Frau Stützle, wofür haben Sie KI zuletzt persönlich eingesetzt?
Künstliche Intelligenz ist für mich sowohl bewusst als auch unbewusst ein täglicher Begleiter. Egal, wann Sie mich fragen, mein letzter KI-Einsatz wird selten lange her sein. Sowohl privat als auch beruflich verlasse ich mich beispielsweise auf Google Maps – eine App, die ohne KI nur halb so nützlich wäre. ChatGPT nutze ich vor allem als Startpunkt für Texte oder um anstehende Projekte zu strukturieren. Ich lasse mir Entwürfe erstellen, die ich dann weiterentwickle. Gerade für repetitive Aufgaben ist KI derzeit eine große Hilfe.
In welcher Weise setzt Ihr Unternehmen KI im Marketing ein?
Die Luqom Group nutzt KI entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Im Marketing kommt sie zum Beispiel bei Übersetzungen oder bei der Steuerung und Auswahl von Influencer*innen zum Einsatz. Im Performance Marketing sind wir einer der ersten deutschen Retailer, die das Potenzial von AI Ad Solutions wie PMax oder DemandGen in vollem Umfang nutzt. Es ist uns dabei wichtig, KI nicht zum Selbstzweck einzusetzen. Eine klar definierte Unternehmens- und Marketingstrategie mit Zielen und KPIs muss vorgeben, zu welchem Zweck an welcher Stelle eines Prozesses KI eingesetzt wird. Darauf basierend wird der Erfolg regelmäßig gemessen und KI-Prozesse optimiert.
Können Sie anhand eines konkreten Beispiels erklären, wie KI Ihrem Marketing-Team die Arbeit erleichtert?
Wenn wir uns beispielsweise Ad-Buchungen und deren Steuerung ansehen, hat sich einiges getan. Das Team definiert weiterhin selbst die Day-to-Day KPIs, wählt im nächsten Schritt aber ein passendes KI-Tool aus, um diese KPI-Ziele bestmöglich zu erreichen. Das kann zum Beispiel ein KI-DemandGen-Tool für die Google-Kanäle sein. Dieses Tool übernimmt jetzt die Budget-, Gebots- und Kampagnensteuerung – alles Aufgaben, die noch bis vor kurzem bei Menschen lagen. Es heißt aber nicht, dass für das Team keine Arbeit mehr anfällt. Es widmet sich jetzt neuen Herausforderungen, unter anderem der verbesserten Anwendung der KI-basierten Lösungen. Dafür werden die benötigten Assets laufend überarbeitet und eine zielführende Datengrundlage sichergestellt. Insgesamt wird die Arbeit im Marketing durch den Einsatz von KI wesentlich strategischer.
Welche rechtlichen oder ethischen Fragen zur KI sind Ihrer Meinung nach noch zu klären?
Im Marketing sind die beiden großen Fragen die des Urheberrechts – wenn wir beispielsweise über Grafiken reden – und die des KI-Bias. Bei Letzterem geht es um menschliche Vorurteile, die die KI in ihrem Training und in ihrem autonomen Lernprozess aufnimmt und auf denen sie fälschlicherweise ihre Annahmen basiert. Sie führen zu irreführenden Ergebnissen und können dazu beitragen, systemische Bevorteilungen oder Benachteiligungen von Zielgruppen zu verstärken.
Welche Aufgaben im Marketing könnte die KI in Zukunft noch übernehmen und wo liegen die Grenzen, also wofür wird es immer das menschliche Hirn brauchen?
Ich glaube, wir können uns heute noch gar nicht vorstellen, wozu Künstliche Intelligenz in Zukunft in der Lage sein wird. Kreativer Einsatz von KI, gepaart mit technologischem Fortschritt, wird kaum Grenzen haben. Wir stehen derzeit noch ganz am Anfang und können schon jetzt umfassende Disruption beobachten. Gleichzeitig halte ich es aber für wahrscheinlich, dass echte Emotionen auch in Zukunft nur von Menschen gefühlt und eingeordnet werden können. Wie sich das beispielsweise auf Lifestyle oder Home&Living-Produkte auswirken wird, bleibt abzuwarten. Ich freue mich auf eine positive, KI-getriebene Weiterentwicklung des Online-Shoppingerlebnisses. Wir arbeiten daran, dass wir bei der Mitgestaltung dieser Disruption ganz weit vorne dabei sind.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Alle bisher erschienenen Folgen der Interviewserie mit Markenentscheider*innen zu KI lesen Sie hier.