Von Ferdinand Dudenhöffer und Karsten Neuberger
Nachdem der VW-Golf in seiner Einführungskampagne im Frühjahr 2013 bundesweit mit Prämienprogrammen unterstützt wurde, erscheint jetzt der neue VW Passat mit Schnäppchenpreisen. Gleichzeitig wurden in den ersten fünf Monaten 86.850 VWNeuwagen oder 30 % aller VW-Pkw als Eigenzulassungen – also vom Autobauer und seinen Händlern – zugelassen. Hinter Eigenzulassungen stehen Geschäftsmodelle, die sehr deutlich die Margen der Autobauer verschlechtern. Nicht viel besser sieht der Rabattwettbewerb bei Ford oder Opel aus. Dort wird der neue Opel Corsa bei Händlern für 9.999 Euro oder 22% Rabatt offeriert. Ford-Händler bieten den Ford C-Max mit Aktionsrabatten in der Einstiegsversion von 3.860 Euro oder 27% Rabatt an. Die drei großen deutschen Volumenhersteller liefern sich eine Rabattschlacht, die bisher nicht beobachtbar war. Das Ergebnis dieses harten Rabattwettbewerbs ist direkt am CAR-Rabatt-Index ablesbar. Mit einem Index-Wert von 126 Punkten ist das Rabatt-Niveau höher als im Vorjahr. Mit Ausnahme des Jahres 2013 lagen die Rabatte im Neuwagenmarkt im Juni dieses Jahres so hoch wie seit 2010 nicht mehr.
Gute Gesamtkonjunktur
Bei den 30-meistverkauften Neuwagen wurden im Juni im Durchschnitt 19,6% Rabatte auf die Listenpreise bei Vermittlung über die großen Internetvermittler eingeräumt und knapp 29% alle Fahrzeuge kamen als Eigenzulassungen in den Markt. Seit mehreren Monaten ist zu beobachten: Der deutsche Automarkt findet trotz guter Gesamtkonjunktur kein Ende der Rabattspirale. Es zeichnet sich ein struktureller Umbruch ab. Neuwagenverkäufe der deutschen Großserienhersteller Opel, Ford und VW sind ohne noch höhere Rabatte nicht mehr vorstellbar. Ausschlaggebend für diese neue Entwicklung ist der Eintritt von VW in einen aggressiven Rabattwettbewerb. Da der deutsche Automarkt einen wichtigen Geschäftsbereich der deutschen Volumenhersteller ausmacht, muß damit gerechnet wird, dass die Halbjahresergebnisse von VW, Ford Europe und Opel eher Sorgenfalten erzeugen werden.
Händler-Rabatte bei Internet-Neuwagenvermittlern
Die durch die Internetvermittler beworbenen Händler-Rabatte für die Top 30 Modelle im Privatkundenmarkt sind im Juni um 0,2% auf 19,6% gestiegen. Trotz guter Gesamtkonjunktur stiegen die Rabatte eher, sprich die Autobauer verstärken ihre Prämienprogramme. Unter den Kompakt-Modellen bleibt der Ford Focus Rabatt-Spitzenreiter. Bei diesem Modell stiegen die Rabatte bei den Internetvermittlern nochmals um durchschnittlich 1,2% auf jetzt 28,2% an. Solch hohe Rabatte sind nur durch zusätzliche Prämienprogramme des Autobauers realisierbar. Auch die Kompakt-Modelle Seat Leon und Hyundai I30 werden aktuell mit hohen Rabatten von 27,1% bzw. 26,2% angeboten. Die niedrigsten Nachlässe werden in diesem Segment auf die Modelle Audi A3 mit 13,9%, VW Golf mit 14% und BMW 1er mit 17,1% gegeben.
