Eine Werbeanzeige ablehnen? Noch dazu von einer großen, international bekannten Marke? Das erlaubt sich, gerade in Zeiten stark rückläufiger Anzeigenerlöse, wohl kaum ein Verlag. Die Macher von Gusto, dem kulinarischen Reiseführer, haben sich kürzlich dazu entschieden, die Veröffentlichung von San Pellegrino-Annoncen oder anderer Marken des Nestlé-Konzerns abzulehnen. Stattdessen hat Gusto den Werbeplatz kostenfrei der Initiative Viva con Agua angeboten. Die so genannte All-Profit-Organisation setzt sich seit über zehn Jahren dafür ein, dass Menschen weltweit Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, fördert Wasserprojekte und Aktionen im In- und Ausland, etwa in Äthiopien, Nepal, Ruanda oder Uganda. Gusto gilt als nicht mehr ganz neuer Newcomer, der sich in den letzten Jahren in die Riege der erstklassigen Gastro-Guides empor geschrieben hat.
Soziales Engagement zahlt sich aus
Dort, in Hamburg, wo der gemeinnützige Verein Viva con Agua de Sankt Pauli e.V. seinen Hauptsitz hat, hat man sich sehr gefreut: „Wir arbeiten generell und ganz bewusst ohne bezahlte Werbung für unsere Mission und sozialen Produkte. Wenn Anzeigen oder Spots rund um unsere Vision ‚Alle für Wasser – Wasser für Alle‘ zu sehen sind, dann sind das großzügige Geschenke und soziales Engagement zugunsten von Viva con Agua. Wir sind glücklich darüber, nun auch im Restaurantführer Gusto vertreten zu sein. Alle, die uns unterstützen, investieren ihre Talente, Ideen, ihre Spenden und Möglichkeiten ganz klar mit viel Freude und Herzblut – für die Bewusstseinsbildung rund um das Menschenrecht Wasser. Das macht den Zauber von Viva con Agua aus!“, sagt Pressesprecherin Claudia Gersdorf.
Nestlé und die Privatisierung des Trinkwassers
Dagegen hat Nestlé seit Jahren ein Imageproblem: Sie geraten gerade wegen der stark vorangetriebenen Privatisierung von Trinkwasser in Dritte-Welt-Ländern immer wieder in die öffentliche Kritik. Die Anzeigenbuchung wäre für den „familiengeführten“ Guide ohne großen Verlag natürlich lukrativ gewesen und hätte vermutlich das Image bei anderen großen Anzeigenkunden gefördert, aber: „Wir können und wollen nicht darüber hinwegsehen, dass es sich bei San Pellegrino um eine der europäischen Premiummarken des Nestlé-Konzerns handelt, mit dessen Geschäftspraktiken in den ärmeren Ländern dieser Erde wir überwiegend nicht einverstanden sind und dessen massenhaften Erwerb von Trinkwasserrechten in der Dritten Welt wir verurteilen“, so Gusto-Chef Markus J. Oberhäußer.