Esports-Sponsoring: „Partner brauchen mindestens ein Jahr“

Moritz Altmann (Executive Director Esports) und Thomas Ottl (Senior Director Esports) begleiten das Esports-Business für den Sportrechtevermarkter Sportfive seit einigen Jahren. Im Interview beschreiben die beiden, worauf Marken bei potenziellen Partnerschaften achten sollten.
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"League of Legends"-Profi von SK Gaming in der LEC: "Die Esports-Zielgruppe ist allgemein sehr offen für Partner und Sponsoren. Sie ist zudem sehr reaktiv, direkt und gibt ehrliches Feedback." (© Riot Games)

Ist Esports in den vergangenen Monaten in Vermarktungsfragen noch stärker in den Fokus der Sponsoren gerückt?

THOMAS OTTL: Ein klares Jein. In dem Moment, als alles brachlag, waren einerseits viele Marken nicht mehr so sehr in ihrem Alltag gefangen und hatten folglich Zeit, sich auch mit Esports zu beschäftigen. Das wird Esports perspektivisch auch weiteren Auftrieb verleihen. Andererseits ist es eher unrealistisch, dass Marken jetzt kurzfristig reihenweise Budgets in Esports investieren. Das ist in der aktuellen Krisenphase schlichtweg auch eine Budgetfrage, aber es gibt natürlich auch entsprechende Gegenbeispiele, wie jüngst zum Beispiel Kit Kat als Partner der „League of Legends European Championship“ (die höchste europäische „League of Legends“-Liga, Anm. d. Red.) gezeigt hat.

MORITZ ALTMANN: Wir haben die vergangenen Monate unter anderem dafür genutzt, um den Marken durch Webinare und andere Formate zum Thema Esports tiefere Einblicke zu ermöglichen und dabei einen starken Zulauf erfahren. Die Bereitschaft und das Interesse, intensiver über Esports und Gaming zu sprechen, hat zuletzt definitiv weiter stark zugenommen. Der Wissensstand in der Industrie verbessert sich dadurch merklich, auch wenn Esports für Marketing-Entscheider manchmal noch etwas Neues ist, sehen wir immer mehr das Interesse und die Bereitschaft, sich mit der Thematik konstruktiv auseinanderzusetzen. Auch im Bereich der Rechtehalter sehen wir in der Breite eine stetige Professionalisierung der Partnerschaftsmöglichkeiten, was wiederum das nachhaltige Vertrauen in den Esports stärkt.

Fakt ist, dass manche Branchen nicht nur mehr als andere, sondern auch signifikante, bis zu siebenstellige Beträge in Esports-Partnerschaften investieren.

ALTMANN: Der Wissensstand ist je nach Industriebranche sehr unterschiedlich, das hängt auch von der Aktivität und dem daraus resultierenden Konkurrenzszenario innerhalb der Kategorie ab. Die Automobilbranche hat sich vergleichsweise schon recht umfassend mit Esports beschäftigt. Globale Marken wie BMW, Kia und Mercedes-Benz treten schon großflächig als Partner auf und entwickeln gemeinsam mit spezialisierten Agenturen und den Rechtehalten kreative Ansätze um ihre Markenwerte an diese besondere Zielgruppe zu transportieren und einen Mehrwert für die Community zu schaffen.

OTTL: Bei der Brauereibranche beispielsweise sieht es dagegen etwas anders aus. Die Esports-Zielgruppe ist ja viel jünger als die von traditionellen Sportarten wie Golf, Tennis oder Motorsport. Für Biermarken ist es demnach nicht so leicht, altersgerecht zu kommunizieren. Erschwerend kommt hinzu, dass Esports-Partnerschaften schnell länderübergreifend und international sein können und in den verschiedenen Auslandsmärkten andere gesetzliche Regularien für Alkoholwerbung gelten. Darüber hinaus gibt es auch Blacklists vonseiten der Spielhersteller, die Alkoholwerbung untersagen. Es gehört insgesamt schon ein verantwortungsbewusster Umgang dazu, wenn diese Kategorie fürs Sponsoring geöffnet wird.

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Highlight-Videoformat „Kia #LEC Mic Check“ in der „League of Legends European Championship“

Welche Branchen werden im Esports-Sponsoring künftig verstärkt in den Vordergrund rücken?

ALTMANN: Die Branchen Food und Snacks werden in der Zukunft noch sehr viel mehr in Esports-Umfeldern zu sehen sein. Partner wie Dr. Oetker in der „Prime League“ (die höchste „League of Legends“-Liga im deutschsprachigen Raum, Anm. d. Red.) oder Pringles und Kit Kat in der „League of Legends European Championship“ sind da nur der Anfang. Auch bei Banken, Krankenkassen und Versicherungen verspüren wir mittlerweile großes Interesse. Hier gibt es bereits erste Sponsoring-Aktivitäten deutscher Finanzunternehmen wie die DKB in der „Prime League“ oder der Arag Versicherung bei dem bekannten deutschen Esports-Team SK Gaming. Allgemein sind Payment-Services für jüngere Generationen ein großes Thema. Dementsprechend werden wir in den kommenden Jahren auch zunehmend Partner aus diesem Bereich im Esports-Sponsoring sehen, aber im Endeffekt ist Esports als Plattform durchaus für jedes Unternehmen interessant, das in Interaktion mit der jungen und digitalen Generation treten will.

