Ein Interview mit Digital Marketing Consultant Elias Lange (elias-lange.de)
Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Fauxpas, die kleine und mittelständische Unternehmen in der Vermarktung ihrer Website machen?
Ein großer Fehler ist, dass viele Unternehmen vielleicht bereits eine Website haben, leider aber denken, dass man diese nur einmal erstellen muss um damit gefunden zu werden. Nach sechs bis zwölf Monaten wundert man sich, warum kaum Besucher zur Website finden, beziehungsweise Dienstleistungen oder Produkte nicht gekauft werden oder das Kontaktformular nicht einmal ausgefüllt wird. Das liegt aus meiner Erfahrung meist daran, dass die Webseiten keine konkreten „Call-To-Actions“ (Handlungsaufforderungen) haben und die Benutzerfreundlichkeit zu wünschen übrig lässt. Desweiteren fehlt es an guten Inhalten und einer Struktur, welche auf den potentiellen Kunden und sein Anliegen ausgerichtet ist. Wovon ich in diesem Zusammenhang auch abraten möchte ist, die Unternehmenspräsenz auf einem sogenannten Shared-Server abzulegen wo sich meist Tausende von Benutzern einen Server teilen und dadurch die Performance und Ladegeschwindigkeit leidet. Mit einer privaten Website oder für ein Hobby kann ich das noch verstehen – um Ausgaben und Kosten zu sparen – aber wir reden hier von Unternehmen, welche einen professionellen Internetauftritt haben sollten und zudem diese Ausgaben als Betriebskosten absetzen können.
Welche Fehler sind insbesondere im Social-Media-Bereich auffällig?
Besonders auffallend ist, dass sich niemand aktiv um den jeweiligen Social-Media Auftritt kümmert. Kaum verwunderlich, dass dadurch auch nur sehr wenige oder keine Beiträge veröffentlicht werden welche die Zielgruppe direkt ansprechen und zur Interaktion animieren. Wenn dann doch Nutzer oder Fans einen Kommentar veröffentlichen und darauf erst nach einer Woche eingegangen oder geantwortet wird, zeugt das nicht von Aufmerksamkeit und Wertschätzung dem Kunden gegenüber.
Weist ein Unternehmen eine äußert geringe Anzahl an Followern auf seinen Social Media-Kanälen auf: Was kann unternommen werden, um die Follower-Anzahl zu erhöhen? Können Sie in paar allgemeingültige Tipps für Twitter, Facebook und Instagram geben?
Grundsätzlich sollte man natürlich erst einmal überlegen und prüfen, wo ist meine Zielgruppe unterwegs und wie kann ich diese mit welchen Inhalten am besten erreichen. Denn wenn diese zum Beispiel nicht bei Twitter sind, warum sollte ich diesen Kanal bespielen wenn am Ende keiner auf meine Inhalte reagiert. Zumal dieser Kanal sehr schnelllebig ist und Tweets in der Masse schnell untergehen. Bei Instagram sollte vor allem darauf geachtet werden, dass passende Hashtags für das jeweilige Bild verwendet und Nutzer animiert werden Kommentare zu hinterlassen. Wie auch bei Facebook spielt natürlich der Zeitpunkt der Veröffentlichung von Beiträgen zudem eine große Rolle um die eigenen und potentielle Kunden auf den jeweiligen Plattformen bestmöglich zu erreichen. Eine Integration und prominente Verlinkung auf der Unternehmenswebsite zu den eigenen Social-Media-Profilen versteht sich dabei von selbst und sollte auch in Publikationen und Newslettern eine Erwähnung finden.
Gesetzt der Fall, die meisten User steuern die Website eines Unternehmens überwiegend über die URL an und kommen kaum über Google oder Social Media. Warum bewertet man dies im SEO-Bereich als ein schlechtes Zeichen?