Lokale Händlerangebote
Bei den lokalen Händler-Angeboten fallen weiterhin Angebote von VW und Audi-Händlern auf, die auf die Eroberung von Fremdmarken-Besitzern abzielen und enorm hohe Nachlässe in Aussicht stellen. Die beworbenen Rabatte bewegen sich zwischen 2.750,- Euro beim Kauf eines VW UP (entspricht 27% Rabatt) und 7.500,- Euro beim Kauf eines VW Golf Cabriolets. Dies korrespondiert mit 30% Rabatt. Beim VW Polo geht der Rabatt bis 32%. Bei Audi findet man 3.710,- Euro Rabatt beim A1 Sportback und 6.620,- Euro beim Q3. Bei Opel wird das Astra-Auslaufmodell weiterhin mit weit über 5.000,- Euro Nachlass ab ca. 12.000,- Euro angeboten Das sind über 30% Preisnachlass. Der Astra-Kauf zum Corsa-Preis ist damit derzeit möglich. Beim neuen Corsa bewegen sich die in Händler-Annoncen genannten Rabatte um 2.500,- Euro. Das entspricht 21,5% Nachlass auf den Basis-Listenpreis. Bei Ford ist zu sehen, dass die vom Hersteller offiziell ausgelobten Aktionsboni in Händlerangeboten nochmals deutlich übertroffen werden. So wirbt ein Händler mit einem Aktionsreis von 14.490,- Euro inkl. Überführungskosten für einen C-Max mit Klimaanlage. Setzt man für die Überführungskosten einen Gegenwert von 600,- Euro an, so ergibt sich ein Rabatt von 5.110,- Euro oder 26,9%. Ford wirbt ganz offiziell mit 3.860,- Euro Aktionsbonus. Vergleichbar verhält es sich bei den Modellen Fiesta und Focus. Die Händler-Angebote zeigen, dass bei den Autobauern mit hohen Händler- Prämienprogrammen „gearbeitet“ wird. Damit werden die Margen der Autobauer deutlich geschwächt.
Aktionsangebote mit höchstem Kundenvorteil
Neben den lokalen Händlerangeboten sind die bundesweit geltenden Sonderaktionen der Autobauer von Bedeutung. Die Hersteller Ford, Renault, Nissan, Citroen, Toyota und Fiat haben im Mai mit Aktionsangeboten geworben, die die höchsten Kundenvorteile boten. Fords „Flatrate-Finanzierung“ für den Kleinwagen Fiesta bietet einen Gesamt-Kundenvorteil von 3.210,- Euro (29,3%) und bietet damit den höchsten Kundenvorteil aller im Mai beworbenen Hersteller-Aktionen. Der hohe Kundenvorteil entsteht durch 2.350,- Euro einkalkulierten Preisnachlass und das vergünstigte Paket aus Wartung und Anschlußgarantie. Es ist äußerst überraschend, dass der Autobauer selbst seine Listenpreise durch so hohe Rabatte als reine Mondpreise abstempelt. Das Flatrate-Angebot für das Modell Ford B-Max kommt auf knapp 26% Kundenvorteil und belegt damit Rang vier der Tabelle. Die Flatrate-Finanzierung für den Ford Focus bietet 4.443,- Euro (25,6%) Ersparnis und landet damit auf Platz 9. Renault ist mit den „Flex Plus Finanzierungsangeboten“ in der Top 10 Tabelle vertreten. Die „Flex Plus Finanzierung“ hat eine Laufzeit von fünf Jahren und beinhaltet drei Jahre Anschlußgarantie. Renault berechnet 0% Zinsen beim Clio und 1,49% Zinsen beim Megane. Den höchsten prozentualen Kundenvorteil bietet die „Flex Plus Finanzierung“ beim Modell Clio. Das Angebot bietet 3.223,- Euro (26,9%) Gesamt-Kundenvorteil. Damit bietet Renault den zweithöchsten Kundenvorteil. Der Megane belegt mit 25,9% Kundenvorteil Platz vier. Die „Flex Plus Finanzierung“ für die Kombi- Version des Clio belegt mit 25,8% Gesamtkundenvorteil den fünften Platz der Top 10 Liste. Nissans Finanzierungsangebot