Niedrige Kosten, hohe Response und präzise Erfolgsmessung – sowohl in Hinsicht auf Kundenbindung als auch zur direkten Verkaufs- und Umsatzsteigerung funktioniert der Marketingkanal E-Mail hervorragend. Doch neben aller positiven Entwicklung etwa bei Auslieferungs- und Click-Through-Raten oder sinkenden Spam-Beschwerden hat die Branche auch mit Problemen zu kämpfen. Insbesondere der rückläufige Trend der Öffnungsraten macht Sorgen. Eine aktuelle Studie vom E-Mail-Marketing-Spezialisten DoubleClick (E-Mail-Trendreport Q2 2005 für EMEA) geht jetzt diesem Phänomen auf den Grund und liefert überraschende Lösungsansätze. Die Daten, die vom zweiten Quartal 2004 bis zum zweiten Quartal 2005 erhoben wurden, stützen sich auf über eine Milliarde permissionbasierter E-Mails, die mit Hilfe der DARTmail-Technologie von DoubleClick in EMEA versendet wurden.
Das E-Mail-Marketing, so zeigt die Studie, weist deutliche Parallelen zum Direktmarketing auf. Auch beim Direktmarketing wurde der Versand von zum Beispiel Katalogen für Verbraucher schnell zu einer Belastung. Die Auswahl von Werbesendungen wurde zunehmend gezielter, alle unrelevanten Sendungen wurden entsorgt. Um diesem Trend entgegenzuwirken mussten vorhandene Adresslisten segmentiert und die Inhalte systematisch versendet werden. Ein ähnlicher Wandel findet zurzeit auch im E-Mail-Kanal statt.
Positive Trends: Auslieferungs-, Bounce- und Click-Through-Raten
Zu den Fakten: Die Auslieferungsrate von E-Mails ging im zweiten Quartal 2005 in Europa, Nahen Osten und Afrika (EMEA) generell zwar leicht zurück. Die Internet-Kernländer Europas, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, konnten diese wichtige Kennzahl für das E-Mail-Marketing jedoch steigern. In diesem ausgesuchten Kreis nimmt Deutschland die Spitzenposition ein: Hier wurde mit 94,6 Prozent nicht nur die höchste Auslieferungsquote erreicht, es konnte auch der höchste Zuwachs gegenüber dem Vorjahr (2,8 Prozent) erzielt werden. Frankreich liegt mit 92,7 Prozent leicht dahinter. Großbritannien nimmt mit einer Gesamtauslieferungsquote von 88,6 Prozent den dritten Platz ein.
Was die Hard-Bounce-Quote anbelangt, also zum Beispiel ungültige E-Mail-Adressen, so erlebte die Branche im gesamten EMEA-Raum mit 5,46 Prozent aller versendeten E-Mails einen Höchststand. In Deutschland ist diese Rate am stärksten gestiegen, was auf neue Methoden der ISPs zurückzuführen ist, E-Mails zu bearbeiten und Hardbounces zu melden. Die schlechten Zahlen haben, so die DoubleClick-Studie, ihre Ursache vermutlich auch darin, dass Unternehmen Adressen vermehrt ohne Gültigkeitsprüfung sammeln. Die Soft-Bounce-Quote, also Rückläufe etwa wegen überfüllter Mailbox, ging dagegen zurück. Dies liegt vor allem an der höheren Speicherkapazität, die ISPs und Freemailer ihren Kunden zur Verfügung stellen.
Abbildung 1: DIE AUSLIEFERUNGSQUOTE, ÖFFNUNGSRATE UND CLICK-THROUGH-RATE IM TREND
Die Entwicklung der wichtigen Click-Through-Raten für EMEA ist im großen Maßstab betrachtet stabil geblieben; auf nationaler Ebene ergeben sich jedoch leichte Abweichungen. In Großbritannien stiegen die Zahlen bereits im 5. Quartal in Folge auf nunmehr 9,8 Prozent. In Frankreich sanken die Zahlen um 10,5 Prozent auf 11,1 Prozent, Deutschland sah keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr (stabil bei 7,9 Prozent). Die erfreulichen Ergebnisse zeigen, dass Werbetreibende dazugelernt haben und analog zu Direktmarketern verstärkt darauf achten, die richtige Nachricht zur richtigen Zeit zu versenden.
