„KI bereichert die Kreativität – die Führung bleibt menschlich“

Wie verändert KI das Marketing? Dylan Sellberg, Director of Product AI Innovation bei HubSpot, erklärt, warum KI kein Ersatz für Kreativität ist.
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Künstliche Intelligenz durchdringt jetzt bereits unseren Alltag. (© Imago)

Künstliche Intelligenz revolutioniert Marketing und Vertrieb – doch wie viel Raum bleibt dabei noch für menschliche Kreativität? Dylan Sellberg, Director of Product AI Innovation bei HubSpot, erklärt im Interview, warum KI nicht den kreativen Prozess ersetzt, sondern ihn ergänzt. Er spricht über die Entwicklung des neuen KI-Tools Breeze, dessen Potenzial für kleine Unternehmen und die Herausforderungen, die KI im Marketing und Vertrieb noch zu bewältigen hat.

Herr Sellberg, KI wird zunehmend in vielen Bereichen der Content-Erstellung eingesetzt. Glauben Sie, dass diese Entwicklung den kreativen menschlichen Einfluss mindert, oder sehen Sie KI eher als unterstützendes Werkzeug für kreative Prozesse?

Der menschliche Einfluss bleibt essenziell. KI sollte als kollaboratives Werkzeug betrachtet werden, das den kreativen Prozess unterstützt. Ich denke, die schlechteste Nutzung von KI wäre, Inhalte blind zu erstellen und zu veröffentlichen. Unternehmen sollten KI nutzen, um Ideen zu entwickeln, erste Entwürfe zu erstellen und diese dann zu verfeinern. Die beste Nutzung von KI ist die Zusammenarbeit, bei der die Technologie den kreativen Prozess bereichert, die Kontrolle aber beim Menschen bleibt.

HubSpot hat sich schon immer auf Inbound-Marketing und Benutzerfreundlichkeit konzentriert. Wie verändert der Einsatz von KI, insbesondere durch Ihr neues Tool Breeze, den bisherigen Ansatz von HubSpot?

KI verändert nicht alles grundlegend, aber sie verstärkt viele Dinge, die wir schon lange umsetzen wollten. Mit Breeze können unsere Kunden schneller und effizienter arbeiten, ohne lange Einarbeitungszeiten. KI übernimmt Aufgaben, die normalerweise viel Zeit und manuelle Arbeit erfordern, wie Datenanalyse oder Content-Erstellung. Es ist, als hätte man täglich einen Partner an seiner Seite, der bei Aufgaben hilft und den Prozess angenehmer macht.

Dylan Sellberg
Dylan Sellberg ist der Director of Product AI Innovation bei HubSpot und leitet die Entwicklung von ChatSpot, einem KI-gestützten Assistenten für das CRM-System von HubSpot.

Für kleine und mittelständische Unternehmen sind die Herausforderungen im Marketing oft groß. Wie können diese Unternehmen von Breeze und anderen KI-basierten Tools profitieren?

Kleine Unternehmen profitieren besonders von den Automatisierungsfunktionen von Breeze. Sie können beispielsweise effizienter Inhalte erstellen, Daten analysieren und ihre Kundenkommunikation verbessern, ohne große Teams oder Budgets zu benötigen. Mit KI können sie schneller skalieren und wettbewerbsfähig bleiben, da viele Aufgaben, die früher viel Zeit beanspruchten, jetzt automatisiert sind.

Ein großes Thema im Marketing ist die Content-Personalisierung. Wie hilft HubSpot seinen Kunden, KI zu nutzen, um Marketingkampagnen zu individualisieren und auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen zuzuschneiden?

Wir haben neue Scoring-Methoden eingeführt, die unseren Kunden helfen, ihre Zielgruppen besser zu segmentieren und gezieltere Inhalte zu erstellen. Mit generativer KI können Marketer beispielsweise eine E-Mail für verschiedene Segmente schreiben und diese dann mit Hilfe von KI personalisieren. Das spart viel Zeit und ermöglicht eine viel präzisere Ansprache der einzelnen Zielgruppen.