für den Micra belegt den dritten Rang. Hierbei addieren sich 2.909,- Euro Rabatt und der Zinsvorteil aus 1,99% Jahreszins über eine Laufzeit von vier Jahren zu einem Gesamt-Kundenvorteil von 3.369,- Euro (26,1%). Weiterhin bietet Citroen das Modell C4 Aircross zu günstigen Konditionen im Leasing an. Das „Selection Leasing“ hat eine Laufzeit von vier Jahren und bietet bei 199,- Euro Monatsrate und 1.349,- Euro Sonderzahlung eine Ersparnis von 7.639,- Euro (25,9%). Mit diesem Angebot belegt Citroen zusammen mit Angeboten von Renault und Ford Rang vier. Bei Toyota können die „Friends – Sondermodelle“ zurzeit mit 0% Zinsen über vier Jahre finanziert werden. Das entsprechende Angebot für das Modell Yaris befindet sich auf Rang acht unserer Tabelle und bietet 4.721,- Euro (25,7%) Einspareffekt für die Kunden. Auf Rang zehn findet sich das einzige Angebot, dass nicht dem Bereich Finanzierung und Leasing zuzuordnen ist: Der Fiat Punto „My Style“ wird mit 3.000,- Euro Rabatt zum Aktionspreis von 8.990,- Euro angeboten. Das entspricht einem Preisnachlass in Höhe von 25%.
Neue Hersteller-Aktionen
Im Juni hat Audi zwei neue Sondermodelle für den Kleinwagen A1 ins Angebot genommen. Der A1 „Admired“ bietet das Sline Exterieur Paket, 17 Zoll Leichtmetallfelgen und Metallic- Lackierung. Der A1 „Admired Plus“ tritt mit 18 anstatt 17 Zoll Felgen und einem Dachflügel noch sportlicher auf. Skoda bietet mit dem Fabia „Cool“ ein neues Sondermodell an. Wie der Name vermuten lässt, ist eine Klimaanlage serienmäßig an Bord. Zusätzlich zählen das Musiksystem Swing und ein Surround Soundsystem zum serienmäßigen Ausstattungsumfang. In Verbindung mit dem optionalen Ausstattungspaket „Enjoy“, welches die Ausstattung um Parksensoren hinten und 16 Zoll Leichtmetallräder erweitert, bietet das Sondermodell laut Hersteller einen Preisvorteil von 1.340,- Euro (9,3%).
Eigenzulassungen
Die Quote der Zulassungen von Autoherstellern und –Händlern ist mit 28,6% fast unverändert zum Vormonat. Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten ist der Wert jedoch hoch. Im letzten Jahr ging der Anteil auf 26,2% zurück, in 2013 betrug die Quote 26,5%. Alle deutschen Hersteller mit Ausnahme von VW und Opel liegen unterhalb des Gesamtdurchschnitts. Den geringsten Eigenzulassungsanteil hatte BMW mit 21,6%. Opel legte wieder leicht zu und kam auf 37,2%. Bei den Importeuren glänzte Dacia mit nur 5% Anteil Hersteller- und Händlerzulassungen. Smart und Suzuki blieben mit 15,4% bzw. 16,7% deutlich unterhalb des Durchschnittswerts von 28,6%. Die Schlusslichter bilden Renault mit 38,4%, Honda mit 41,2% und JEEP mit 42,9%.
Fazit
Der deutsche Automarkt befindet sich in einer sehr risikoreichen Umstrukturierung. Die klassischen deutschen Großserienhersteller schaffen es selbst bei guter Konjunktur auch bei neuen Modellen nicht, den Rabattwettbewerb einzugrenzen. Damit muss mit weiteren Margen-Verschlechterungen bei wichtigen Autobauern gerechnet werden. Aufgrund der aggressiven Angebote im Juni muss auch in den Folgemonaten mit sehr hohen Rabatten gerechnet werden. Für Autokäufer ist der deutsche Automarkt zum reinen Schnäppchen-Markt geworden. Die alte Regel, dass man mit einem VW Golf oder VW Passat Wertstabilität kauft gilt immer weniger.