Erfolgreiche E-Mail-Formate: HTML versus Multipart
E-Mail-Marketer haben die Wahl zwischen verschiedenen Formaten, in denen sie ihre Nachrichten verschicken. Ihr Lieblingsformat ist klar HTML, aber das Multipart-Format, also die Kombination aus Nur-Text- und HTML-Mail, ist stark am Kommen. 62 Prozent aller Mails in der EMEA-Region wurden in HTML verfasst, 23 Prozent als Multipart und 15 Prozent als Nur-Text.
Die verstärkte Nutzung von Multi-Part E-Mails könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich Marketer zurzeit darauf konzentrieren, neue Empfänger für ihre Listen zu gewinnen. Das Multi-Part-Format wird in der Regel dann genutzt, wenn Marketer nicht wissen, welches Format von dem E-Mail-Programm des Empfängers unterstützt wird. Sobald das unterstützte Format ermittelt ist, und das ist nach Auslieferung und Öffnung der ersten E-Mail der Fall, werden E-Mails nur noch in dem entsprechenden Format versendet.
Weniger Spam-Meldungen
Eine gute Nachricht für E-Mail-Marketer: Die Spam-Meldungen sinken beständig. Nur noch 0,64 Prozent der versendeten E-Mails werden von den Empfängern als unerwünschte Werbebotschaft gesehen und entsprechend bei ihrem Provider gemeldet. Im Jahresvergleich ist das ein Rückgang um 31,2 Prozent.
Abbildung 2: DIE BESCHWERDE-RATE NACH QUARTAL
Die Gründe, weshalb Empfänger einen einmal abonnierten Newsletter als Spam melden, sind vielfältig. Für die Verfasser der DoubleClick-Studie erinnern sich Empfänger häufig nicht mehr daran, den Service abonniert zu haben. Zum anderen sind sie nicht mehr an den Inhalten interessiert; die Werbetreibenden werden also den Versprechungen nicht mehr gerecht, die sie dem Kunden zum Zeitpunkt seiner Einverständniserklärung gegeben haben.
Zielgruppen per E-Mail-Newsletter richtig ansprechen:
|
Hohe Auslieferungs- und Click-Through-Raten sowie der Rückgang der Spam-Meldungen sprechen dafür, dass E-Mails nach wie vor einen hohen Stellenwert haben und sich die Empfänger sehr intensiv mit Marken, die über E-Mail-Kampagnen beworben werden, auseinander setzen.
Sinkende Öffnungsraten
Als Problemkind der Branche gelten jedoch nach wie vor die Öffnungsraten. Sie sind in EMEA im zweiten Quartal 2005 um 20 Prozent zurückgegangen. Deutschland verzeichnete den stärksten Rückgang; hier fielen sie von 37 Prozent im zweiten Quartal 2004 auf 28,3 Prozent im zweiten Quartal 2005. In Großbritannien fiel der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr moderat aus (von 36,2 Prozent in Q2 2004 auf 31,8 Prozent in Q2 2005). Frankreich lag mit einem Rückgang um insgesamt 21,0 Prozent im Jahresvergleich (von 48,6 Prozent in 2004 auf 38,4 Prozent in 2005) an zweiter Stelle.
Welche Gründe gibt es für den Rückgang der E-Mail-Öffnungsraten? Drei Bereiche heben die Marketingexperten von DoubleClick besonders hervor: Die schrittweise Einführung neuer ISP-Technologien, die Alterung von Adressdaten und die Verhaltensänderungen der Empfänger, ausgelöst durch das immer größere E-Mail-Volumen.