In diesem Fall muss man vielleicht erst einmal sagen: super, dass die Website überhaupt aufgerufen wird und hoffentlich einen Mehrwert für den Besucher bietet. Ansonsten sollte man natürlich schon prüfen warum über Social-Media und Suchmaschinen kaum Besucher auf die eigene Website kommen, was letztendlich auch unterschiedliche Gründe haben kann. Das Problem ist aus meiner Sicht zudem nicht nur, dass einige wenige oder auch viele Besucher direkt – also ohne Umwege – auf die Website kommen, sondern welche Informationen eine Suchmaschine über diese Aufrufe bekommt um darüber auch einschätzen zu können, wie wertvoll und relevant die Website für einen Nutzer bzw. für eine Suchanfrage ist oder sein könnte. Gehen wir einmal vom Marktführer Google aus, welcher durch Google Analytics und Google Chrome bereits sehr viele Datenquellen hat und dementsprechend sehr viele Daten auswerten kann, um Rückschlüsse zu Websites und Nutzerverhalten auf Webseiten zu schließen. Diese Informationen fließen in den Algorithmus ein, welcher bestimmt, welche Ergebnisse in den SERPs (Suchergebnisseiten) für entsprechende Suchanfragen angezeigt werden. Daher kann ich empfehlen, vor allem Analytics in Kombination mit der Google Search Console zu nutzen (beide kostenlos), um wichtige Daten und Metriken zur eigenen Website zu erhalten. Diese können letztendlich helfen, die eigene Website so zu optimieren, um in Suchmaschinen sichtbarer zu werden.
Wie kann ein Unternehmen seine Produkte (außer über kostspielige Anzeigen) besonders sichtbar bei Google machen?
Am besten gelingt das tatsächlich, indem man seine Produktseiten so optimiert, dass diese aus Kundensicht interessant und relevant sind. Man sollte also in der Lage sein, sich in den Kunden hinein zu versetzen, um zu verstehen, was seine Probleme oder Schmerzen sind, um dann eine passende Lösung präsentieren zu können. Meist reicht es nämlich nicht Punkt für Punkt zu beschreiben, wie toll das eigene Produkt ist, vielmehr sollte der Mehrwert für den Nutzer im Vordergrund stehen und dieser auch auf emotionaler und rationaler Ebene kommuniziert werden. Dazu gehört auch, dass man holistische Texte, häufige Fragen und Antworten sowie Bilder und Videos integriert, welche dazu animieren, sich länger auf der Webseite aufzuhalten. Das kommt schlussendlich der eigenen Sichtbarkeit zugute. Außerdem sollte man sich mit strukturierten Daten (Schema.org Markup) auseinandersetzen und diese Integrieren, um beispielsweise die beliebten Sterne auch im Suchergebnis angezeigt zu bekommen neben weiteren produktspezifischen Angaben.
Wie wichtig ist lokales SEO (Google Maps) gerade für KMU?
Aus meiner Sicht sollte jedes Unternehmen einen Google My Business-Eintrag haben. Dieser ist die Voraussetzung, um auch oben im Local Pack bzw. Local Finder präsent zu sein. Was die wenigsten wissen: Es können auch eigene Beiträge verfasst und veröffentlicht werden was derzeit ein echter Wettbewerbsvorteil ist, da dieses Feature bisher die wenigsten KMU nutzen. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit eigene Fragen und Antworten einzupflegen und auch der Gebrauch von Fotos und Videos sollte im Profil eine Verwendung finden um eine Interaktion zu fördern. Denn diese positiven Verhaltens Signale eines Nutzers sowie dessen Klicks auf Anrufe oder der Aufruf zur Unternehmensseite sind wertvolle Signale für Google welche in das Ranking der eigenen Website einzahlen.
Oft haben Marken keine echten News auf Ihrer Seite, doch wären aktuelle News nicht eine effektive Maßnahme, den Traffic auf der Seite zu erhöhen?