Trotz der vielen Fortschritte, die durch KI erzielt wurden, gibt es noch Herausforderungen. Wo sehen Sie derzeit die größten Einschränkungen von KI in den Bereichen Marketing und Vertrieb?

Eine große Herausforderung sehe ich bei der Übergabe zwischen Marketing und Vertrieb. Dieser Prozess erfordert derzeit noch viel menschlichen Input, um Kontext zu liefern und reibungslose Übergaben sicherzustellen. KI ist noch nicht in der Lage, diesen Prozess vollständig zu automatisieren. Allerdings arbeiten wir daran, diese Lücke in Zukunft zu schließen.

Der Umgang mit sensiblen Daten ist heute ein entscheidendes Thema. Wie baut HubSpot Vertrauen bei seinen Kunden auf, wenn es um den Einsatz von KI und den Umgang mit Kundendaten geht?

Vertrauen ist entscheidend. Viele Kunden zögern, KI einzusetzen, weil sie nicht verstehen, wie diese mit ihren Daten interagiert. Um dem entgegenzuwirken, haben wir transparente Ressourcen wie das Portal „Behind HubSpot AI“ entwickelt, das genau erklärt, wie unsere KI mit Daten arbeitet und welche Modelle verwendet werden. Diese Transparenz ist der Schlüssel, um das Vertrauen unserer Kunden aufzubauen und zu stärken.

Die Entwicklung von KI schreitet schnell voran. Welche Trends oder Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz von KI in Unternehmen?

Ich denke, wir werden enorme Fortschritte in den Fähigkeiten von KI sehen. In den nächsten ein bis zwei Jahren wird KI auf einem Niveau arbeiten, das mit einem Hochschulabsolventen vergleichbar ist. In drei bis vier Jahren könnten wir sogar KI auf Expertenniveau sehen, die professionelle Aufgaben übernimmt. Die eigentliche Frage wird jedoch sein, wie wir als Gesellschaft und Unternehmen diese technologischen Fortschritte in unseren Alltag integrieren.

HubSpot steht in direktem Wettbewerb mit anderen großen CRM-Anbietern wie Salesforce. Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen beider Systeme im Vergleich?

HubSpot ist wesentlich einfacher zu bedienen als Salesforce. Kunden berichten oft, dass Salesforce sehr komplex ist und viel manuelle Konfiguration erfordert. HubSpot hingegen funktioniert direkt „out of the box“, ohne umfangreiche Anpassungen. Diese Einfachheit ist ein großer Vorteil für viele Unternehmen, insbesondere für diejenigen, die noch nicht bereit sind für hochgradig maßgeschneiderte Systeme. Salesforce kann für fortgeschrittene Nutzer von Vorteil sein, die genau wissen, welche Modelle sich am besten für bestimmte Aufgaben eignen. Diese tiefgreifenden Anpassungsmöglichkeiten machen Salesforce ideal für Unternehmen, die bereit sind, Zeit und Ressourcen in ein hochgradig individuell angepasstes System zu investieren.

Vertrauen ist bei neuen Technologien wie KI besonders sensibel. Wie stellt HubSpot sicher, dass der Einsatz von KI für Kunden sicher und transparent ist?

Wir legen großen Wert auf Transparenz. Unser Portal „Behind HubSpot AI“ zeigt genau, wie unsere KI funktioniert, welche Daten sie verwendet und wie diese verarbeitet werden. Diese Offenheit gibt unseren Kunden die Sicherheit, dass ihre Daten sicher sind und sie die volle Kontrolle darüber haben, wie KI eingesetzt wird.

Abschließend: Welche Rolle wird KI Ihrer Meinung nach in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Marketing und Vertrieb spielen? Glauben Sie, dass sie die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend verändern wird?

Absolut. Ich denke, KI wird die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend verändern. Wir werden mehr Automatisierung sehen, die es Unternehmen ermöglicht, effizienter zu arbeiten und gleichzeitig personalisierte Kundenerlebnisse zu schaffen. KI wird nicht nur ein Werkzeug sein, sondern ein integraler Bestandteil der täglichen Arbeitsabläufe.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.