ISP-Technologie im Wandel: Werbefilter und Grafikunterdrückung
Seit Herbst 2003 führen ISPs schrittweise neue Technologien ein, die sich auf Öffnungsraten auswirken. E-Mail-Provider wie Hotmail und Yahoo haben nicht nur strengere Filterkriterien und effektivere Filter gegen unerwünschte Werbebotschaften in ihre E-Mailsysteme integriert. Sie bieten ihren Kunden auch so genannte Bulk-Ordner an, in denen unerwünschte Massenmails vor-, bzw. aussortiert werden. Zum anderen kommen vermehrt Technologien zum Einsatz, mit denen sich die in E-Mails integrierten Grafiken unterdrücken lassen. Ein Problem für E-Mail-Marketer, denn um das Öffnen einer HTML-Mail zu erfassen, muss eine 1-Pixel-Grafik eingefügt werden, die Kontakt zu einem Webserver aufnehmen kann.
Die Trends sind auch auf Nutzerebene erkennbar. In verbreiteten E-Mail-Programmen wie Outlook 2003, Outlook Express mit SP2, aber auch AOL oder GMail kommen heute verstärkt Werbefilter und Funktionen zum Unterdrücken von Grafiken zum Einsatz. Laut der DoubleClick E-Mail-Verbraucherstudie 2005 benutzen 47 Prozent der Nutzer die neuen Funktionen. Grundsätzlich sind die neuen Programmfunktionen jedoch kein Grund zur Besorgnis. Wie die Untersuchung der AOL-Öffnungsraten zeigt, hängt das Unterdrücken von Grafiken zumindest bei AOL nicht mit dem Rückgang der Öffnungsraten zusammen.
Neue Probleme: Die zunehmende Alterung von Listen
Gravierender wirkt sich ein anderer Faktor auf die Öffnungsraten aus: Die Alterung von Adressdaten. Es ist kaum eine bahnbrechende Erkenntnis, dass neue Adressen effektiver seien als alte. Doch die drastischen Auswirkungen, die alternde Adressen auf die Wirksamkeit der gesamten Liste haben, ist wohl den wenigsten bewusst. Sinkt der Anteil neuer Adressen in der Gesamtdatenbank eines Werbetreibenden, so wirkt sich dies automatisch negativ auf die gesamte Öffnungsrate aus. Erhalten diese Adressen wiederholt die gleiche Marketingbotschaft, so die Verfasser der Studie, vergrößert sich der Effekt und die Wirksamkeit des gesamten Datensatzes stumpft ab.
Veraltende Adressdaten sind als Problem aus dem Direktmarketing bereits seit längerem bekannt. Hier führte der Kostendruck schnell zur Segmentierung von Listen nach Dateialter, Aktualität und Frequenz des letzten Einkaufs. Nur so konnte das Verhältnis aus Antwortquote und Kosten optimiert werden. Nebenbei konnten auf diese Weise auch spezifische Ziele und Kontaktstrategien für jedes einzelne Kundensegment entwickelt und sogar die Erfolgsquote für jedes Segment ermittelt werden, anstatt nur das Gesamtergebnis sporadisch zu überprüfen.
Die ökonomischen Gesetze des E-Mail-Marketing sind andere als die des Direktmarketing. Vor allem die niedrigen Versandkosten bieten eine nahezu garantierte Möglichkeit, die Rentabilitätsgrenze zu erreichen. Das Ziel der Segmentierung, zum Beispiel in Form einer RFM-Analyse oder durch die Erstellung von Kundenprofilen, muss hier also nicht lauten, weniger E-Mails zu verschicken. Vielmehr gilt es, eine bessere Auswahl der Empfänger zu treffen. So lassen sich weitaus schneller entsprechende Umsätze generieren.
Wege aus der Krise: Öffnungsraten differenzieren
|
Die Öffnungsraten sind trotz Rückgang ein wichtiger Faktor zur Erfolgsbeurteilung einer Kampagne. Allerdings sollten Öffnungsraten pro Kundensegment und unter Berücksichtigung des Zeitfaktors analysiert werden. Ziel ist es, eine Kontaktstrategie für einzelne Kundensegmente anstelle allgemeiner Kampagnen zu entwickeln.
