Herr Heindl, in welcher Weise setzt die Gothaer KI bereits ein?
Die Gothaer setzt auf Künstliche Intelligenz als zentralen Bestandteil ihrer Geschäftstätigkeit. Dabei kommt KI entlang der gesamten Value Chain zum Einsatz: Beispielsweise werden in der Produktentwicklung regionale Informationen KI-gestützt gewonnen oder im Bereich Marketing und Vertrieb Abwanderungsprognosen erstellt. Auch in der Bestandsverwaltung wird KI eingesetzt, um eingehende Schriftstücke und die Anliegen unserer Kundinnen und Kunden zu klassifizieren und zu verarbeiten. Zusätzlich gibt es eine Plattform mit intelligenten Voice Bots, die telefonische Anliegen von Kundinnen und Kunden bearbeiten.
Haben Sie vor, Ihren Mitarbeitenden ethische Leitlinien zum Einsatz von generativer KI an die Hand zu gegeben oder gibt es schon welche?
Als Versicherung haben wir sehr weitreichende ethische Leitlinien und regulatorische Verpflichtungen, die auch für das Thema KI angewendet werden. Zudem haben wir die Vorgaben aus dem kommenden EU AI Act bereits in unsere Prozesse und Leitlinien integriert. Dies gilt sowohl für klassische KI als auch generative KI, wobei wir bei generativer KI noch mal ein deutlich größeres Augenmerk auf die Schulung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit diesen neuen Technologien legen.
Würden Sie eine persönliche Erfahrung, die Sie mit (generativer) KI gemacht haben, mit uns teilen?
Wir arbeiten heute bereits stark mit Propensity to Buy und Churn Modellen, die wir auch regelmäßig trainieren und weiterentwickeln, um die Modellgüte zu erhöhen. Perspektivisch haben wir auch Sentiment Detection im Blick. Persönlich finde ich es immer wieder beeindruckend, welche Fähigkeiten unsere Spezialisten haben und welche Möglichkeiten sie uns dadurch eröffnen. Was die KI aber nicht leisten kann, ist die Übersetzung in die operative Anwendung. Hier sind menschliche Erfahrung und Kreativität gefragt. Im Bereich Anwendung sehe ich auch noch das größte Potential.
Aus heutiger Sicht: Welche Aufgaben im Marketing wird die KI zuerst übernehmen?
Es ist bereits offensichtlich was beispielsweise in den Bereichen Machine Learning, Deep Learning oder NLP durch KI erreicht werden kann. Gleiches gilt für das Personalisieren von Werbeinhalten und die Kampagnenoptimierung inklusive KI gesteuerter Anzeigenplatzierung. Aber auch im Bereich Kreation und Content-Erstellung gibt es inzwischen eine fast endlose Tool-Landschaft, welche die Art zu arbeiten und die Aufgaben im Marketing beeinflusst.
In welchen Bereichen oder für welche Tätigkeiten wird es immer das menschliche Hirn brauchen?
Welche Tätigkeiten und Berufe künftig durch KI ersetzt werden können, wird gerade breit diskutiert. Aber es wird auch immer deutlicher, welche neuen Tätigkeiten im KI-Umfeld entstehen. Kreativität beispielsweise, die über Small-C hinausgeht bis hin zu Big-C wird weiterhin noch vom Menschen kommen, ebenso wie andere Tätigkeiten mit emotionalem Bezug oder kritischer Reflexion.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Alle bisher erschienenen Folgen dieser Interviewserie mit Markenentscheider*innen zu KI lesen Sie hier:
Folge 1: KI im Marketing bei SAP, Gespräch mit Kerstin Köder
Folge 2: KI im Marketing bei Burger King, Gespräch mit Klaus Schmäing
Folge 3: KI im Marketing bei Ritter Sport, Gespräch mit Franziska Kleinhans
Folge 4: KI im Marketing bei Obi, Gespräch mit Christian von Hegel
Folge 5: KI im Marketing bei Mercedes-Benz, Gespräch mit Bettina Fetzer
Folge 6: KI im Marketing bei Tonies, Gespräch mit Claudia Lührs
Folge 7: KI im Marketing bei Afri Cola, Gespräch mit Sven-Eric Frisch
Folge 8: KI im Marketing bei Henkel, Gespräch mit Sarah Manseck
Folge 9: KI im Marketing bei Nestlé, Gespräch mit Daniel Marschollek
Folge 10: KI im Marketing bei Rossmann, Gespräch mit Petra Czora
Folge 11: KI im Marketing bei Samsung, Gespräch mit Mike Henkelmann
Folge 12: KI im Marketing bei Frosta, Gespräch mit Hinnerk Ehlers
Folge 13: KI im Marketing bei Tchibo, Gespräch mit Kristina Büttner