OTTL: Die Esports-Zielgruppe ist allgemein sehr offen für Partner und Sponsoren. Sie ist zudem sehr reaktiv, direkt und gibt ehrliches Feedback …

… was Fluch und Segen zugleich ist …

OTTL: Definitiv. Kampagnen sollten im Vorfeld gut durchdacht sein. Marken sollten zudem kommunikativ tagesaktuell reagieren und zur Not spontan nachjustieren können. Marken sollten in Esports-Partnerschaften also weder zu blauäugig noch mit „Copy and Paste“-Strategien reingehen.

Was ist der besondere Reiz von Esports-Partnerschaften?

ALTMANN: Die Esports-Landschaft bietet Marken aufgrund ihrer offenen Struktur sehr viel Flexibilität, um auch kurzfristig eine hohe Reichweite zu erzeugen und die Community mit zugeschnittenen Botschaften abzuholen. Die meisten Spieler, Caster und sonstige Protagonisten der Esports-Szene sind in der Community häufig extrem bekannt und interagieren zusätzlich, zu den Event und Teamplattformen, sehr intensiv auf unterschiedlichsten Kanälen, mit großem Zuspruch. Partner bekommen somit zusätzlich sehr authentisch das Thema Influencer Marketing geboten. Das ist eine große Besonderheit, die Esports gegenüber vielen traditionellen Sportarten bietet. Aber das vielleicht markanteste Merkmal und damit ein starker Anreiz liegt vermutlich in der Esports-Community selbst, die in ihrer DNA von Natur aus digital und global ist.

Was wird maßgeblich für das Esports-Sponsoring der Zukunft sein?

OTTL: Es wird entscheidend sein, dass Esports-Akteure wie Teams, Publisher oder Event- und Liga-Veranstalter sich in der Vermarktung ihre Flexibilität und auch Kreativität beibehalten. Denn das ist ihre große Stärke. Aber klar ist auch, dass langfristige Partnerschaften einen viel höheren Impact in der Zielgruppe haben. Partner brauchen nach unserer Erfahrung mindestens ein Jahr, um so richtig in der Esports-Community anzukommen und darauf dann aufbauen zu können. Im ersten Schritt gilt es, einen glaubhaften, aber vor allem wertstiftenden Eintritt zu finden.

Sportfive-Experten Altmann (l.) und Ottl: „Es ist wirklich entscheidend, welche Message eine Marke platzieren will, wie sie sie kommuniziert und mit der Zielgruppe interagiert.“

ALTMANN: Es kann demnach zwar sinnvoll sein, mit Kampagnen kurzfristige Peaks abzugreifen oder mit Test-Kampagnen die Wassertemperatur zu erfühlen, aber danach ist ein größer ausgelegtes Partnerschaftskonstrukt durchaus sinnvoll – mit Ansätzen, die sich langfristig ausrollen lassen. Für Marken ist es wichtig zu verstehen, dass es für eine erfolgreiche Kampagnenumsetzung im Esports oftmals nicht reicht, einfach nur mit einer singulären Logo-Integration zu arbeiten, sondern in der Kommunikation auch seine eigene Geschichte erzählt werden sollte und das direkte Feedback der Fans und Gamer aufgenommen werden muss. Es ist wirklich entscheidend, welche Message eine Marke platzieren will, wie sie sie kommuniziert und mit der Zielgruppe interagiert. Dieser Aufgabe müssen sich werbende Unternehmen stetig stellen, den Erfolg messen, sich dabei permanent hinterfragen und gegebenenfalls nachbessern – dabei ist aber aus meiner Sicht eben genau die erwähnte direkte Reaktion der Community als große Hilfe zu verstehen.

Worauf kommt es den Rechtehaltern in der Esports-Szene dabei am meisten an?

ALTMANN: Esports-Rechtehalter wie beispielsweise Riot Games sind sehr darauf bedacht, Partnerschaften mit Mehrwerten zu schließen, die die gesamte Community und das jeweilige Ecosystem weiterbringen und damit einen wichtigen Beitrag zur User Experience leisten können. Und das ist eben auch genau das spannende am Esports, dass wir gerade alle gemeinsam etwas erschaffen und dabei jeder seine Stärken einbringen kann, was den Marken natürlich auch eine große Vielfalt ermöglicht.

Serie zum Thema Esports

Dieser Artikel ist Teil einer aktuellen Serie auf absatzwirtschaft.de zum Thema Esports. Bisher sind zudem folgende Beiträge erschienen:

Einen ausführlichen Artikel über die Folgen der Coronavirus-Pandemie auf die Esports-Vermarktung lesen Sie in der aktuellen Print-Ausgabe der absatzwirtschaft, die Sie hier bestellen können: https://www.fachmedien.de/absatzwirtschaft

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(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.