Es gibt Fragen, die einen nachts nicht schlafen lassen. Ob man heutzutage eigentlich noch Influencer*in werden kann, gehört nicht dazu – zumindest in meinem Fall. Doch es gibt tausende Menschen, die genau das umtreibt. Deshalb will ich diese beantworten – ist ja schließlich auch der Sinn dieser Kolumne.
Kann man also eigentlich noch Influencer*in werden? Es ist ja so: Früher war alles klar. Wer berühmt sein wollte, musste entweder reich sein, gut aussehen, irgendein Instrument halbwegs erträglich spielen können – oder von Beruf Skandalnudel sein. Heute jedoch belegen Abermillionen von Influencer*innen oder Content Creator*innen mit ihren Inhalten die Datenspeicher dieser Welt, stets in der Hoffnung, ihre vom Schicksal so sorgfältig übersehene Einzigartigkeit nun doch im digitalen Äther zu monetarisieren.
Influencer*in zu werden, das klingt verführerisch. „Arbeite von überall, teile dein Leben, verdiene Millionen!“ Der Traum vom leichten Geld. Nicht umsonst gab im vergangenen Jahr die Hälfte aller Abiturienten an, Influencer*in werden zu wollen.
Der Preis ist hoch für Influencer*innen
Das Problem ist: Es gibt ihrer zu viele. Das stellt die Mitteilungsbedürftigen vor ein Dilemma. Denn irgendwie muss man ja auffallen. Wie also? Einfach nur hübsch sein? Das reicht nicht mehr. Denn wer wirklich erfolgreich sein will, muss sein eigenes Produkt werden. Plötzlich wird alles zur Ware, vom Frühstück bis zur Skin-Care-Routine am Abend. Wie frei sind die eigenen Gedanken noch, wenn das eigene Leben zum Business-Modell wird? Ich käme da ins Grübeln: Will ich mein Leben in 15-sekündige Reels pressen?
Viele Content Creator*innen, vor allem YouTuber, haben in den letzten Jahren trotz gut laufender Karriere vor der Kamera ihren Dienst quittiert. Von Stress, Burn-out oder Ego-Problemen war da die Rede.
Also: Kann man heutzutage eigentlich noch Influencer*in werden? Die Antwort ist ein „Ja, aber…“. Denn der Preis ist hoch. Es mag sein, dass die digitale Welt einem erlaubt, von überall zu arbeiten – doch man gibt die Freiheit ab, einfach mal offline zu sein. Dann wird das Smartphone zur Geißel und der Alltag zum nie endenden Jahrmarkt.
Vielleicht sollte man sich die Karriere als Influencer*in doch lieber zweimal überlegen. Das lässt einen im Zweifelsfall auch besser schlafen.