Denken, Vertrauen, Führung, Kreativität und Mut.
Das Interview wurde schriftlich geführt.