Interne Leistungsträger binden und kompetente Führungskräfte gewinnen

Talent Management gehört zu den großen unternehmerischen Herausforderungen. In einer Untersuchung von Personnel Decisions International (PDI), für die 90 Führungskräfte aus aller Welt befragt wurden, bezeichneten die Manager das Talent Management als ihre zweitwichtigste Aufgabe – nach dem Streben nach einem hohen Wachstum. Auf der Grundlage der Studie „Globale Herausforderungen für Personalentwicklung und Training“, die AchieveGlobal 2008 in Kooperation mit Bersin & Associates erstellt hat, erläutert der Autor, wie sich die Herausforderung „Talent Management“ bewältigen lässt.

Von Klaus Steven, Achieve Global

Robert Althaus* muss umdenken: Es ist noch gar nicht so lange her, dass es dem Personalchef eines mittelständischen Logistikunternehmens recht leicht fiel, bei einer neu zu besetzenden Stelle aus einer Vielzahl von Kandidaten den richtigen herauszusuchen. Dies galt selbst bei den Schlüsselpositionen, also bei denjenigen Mitarbeitern und Führungskräften, die für die Umsetzung der Unternehmensstrategie und Unternehmensziele von besonderer Bedeutung sind.
Ein Talent Management gab es dabei schon immer: Maßnahmen, die helfen, für hervorgehobene Positionen hoch qualifizierte Topmitarbeiter zu finden und langfristig an das Logistikunternehmen zu binden. Der Stellenwert des Talent Management war dabei allerdings nie allzu groß.

Gestiegene Bedeutung
Doch dann hat es Entwicklungen gegeben, die eine Neubewertung des Talent Management notwendig machten – dazu zählen:
• Der demografische Wandel, nicht nur in Deutschland vor allem am Fachkräftemangel ablesbar, hat den Wettbewerb um qualifizierte und talentierte Mitarbeiter verschärft.
• Die Schere zwischen schlecht qualifizierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern und Führungskräften wird größer: Die Unternehmen haben bei den Menschen, deren Leistungen weniger zum Unternehmenserfolg beitragen, immer noch die große Auswahl. Bei der kleineren, aber wichtigen Gruppe der High Potentials hingegen ist geradezu ein „War for Talent“ ausgebrochen.
• Gerade bei den Leistungsträgern lässt die Loyalität zum Unternehmen nach. Sie nehmen die jahrelang geforderte Flexibilität am Arbeitsmarkt ernst und sind wechselwilliger als ihre Vorgänger.
• Dabei spielen nicht immer nur materielle Gründe eine Rolle. Junge Mitarbeiter und Führungskräfte achten darauf, dass die Unternehmenskultur und die Unternehmensphilosophie zu ihren eigenen Werten und Überzeugungen passen. Sie sind in der aus ihrer Sicht glücklichen Lage, sich „ihren“ Arbeitgeber aussuchen zu können.
• Talent Management gewinnt an gesellschaftlicher Relevanz: Eliteförderung und Leistungsdenken waren lange Zeit allein schon als Begriffe verpönt – in jüngster Zeit hat sich das geändert. Das Talent Management, das auf eine überschaubare kleine Gruppen von Mitarbeitern und Führungskräften abzielt, hat es aufgrund dieser neuen und toleranten Sicht auf die Förderung einer leistungsstarken Gruppe leichter, Akzeptanz zu finden.

Und darum gilt: Effektives Talent Management betreibt Personalentwicklung nicht als Selbstzweck und um einzelne Mitarbeiter und Führungskräfte zu beglücken – Ziel ist es, diejenigen Talente zu fördern, die entscheidend zum Unternehmenserfolg beitragen.