Die durchaus nachvollziehbare Reaktion, aufgrund der Alterungsproblematik ältere Adressen erst gar nicht mehr anzusprechen, führt in die Irre. Kunden, die aktiv auf E-Mails reagieren, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Marke überzeugt und Kunden, die auf E-Mails nicht reagieren, könnten in anderen Kanälen durchaus wertvoll sein. Durch das Verschieben von Offline-Kunden in Online-Kanäle mit höherer Gewinnquote können häufig Lebenszeitwert des Kunden (LTV) und Gewinnspanne verbessert werden. Nicht zuletzt erzielten selbst ungeöffnete E-Mails beträchtlichen indirekten Werbeeffekt, da sie die Marke im Gedächtnis präsent halten.
Weiterentwicklung des Kundenverhaltens
Großen Einfluss auf die Öffnungsraten hat auch das veränderte Nutzerverhalten. E-Mails sind wichtiger denn je: 90 Prozent der Nutzer prüfen mehrmals täglich ihren Posteingang, durchschnittlich erhält jeder 361 E-Mails pro Woche über drei oder mehr E-Mailkonten (DoubleClick E-Mail-Verbraucherstudie 2005). Die Empfänger passen ihr Verhalten dem wachsenden E-Mail-Volumen an. Im Klartext: Sie sind schlicht wählerischer als früher. Und sie haben die Technik zur Hand, die E-Mail-Flut zu verwalten: mit Bulk-Ordnern, Filterregeln, persönlichen Kontaktlisten und komplexen E-Mail-Programmen. All das hat zum stetigen Rückgang der Öffnungsraten in den letzten fünf Quartalen beigetragen.
Erfolgsrezepte aus dem Direktmarketing: Inhaltsrelevanz und Modelle der Kundenlebenszyklen
Die stabilen Click-Through- und Konversionsraten zeigen jedoch, dass E-Mails für die Empfänger nicht weniger wichtig geworden sind. Im Gegenteil: Wenn Interesse für ein Produkt da ist und wenn das Angebot überzeugend ist, reagieren auch die Kunden. Um erfolgreich zu werben, sollten E-Mail-Marketer Timing und Inhaltsrelevanz ihrer Nachrichten optimieren. Ein erster Schritt für mehr Relevanz: Marketer können die Kundendatenbank und die Bedürfnisse, die ihr Unternehmen überhaupt erfüllen kann, gegenüberstellen.
Darüber hinaus sollten Modelle der verschiedenen Kundenlebenszyklen erarbeitet werden, die die wichtigsten Kontaktmöglichkeiten berücksichtigen, zum Beispiel Einkäufe, Geburtstage, bestimmte Treuestufen und Stornierung von Bestellungen. Grundsätzlich gilt: Damit die Modelle funktionieren sollten so viel Daten aus den Mailing-Aktivitäten wie möglich verwendet werden. Hierzu stehen Öffnungs-, Klick- und Konversionsraten Verfügung.
Ergänzend gibt es aus der Anmeldung zahlreiche persönliche Profildaten und Angaben zu den Vorlieben der Nutzer. Diese können, den gesetzlichen Vorgaben Rechnung tragend, mit Hilfe zusätzlicher Informationen aus anderen Kanälen, Verhalten auf Webseiten und demographischen Daten vervollständigt werden.
Fazit: Das Direktmarketing hat es vorgemacht – sinkende Öffnungsraten sind kein Grund zur Beunruhigung. Listensegmentierung und gezieltes Targeting ermöglichen eine effektive Ansprache der Kunden. Von einer verstärkten Konzentration auf Inhaltsrelevanz und Timing profitieren alle Seiten: Kunden finden Informationen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind und Werbetreibende profitieren von höheren Öffnungs- und Konversionsraten, also mehr Verkäufen.
Autor:
Holger Schlösser ist freier Journalist für Print- und Online-Medien in Berlin. Seine Themenschwerpunkte sind Computer, Internet, Telekommunikation und Politik.
Die erwähnten Studien finden Sie im Resource Center unter www.doubleclick.de
eingestellt am 25. Januar 2006