Bereits vor acht Jahren verlor sie gegen Barack Obama im Vorwahlkampf, der ebenfalls nicht nur das bessere Marketing hatte, sondern auch besser die Gefühlslage, die Stimmung der Amerikaner erkannte. Beide, Barack Obama und Donald Trump, setzten dabei auf drei Punkte:
Punkt 1: Eine einfache Botschaft
Als Donald Trump in den Wahlkampf oder besser in die Vorwahlen einstieg, polarisierte er sofort mit seiner Anti-Mexikaner-Position. Seine Kernbotschaft als Präsidentschaftskandidat lautete dann bis zur letzten Minute in diesem Wahlkampf „Make America great again“. Damit sprach und spricht er emotional vielen Amerikanern und Amerikanerinnen aus der Seele, vor allem aber der weißen Mittel- und Unterschicht. Nichts anderes machte Barack Obama acht Jahre zuvor, indem er seinen gesamten Wahlkampf auf „Change“ und damit auf den Slogan „Change we can believe in“ fokussierte. Und die Masse antwortete ihm mit „Yes, we can“.
Hier unterschätzte Hillary Clinton zum zweiten Mal in Folge, dass sich die Amerikaner nach „Change“ sehnten. Vor acht Jahren wollten sie eine Abkehr von der Bush-Politik. Diesmal wollten viele eine Abkehr von der Obama-Politik, die Hillary Clinton als Außenministerin mitgestaltet hatte. So sah sich selbst Barack Obama bei der offiziellen Nominierung von Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gezwungen, auf den Slogan von Donald Trump einzugehen, um klarzustellen, dass Amerika heute bereits groß und stark sei.
Keine gute Strategie aus Marketingsicht, denn damit macht man den Gegner wichtiger. Aber es zeigte und zeigt auch das große Dilemma von Hillary Clinton. Sie selbst hatte keine starke Botschaft. Ihr Slogan „Stronger together“ hatte und hat bei weitem nicht die emotionale Kraft und das Diskussionspotenzial von „Make America great again“. Das war viel zu brav, um damit gezielt die Massen emotional zu bewegen. Zudem suggerierte der Slogan von Donald Trump, dass die Ära von Obama mit Hillary Clinton als Außenministerin Amerika schwach gemacht hat.
Punkt 2: Analoge und digitale Mundpropaganda
Ohne eigene polarisierende Botschaft kann man heute keine klare Positionierung erreichen. Mehr noch: Man verschenkt vor allem die multiplizierende Kraft der sozialen Medien. So ist Barack Obama für viele heute noch ein Vorbild, wie man die digitalen Medien in einen Wahlkampf integriert.
Auch hier war Trump klar im Vorteil gegenüber Clinton. Seine Botschaften waren bei weitem besser für eine analoge oder auch digitale Stammtischdiskussion geeignet. Er sprach die „Sprache des Volkes“ und nicht die „Sprache der Politiker“. Zudem waren viele Botschaften von Hillary Clinton viel zu abgehoben und sophisticated. Der einzig herausragende Punkt für Hillary Clinton in Bezug auf analoge und digitale Mundpropaganda war die Ansprache von Michelle Obama zu Trumps „Frauenthema“. Nur diese Ansprache war vom Timing her zu früh. (Hier unterschätzte man aus Sicht der Demokraten wahrscheinlich die mediale Schnelllebigkeit unserer Zeit.)
Daneben stellten Donald Trump und Bernie Sanders noch einen neuen Rekord im Vorwahlkampf auf, der wahrscheinlich speziell in den USA, aber unter Umständen auch in Europa zukünftige Wahlen beeinflussen könnte. So verkauften laut Reuters Donald Trump und Bernie Sanders alleine im Vorwahlkampf Wahlsouvenirs, egal ob Kappen, T-Shirts, Schals oder Kaffeetassen im Wert von über 20 Millionen US-Dollar. Damit besserte beide nicht nur Wahlbudget auf, sie hatten vor allem auch lebendige Werbeträger, die sich aktiv „outeten“.
Punkt 3: Den Faden nicht verlieren
Ganz egal, welche Themen die Republikaner im Vorwahlkampf bzw. die Demokraten im Hauptwahlkampf auch aufgriffen, Donald Trump blieb – genauso wie Barack Obama acht Jahre vorher – seinem eigenen Thema treu. Das ist speziell in der Politiklandschaft alles andere als einfach, weil man vor allem in Interviews und Diskussionsrunden zu vielen verschiedenen Themen Stellung nehmen muss.
Auch hier machte Hillary Clinton denselben Marketingfehler wie acht Jahre vorher. Damals schaffte sie es ebenfalls nicht, eine starke eigene Botschaft und Positionierung zu finden und zu etablieren. Vielmehr verzettelte sie sich mit viel zu vielen verschiedenen Botschaften, wie „Big challenges, real solutions: Time to pick a President.“, „Renew the promise of American.“, „In to win.“, „Working for change, working for you.“, „Countdown to change.“, „Ready for change, ready to lead.“ und zum krönenden Abschluss „Solutions for America.“ Diesmal waren es zwar weniger Slogans, aber immer noch zwei zu viel, nämlich zuerst „Hillary for America“, dann „Fighting for you“ bis zum „Stronger together“.
Denselben Fehler machten auch die Brexit-Gegner. Auch diese schafften es nicht, ihre Argumente für den Verbleib in der EU auf eine positive, mitreißende Idee zu fokussieren. Vielmehr warnten sie vor den negativen Folgen des Austritts. Nur das war zu schwach (und auch zu verwirrend) gegen eine einfache positiv formulierte Botschaft, die den Briten versprach, dass sie alles wieder selbst im Griff haben werden. Auch hier hatten die Brexit-Befürworter einen einfachen Slogan (Take Back Control), der die Stimmung in der Bevölkerung, aber vor allem der älteren Briten perfekt traf.
Stimmung und Fokussierung
Damit sind wir bei zwei wesentlichen Punkten: (1) Es geht vor allem darum, die Stimmung in der Bevölkerung zu erkennen. Das ist die eine Seite. (2) Es geht dann darum, diese Stimmung in einem Wort, in einem Slogan oder Schlachtruf auf den Punkt zu bringen. Dies gelang Barack Obama perfekt mit dem Wort „Change“, den Brexit-Befürwortern mit „Control“ und Donald Trump mit „Great“. An sich sind das drei einfache Wörter direkt aus dem Wörterbuch. Nur wenn diese perfekt auf eine vorhandene Stimmung treffen, können diese zu extrem effektiven „Marketingwaffen“ werden. Vielleicht sollte man dieses Wahlergebnis als Anlass nehmen, um die eigene Markenpositionierung einmal auf den Prüfstand zu stellen, ganz im Sinne von „Make your brand great again!“