Personalentwicklung strategisch denken
Robert Althaus hat die Entwicklungen zwar beobachtet, aber zuweilen nicht ernst genug genommen und keine Konsequenzen daraus gezogen. Den Personalabteilungen vieler anderer Unternehmen hingegen ist dies gelungen: Sie haben das veraltete Gedankengut über Bord geworfen, Personalentwicklung immer nur als Erfüllungsgehilfin zu sehen, um das operative Tagesgeschäft zu erledigen.
„Zur Bewältigung des nächsten Geschäftsjahres brauchen wir die und die Leute – also gehen wir mal auf die Suche“ – diese Vorgehensweise ist durch eine strategisch ausgerichtete ergänzt worden. Die Unternehmen definieren Personalsuche und Personalentwicklung als strategische Aufgaben, sie arbeiten mit Instrumenten, mit denen sie analysieren, was im Personalbereich nicht nur morgen, sondern auch übermorgen gebraucht wird.
Auf dieser Basis kann ein Personalmanagement aufgebaut werden, dass die langfristige Entwicklung des Unternehmens in den Vordergrund rückt. Unternehmens- und Personalentwicklung sind so konsequent aufeinander abgestimmt.

Zielgruppen identifizieren und individuell fördern
Robert Althaus lernt um – dabei darf er aber nicht dem Fehler des Entweder-Oder anheim fallen und sich nur noch darauf beschränken, die High Potentials mit besonderen Angeboten zu verwöhnen. Weitaus klüger ist es, die Maßnahmen der Personalentwicklung und -auswahl zu differenzieren – ein Beispiel aus der Personalentwicklung verdeutlicht dies: Manche Unternehmen identifizieren zunächst einmal verschiedene Zielgruppen und legen spezifische Angebote fest, um ihre speziellen Begabungen und Talente zu fördern:
• Die Leistungsträger erhalten Coachingangebote, für sie werden Mentorenprogramme aufgelegt, die es ihnen ermöglichen, einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten.
• Bei den eher durchschnittlichen Middle Performern werden gezielt Stärken ausgebaut und Schwachpunkte angegangen. Dabei hilft ein Benchmarkingkonzept – die Middle Performer lernen von den Top Performern.
• Bei den Low Performern, die im Unternehmen gehalten werden sollen, wird das Grundlagenwissen sukzessive aufgebaut – in Seminaren und Trainings.

Dies ist ein Beispiel von vielen – entscheidend ist, dass nun auch das Logistikunternehmen von Robert Althaus das Personalmanagement so differenziert und individuell wie möglich aufzieht und nicht alle Mitarbeiter „über einen Kamm schert“.

Praktische Aspekte des Talent Management
Trotzdem: Der Förderung der Topleute müssen die Personalabteilungen überproportional viel Aufwand und Zeit widmen, weil sie wichtig fürs Unternehmen und am Arbeitsmarkt heiß begehrt sind – und damit oft schwer zu gewinnen.
Dabei umfasst Talent Management immer zwei Aspekte:
• Maßnahmen, um die internen Leistungsträger zu identifizieren, systematisch zu fördern und ans Unternehmen zu binden, und
• wettbewerbsorientierte Maßnahmen, um von außen Topmitarbeiter davon zu überzeugen, ihre Leistungskraft für das Unternehmen zu aktivieren.

Das Instrumentarium des Talent Management ist entsprechend umfassend und reicht von der Nachfolgeplanung und dem Coaching über Leadershipprogramme und Performance Management bis hin zu Mentoring und Weiterbildungsmaßnahmen. Retentionprogramme dienen der Mitarbeiterbindung. Robert Althaus erfährt: Es gibt einige Maßnahmen, die sich als besonders innovativ und damit erfolgreich erwiesen haben.

Individuelle Karrierepläne entwickeln
Gerade den High Potentials sollte konsequent veranschaulicht werden, welche Perspektive sich für sie im Unternehmen eröffnet. Talentierte Mitarbeiter und Führungskräfte wollen wissen, welche individuellen Weiterbildungsmöglichkeiten es für sie gibt, welche Aufstiegsperspektiven sich für sie auftun. Spezifische Karriereentwicklungsprogramme unterstützen die Menschen dabei, sich vertikal durch Beförderungen und horizontal durch das Sammeln von Erfahrungen in verschiedenen Unternehmensbereichen, in denen sie hospitieren, zu entfalten.
Weiterbildungen wie Seminare, Trainings und Coachings werden ihnen nicht nach dem Gießkannen-Prinzip vorgesetzt, sondern auf sie – die High Potentials – abgestimmt. Dazu muss ein Unternehmen mit Weiterbildnern zusammenarbeiten, die Standardweiterbildungen gar nicht erst anbieten, sondern sich von Einstellung und praktischen Know-how her vor allem als Dienstleister der High Potentials verstehen. Die maßgeschneiderten Entwicklungspläne umfassen zudem Jobrotationsmaßnahmen und Hospitationen, etwa in Partnerfirmen.