Natürlich, solange die News thematisch zur eigenen Dienstleistung oder zum Produkt passen und für die Zielgruppe relevant sind, können aktuelle News eine Möglichkeit sein um Traffic auf die Website zu bringen. Dementsprechend sollte aber auch der Beitrag so aufgebaut und optimiert sein, dass der Besucher zu mindestens einer weiteren Handlung aufgefordert wird nachdem dieser den Text/Bild(er)/Audio/Video konsumiert hat. Wie zum Beispiel durch eine Frage um darauf einen Kommentar zu bekommen, welcher selbstverständlich dann auch beantwortet werden sollte um eine echte Interaktion zu schaffen was Vertrauen schafft und gleichzeitig als positives Signal für Suchmaschinen durch eine längere Aufenthaltsdauer und geringe Absprungrate gewertet werden kann.
Wenn ein Unternehmen zusätzlich zu seiner Produktseite viele informative Artikel veröffentlicht – wie gelingt es, diese Inhalte bei Google zu höherer Sichtbarkeit zu verhelfen? Was belohnt Google, was straft Google ab?
Erst einmal, weniger ist mehr. Neue Artikel können gerne nach einer Bedarfsanalyse und entsprechenden Recherche veröffentlicht werden aber bitte spätestens nach einem Jahr auch mal schauen und analysieren, ob es auf diese überhaupt (noch) Besucher gibt. Ansonsten hat der Artikel keine Daseinsberechtigung mehr und sollte gelöscht werden. Punkt. Das klingt vielleicht radikal auf dem ersten Blick, entschlackt und verschlankt aber die eigene Website. Inhalte die keiner liest, einfach schlecht oder überoptimiert sind (Thema: Keyword Stuffing), gibt es leider schon genug im Internet und auch Google hat das erkannt und geht dagegen mit Abstrafungen und schlechten Positionen in den Suchergebnissen vor. Wie oft letztendlich ein Keyword im Artikel auftauchen sollte, um den gewünschten Effekt einer guten Position mit diesem Artikel zu erreichen, hängt (leider) nicht nur von einem Faktor ab und Bedarf meist einer vorherigen Analyse. Nichtsdestotrotz sollte das Keyword mindestens in der URL, in Überschriften und im Text eine Verwendung finden. Passende Bilder und auch Videos, mit entsprechender Benennung, gewinnen immer mehr an Relevanz. Besucher wollen eben nicht nur noch reinen Text lesen sondern das ganze Spektrum der uns zur Verfügung stehenden Sinnesorgane nutzen. Erzählen sie eine Geschichte, machen sie Storytelling welches fesselt und zu einem Erlebnis für ihre Kunden und Besucher wird. Denn nur interessante und informative Inhalte werden letztendlich geteilt und bekommen auch Backlinks.
Wie wichtig sollen KMU Bewegtbild nehmen?
Ich hoffe wir sprechen jetzt nicht von Slidern, welche die Startseite komplett einnehmen. Mittlerweile zeigt sich nämlich, dass die Absprungrate auf solchen Seiten relativ hoch ist. Da würde ich lieber zu einem Ticker, animierten Bild oder professionell gemachten (emotionalen) Video greifen. Denn gerade im Video liegt die Zukunft, wenn man sich einmal die Anzahl der mobilen Nutzer von Videos anschaut: 1,78 Milliarden im Jahr 2018 mit einer Prognose von weltweit 2,3 Milliarden für das Jahr 2021. Hier kann man nicht mehr nur von einem Trend sprechen sondern einem „Must-Have“ für die eigene Website. Aber bitte keine drei Stunden Videos welche nur um den heißen Brei reden und keinen echten Mehrwert bieten. Ein professionelles Video sollte nicht in die Länge gezogenen werden sondern ein Werk sein, dass nach dramaturgischen und inhaltlichen Aspekten optimal gestaltet ist. Am Ende können dass dann zwei oder auch zwanzig Minuten sein solange dem Konsumenten nicht langweilig wird und sollte am besten mit A/B Tests getestet werden.