KI-Fatigue: Diese Maßnahmen helfen gegen die KI-Müdigkeit 

Die Flut von Tools und Bedrohungsszenarien zum Thema KI überfordert immer mehr Menschen. Was hat es mit dem Phänomen KI-Fatigue auf sich? Und was können Unternehmen und Mitarbeitende dagegen tun?
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Die Nutzung von KI im Arbeitsalltag führt bei einigen Mitarbeitenden zur sogenannten KI-Fatigue. (© IMAGO)

Die große KI-Angst geht um: Wird mein Job bald durch die KI ersetzt? Sind alle anderen viel weiter, während ich das Thema KI verschlafe? Während manche begeistert in der Tool-Flut schwimmen, gehen viele baden: Die Angst davor, ersetzt zu werden oder die Sorge, nicht mit den technologischen Innovationen mithalten zu können, lähmt die Menschen – und führt sie direkt in die KI-Fatigue. Gerade die KI-Enthusiasten, die andere ständig mit KI-Updates fluten, sorgen bei den KI-Müden für noch mehr Angst. 

Wie soll man da den Überblick behalten? „Ich schaffe das genau so wenig wie alle anderen”, sagt Dr. Elisa Konya-Baumbach. Sie ist Mitgründerin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung humest sowie Dozentin und Forscherin an der Berner Fachhochschule. „Wenn man sich nicht hauptberuflich damit auseinandersetzen kann, ist es unmöglich alle Releases und Updates im Blick zu behalten.” Dass wir deshalb eine gewisse KI-Fatigue beobachten, sei total logisch, gerade bei den Menschen, die schon viele Trends mitgemacht haben. Der Unterschied zu den vorherigen Innovationen wie der Einführung des Internets: „Heute geht die Entwicklung radikal schneller. Wir können da in die Zeitrechnung vor und nach ChatGPT unterteilen.” 

Neben der Flut an News und Tools gibt es aber noch einen Grund für die KI-Fatigue: Die psychologische Unsicherheit wegen des Themas KI-Fakes. „Ich muss noch viel mehr im kritischen Denken geschult sein, um zu unterscheiden, was Wahrheit ist und was nicht. Dieses kritische Denken und Hinterfragen ist anstrengend und kann zu Überforderung führen,” so die Technologie-Enthusiastin und Psychologin. 

Was können Mitarbeitende gegen die KI-Fatigue tun? 

Doch es gibt Wege, um gegen diese KI-Müdigkeit anzukämpfen. Konya-Baumbach sieht hier drei zentrale Ansätze: „Erstens: What’s in it for me? Man muss nicht ChatGPT nutzen, nur um es zu tun. Das hat gerade so eine Gruppenzwangdynamik. Wir sollten eher schauen, was nutzt mir das in meinem Arbeitsumfeld oder auch privat.” KI könnte ein Skill sein, dass Menschen einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt bringt – oder auch einfach Zeit sparen.  

Dabei müsse man sich aber bewusst sein, dass es mit KI anfangs durchaus länger dauern könne: „Wenn ich später von einer Stunde E-Mail schreiben dann 20 Prozent einspare, habe ich am Ende jedes Tages trotzdem zwölf Minuten gewonnen.” Außerdem könne KI ein Sparring-Partner sein. „Es gibt Studien, die zeigen: Wer KI bei der Bewältigung von Arbeitsaufgaben nutzt, generiert bessere Outputs in kürzerer Zeit.” 

Als zweiten großen Punkt müssen sich Menschen der Veränderung bewusst werden. Die Arbeitsabläufe zu ändern, kostet Zeit und Kraft, sei aber nötig. „Am Anfang sieht man da womöglich einen großen Berg, aber den muss man nach und nach erklimmen. So kann man sich die Veränderung einteilen.” 

Der dritte Ansatz: Einfach anfangen, um aus der Schockstarre zu kommen. „Man hat da oft den inneren Glaubenssatz, dass alle anderen das schon machen und viel besser sind. Das ist in den seltensten Fällen so.” Gerade über den Austausch mit anderen finde man oft zu naheliegenden Prompts und Einsatzfeldern, auf die man vorher nicht gekommen ist. 

Was können Unternehmen tun, damit Mitarbeitende KI aktiv nutzen? 

Gerade da, wo die Motivation nicht intrinsisch aus den Mitarbeitenden kommt, sind auch die Unternehmen gefragt. Auch hier hat Konya-Baumbach drei Ansätze parat. Zunächst einmal brauche das KI-Thema ein positiveres Framing. Gerade durch viele Medienberichte seien viele Menschen dem Thema gegenüber skeptisch eingestellt. Konya-Baumbach findet es wichtig, hier auch Chancen und Möglichkeiten im Blick zu behalten: „Damals, als der Hammer eingeführt wurde, haben wir nicht gesagt, dass der Hammer unsere Hand outperformed, weil er den Nagel viel besser in die Wand haut. Der Hammer ist ein super Tool, das uns unterstützt.” 

Neben dem positiveren Framing wird es als zweiter Schritt wichtig, die Menschen aus der Ablehnung zu bekommen. Dabei müsse man vor allem diejenigen adressieren, die im aktiven Widerstand sind. Gerade deren Sorgen müsse man ernst nehmen, weil der Widerstand sonst extremer werde. „Als Unternehmen muss ich also darauf hinarbeiten, diesen Aktivismus so zu lenken, dass er in die Richtung meiner Strategie geht. Wenn es da keine Verhaltensänderung gibt, dann muss man sich ohnehin die Frage stellen, wie hoch der Fit zwischen Mitarbeitendem und Unternehmensstrategie überhaupt ist.” 

Aber auch Menschen im passiven Widerstand dürfe man nicht vergessen: Diese Menschen würden glauben, dass sie ohnehin nichts ausrichten können und verfallen deswegen in eine Schockstarre. „Grundsätzlich sind wir Menschen Gewohnheitstiere, wir mögen den Status Quo sehr gerne und brauchen gute Argumente, um Veränderung zu schaffen”, erklärt Konya-Baumbach. „Eine Motivation kann da durchaus auch etwas sein wie: Wenn Du deine Arbeit mit KI schneller erledigt bekommst, dann hast Du halt früher Feierabend.” 

Die letzte Maßnahme für Unternehmen: Aktives Change Management betreiben und eine unternehmensweite KI-Strategie implementieren. Das helfe den Menschen, mit den Veränderungen besser klarzukommen. Dafür brauche es aber neben Zeit und Geld auch glaubwürdige Führungskräfte: „Wenn ich mir selbst die E-Mails ausdrucken lasse, bin ich kein glaubwürdiges Vorbild.” Dabei helfe es, nicht nur Ergebnisse zu zeigen, sondern im gesamten Prozess dabei zu sein. Wer also will, dass die Mitarbeitenden KI wirklich dauerhaft in ihren Arbeitsalltag integrieren, muss das zunächst einmal selbst tun. 

(fms, Jahrgang 1993) ist UX-Berater, Medien- und Wirtschaftsjournalist und Medien-Junkie. Er arbeitet als Content-Stratege für den Public Sector bei der Digitalagentur Digitas Pixelpark. Als freier Autor schreibt er über Medien und Marken und sehr unregelmäßig auch in seinem Blog weicher-tobak.de. Er hat Wirtschafts- und Technikjournalismus studiert, seinen dualen Bachelor im Verlag der F.A.Z. absolviert und seit mindestens 2011 keine 20-Uhr-Tagesschau verpasst.