Beschleunigungspool für die Topleute
In den so genannten Beschleunigungspool werden diejenigen Führungskräfte und Mitarbeiter aufgenommen, die die Personalabteilung gezielt darauf vorbereiten will, einmal größere Verantwortung zu übernehmen. Diese Personen erfahren also eine bevorzugte Förderung.
Die Vorbereitung muss nicht unbedingt positionsspezifisch ausgerichtet sein – diese Menschen sind so talentiert, dass ihnen eine möglichst ganzheitliche Förderung zugute kommt, die es ihnen gestattet, auf den verschiedenen Managementebenen Verantwortung zu übernehmen.
Es will gut überlegt sein, wer in diesen Pool aufgenommen wird. Und überhaupt: Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben festzustellen, für wen denn das Talent Management in Frage kommt. Eine goldene Regel gibt es nicht: Instrumentarien wie ein Talentpotential-Check oder eine Kompetenzanalyse bieten Unterstützung.
Wichtig ist überdies ein unternehmensinternes Talentscouting oder die Einrichtung einer Talent Task Force, die permanent prüft, ob nicht Mitarbeiter und Führungskräfte aus der „zweiten Reihe“ über Talente verfügen, die bisher brach lagen oder noch nicht erkannt worden sind. So lässt sich verhindern, dass gute Mitarbeiter vorzeitig das Unternehmen wechseln, weil sie nicht ausreichend genug gefördert wurden.

Attraktivität für Leistungsträger erhöhen und kommunizieren
„Fördere Talente und rede darüber“ – das ist das Motto der Maßnahmen, durch die exzellente Führungskräfte und Mitarbeiter von außen für das Unternehmen interessiert werden sollen. Das Unternehmen kommuniziert seine Aktivitäten zum Talent Management, um Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen, es arbeitet an seinem Image als Firma, in der die Begabungen und Talente der Führungskräfte und Mitarbeiter eine Herzensangelegenheit des Managements sind.
Eine Maßnahme besteht darin, das Talent Management in der Unternehmensphilosophie und in die unternehmerischen Leitsätze zu verankern, um dessen Stellenwert zu betonen. Überdies werden die High Potentials nicht allein durch wirtschaftliche Kennzahlen „angelockt“ – der Hinweis auf die werteorientierte Unternehmensführung ist geeignet, auf diejenigen Menschen eine Sogwirkung auszuüben, für die ethisch-moralische Ausrichtung ebenso bedeutsam ist wie das Vorhandensein eines Karriereentwicklungsplans.

Retention Management für die Leistungsträger
High Potentials bleiben gerne in einem Unternehmen, in dem Wert auf Führung, Coaching und Personalentwicklung gelegt wird, wo sie fit gemacht werden für eine individuelle berufliche Zukunft. Das heißt aber auch: Sie wechseln schnell das Unternehmen, wenn die alte Wirkungsstätte diese Bedingungen nicht aufweist. Die heiß begehrten und umworbenen Topmitarbeiter gehen dann auf Wanderschaft.
Robert Althaus erkennt: Umso effektiver ist es, für sie Programme aufzulegen, die sie langfristig binden. Individuelle Entwicklungs- und Karrierepläne, punktgenaue Weiterbildung, das offensiv-aktive Bemühen, sie halten zu wollen, die Berücksichtigung immaterieller Werte – all dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der eine oder andere Euro mehr oder weniger auf dem Gehaltszettel keine mehr so bedeutende Rolle spielt.
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* In der fiktiven Figur des Robert Althaus hat der Autor seine Erfahrungen zu dem Thema versammelt und zudem Ergebnisse der Studie „Globale Herausforderungen für Personalentwicklung und Training“ verdichtet. Die Studie hat AchieveGlobal 2008 in Kooperation mit Bersin & Associates erstellt.

