Herr Schnizer, zu Festen wie Weihnachten bringen Marken Sondereditionen auf den Markt. Warum das?
STEFFEN SCHNIZER: Wir erkennen den Trend, dass Produktlinienergänzungen oder Sondereditionen zunehmen. Marken werden durch solche Ergänzungen unterstützt und erweitert. Gleichzeitig profitieren derartige „Flanker“ von der Strahlkraft der eigentlichen Marke.
Interessiert sich der Kunde dafür?
Saisonale Gestaltungsänderungen bei den Verpackungen wie zuletzt an Weihnachten werden durchaus vom Kunden wahrgenommen und bieten einen zusätzlichen Kaufanreiz.
Was müssen Marken bei der Gestaltung von derartigen Verpackungen beachten?
Ganz wichtig ist, dass der Kunde das Produkt als Ergänzung zur eigentlichen Marke im Handel entdeckt und wiedererkennt – trotz saisonaler Veränderung. Die Verpackung dient dazu, das vertraute Produkt im Handel sehr schnell wiederfinden. Das gilt auch für Produktserien oder aber Limited Editions. Der Kunde muss diese Ergänzungen als zugehörig zu einer Produktlinie erkennen, der er vertraut.
Die Verpackung ist also auch Markenbotschafterin?
Verpackung und Produkt müssen eine Einheit bilden. Die Verpackung dient neben den ursprünglichen Eigenschaften wie Information, Schutz und Transportmöglichkeit, auch dazu das Produkt zu verkaufen. Süßwaren oder Kosmetik zum Beispiel haben oft auch immer Geschenkcharakter – die Verpackung muss das widerspiegeln. Zudem muss sie an das Produkt hinführen und Vorfreude schaffen. Das erfordert eine entsprechende Gestaltung, aber beinhaltet auch Anforderungen an die Qualität der Verpackung. Denn die Verpackung ist immer auch ein Versprechen auf den Inhalt, also das Produkt.
Gilt das nur für Süßwaren oder Kosmetik?
Das gilt selbstverständlich auch für andere Bereiche wie Lebensmittel : Auch hier soll Vorfreude auf ein Genusserlebnis gemacht werden. Die Verpackung hilft hier beim Wiedererkennen durch den Kunden, schafft eben die Vorfreude auf den Genuss oder macht neugierig.
Die Verpackung schafft Markenbindung?
Absolut. Wir haben zum einen in der Studie, aber auch im Gespräch mit unseren Kunden erfahren, dass für Konsumenten die Verpackung extrem wichtig ist. Selbst wenn der ein oder andere sie schon im Handel entsorgt, steht für einen Großteil der Kunden die Verpackung als Qualitätsversprechen und wird mit nach Hause genommen. Und manchmal wird eine gute Verpackung länger aufbewahrt als das Produkt selber.
Wie das?
Es muss ja nicht immer die Faltschachtel aus Karton sein. Gerade wertige Produktverpackungen bleiben dem Verbraucher mitunter länger erhalten. Die Verpackung wird aufgehoben und zweitverwendet. Dann ist die Marke auch über die eigentliche Gebrauchszeit hinweg präsent.
Ist die Verpackung also ein Statussymbol?
Ja, nehmen wir zum Beispiel Kaffee. Der wird nicht mehr nur in der 250g- oder 500g- Packung gekauft, sondern oft in Einzelportionen. Dort ist die Verpackung ein wichtiges Designelement und wird zum Statussymbol, das in der Küche aufgestellt wird. In vielen Produktbereichen ist inzwischen erkannt worden, dass man die Verpackung auch nutzt, um dem Konsumenten das Gefühl zu geben, dass er sich ein besonderes Produkt geleistet hat. Ich kenne Beispiele aus der Kosmetikbranche, wo Konsumenten schon aufgrund der einzigartigen Verpackung die Kaufentscheidung treffen.
Ist die Verpackung also auch ein Werbemittel?
Die Verpackung wird vom Konsumenten im Handel, aber besonders auch zuhause bewusst oder unbewusst mehrfach in die Hand genommen. Er nutzt sie über längere Zeit, dadurch wird Markenbindung geschaffen. Das unterscheidet die Verpackung von Werbemitteln wie Print- oder Fernsehwerbung, die vor allem Reichweite generieren.
Also lieber keine Werbung mehr schalten?
Nein, Markenartikler sollten auch weiterhin auf diese Kanäle setzen. Allerdings ist eine wichtige Botschaft, dass die Verpackung einen Werbewert generiert, den es nicht zu unterschätzen gilt.
Wird dieser Aspekt von Markenverantwortlichen unterschätzt?
Häufig ja. Wichtig ist, die Verpackung nicht nur mit den bekannten Eigenschaften zu begreifen, sondern sich darüber Gedanken zu machen, dass sie ein wichtiges Medium zur Markenbindung darstellt, das genutzt werden sollte.
Steffen Schnizer ist Geschäftsführer der Multi Packaging Solutions GmbH und Vorstandssprecher des Fachverbands Faltschachtel-Industrie e.V. Der Verband hat zusammen mit Pro Carton die Touchpoint-Studie 2015 „Der Beitrag der Verpackung zum Marketingerfolg“ veröffentlicht.