Der Autor
Klaus Steven ist Senior Consultant und Managing Director der AchieveGlobal Deutschland GmbH. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Performance Improvement, Führungskräfteentwicklung und messbare Trainingsergebnisse. Er beantwortet die Frage, wie sich in einem Unternehmen dauerhafte Leistungsverbesserungen in Führung, Verkauf und Service erreichen lassen.
Kontakt: Tel.: 0211/55777-00, Mail: klaus.steven@achieveglobal.de, Internet: www.achieveglobal.de

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Klaus Steven (AchieveGlobal): „Strategien durch Menschen in Ergebnisse umsetzen“

Klaus Steven ist Senior Consultant und Managing Director der AchieveGlobal Deutschland GmbH. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Performance Improvement, Führungskräfteentwicklung und messbare Trainingsergebnisse. Er beantwortet die Frage, wie sich in einem Unternehmen dauerhafte Leistungsverbesserungen in Führung, Verkauf und Service erreichen lassen.

Der ausgebildete Trainer und Consultant beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit der Umsetzung nachhaltiger Geschäftsstrategien. „Menschen sind der Schlüssel zum Unternehmenserfolg“, so Klaus Steven, „die Qualität der Führung zeigt sich an der Umsetzung der Unternehmensziele und
-strategien.“ Wer seine Organisation und seine Mitarbeiter trainieren und entwickeln will, muss heute immer auch die Entwicklung der Führungskräfte betrachten.
Mitarbeiterentwicklung ist nur so gut, wie sie von Führungskräften begleitet und unterstützt wird. „Der Entwicklungsstand der Mitarbeiter resultiert aus der fachlichen und sozialen Kompetenz und dem Engagement, das sich aus Selbstvertrauen und Motivation ergibt.“
Seine Grundüberzeugung: Erst die konsequente Ergebnis- und Umsetzungsorientierung der Weiterbildungsmaßnahmen für die Menschen in Führung, Verkauf und Service führt zu nachhaltigen Verhaltensänderungen.

Das Unternehmen: weltweite Präsenz
AchieveGlobal ist in mehr als 40 Ländern in den Bereichen Performance Improvement und Training tätig. Das Unternehmen fördert den Erfolg seiner Kunden durch die Qualifizierung von Mitarbeitern und Führungskräften sowie die ergebnisorientierte Entwicklung der Organisation. Dabei steht die Umsetzung partnerschaftlich erarbeiteter Lösungen im Mittelpunkt der Trainings- und Beratungsleistungen. AchieveGlobal ist Prozessbegleiter bei der Mitarbeiter- und Unternehmensentwicklung.
Die Kunden sind mittelständische Unternehmen sowie nationale und internationale Konzerne. Dazu gehören ungefähr 400 Unternehmen der Fortune 500 sowie 400 der europäischen TOP 500.

Publikationen und Studien
Praxisorientierung ist nur auf einem gesicherten Fundament möglich. Darum führt AchieveGlobal in regelmäßigen Abständen forschungsbasierte Studien zu den Themen Führung und Verkauf durch. Gespräche mit Verkäufern, Mitarbeitern, Führungskräften sowie Seminarteilnehmern und Befragungen von Kunden bilden dabei die Grundlagen für die umfangreichen Case Studies, Research Reports und Studien.
Zu den bekanntesten Publikationen gehören:
• „Performance Improvement am Beispiel Vertrieb: Neue Wege zu mehr Leistung“ – diese Publikation hat großen Anteil daran, dass sich Performance Improvement auch im deutschsprachigen Raum mittlerweile als strategisches Trainingskonzept durchgesetzt hat
• „Spitzenleistungen im Verkauf: Was zeichnet Top-Verkäufer aus?“

Mit Hilfe der Studien und des Kundenfeedbacks hat AchieveGlobal für seine Performance Improvement-Produkte ein fünfphasiges Lernmodell entwickelt:
• Phase 1: sich zum Lernen verpflichten
• Phase 2: aktuelle Leistung einschätzen
• Phase 3: Wissen aneignen
• Phase 4: Kompetenzen trainieren und vertiefen
• Phase 5: neue Kompetenzen anwenden

Kontakt
AchieveGlobal
Klaus Steven, Managing Director
Roßstr. 96, 40476 Düsseldorf
Tel.: 0211/55777-00
Mail: klaus.steven@achieveglobal.de,
Internet: www.achieveglobal.de